Schatten der Liebe
nach ihrem Namen und verglich ihn mit einer Liste auf seinem Pult. »Ihr Name steht leider nicht auf der heutigen Liste, Miss Bancroft. Wenn Sie Mr. Farrell bitte von diesem Apparat aus anrufen würden? Ohne seine Genehmigung darf ich Sie nicht hinauflassen. Es tut mir leid, daß ich solche Umstände machen muß.«
Er war erst Anfang Zwanzig, wie sie erleichtert feststellte, und würde vermutlich eher auf ihre Vorstellung hereinfallen als ein älterer Sicherheitsbeamter. Meredith schenkte ihm ein Lächeln, das einen Stein erweicht hätte. »Das ist doch kein Grund, sich zu entschuldigen.« Sie warf einen kurzen Blick auf das Namensschild an der Brusttasche seiner Uniform. »Ich habe vollstes Verständnis dafür, Craig. Die Nummer steht in meinem Adreßbuch.«
Während er sie bewundernd anstarrte, wühlte Meredith in ihrer Hermes-Handtasche - augenscheinlich auf der Suche nach ihrem kleinen Adreßbuch. Sie warf ihm einen entschuldigenden Blick zu und durchsuchte ihre Tasche erneut, dann klopfte sie auf die Taschen ihres Mantels und sah schließlich noch in den großen Umschlag. »O nein!« rief sie erschrocken und blickte ihn hilfesuchend an. »Mein Adreßbuch. Ich habe es nicht bei mir. Craig, Mr. Farrell wartet auf diese Papiere.« Sie wedelte mit dem dicken Kuvert. »Sie müssen mich einfach zu ihm hinauflassen.«
»Ich verstehe«, murmelte Craig, während seine Augen über ihr wunderschönes, erschrockenes Gesicht wanderten, dann fing er sich wieder. »Aber ich darf leider nicht. Es ist gegen die Vorschriften.«
»Ich muß wirklich dringend zu ihm«, flehte sie, und dann tat sie aus Verzweiflung etwas, was sie unter normalen Umständen niemals getan hätte. Meredith Bancroft, die ihre Privatsphäre über alles schätzte und Leute verachtete, die mit ihren Namen angaben, blickte dem jungen Mann direkt ins Gesicht und sagte mit einem plötzlichen Lächeln: »Kenne ich Sie nicht irgendwoher? Ich weiß, daß ich Sie schon irgendwo gesehen habe. Ja, natürlich - im Kaufhaus!«
»Was - was für ein Kaufhaus?«
»Bancroft & Company! Ich bin Meredith Bancroft«, verkündete sie und wand sich innerlich vor Scham über den enthusiastischen Klang ihrer Stimme. Aufgeblasen. Widerlich wichtigtuerisch, dachte sie.
Craig schnalzte mit den Fingern. »Ich wußte es! Ich wußte, daß ich Sie kenne. Ich habe Ihr Bild in Zeitungen und in den Nachrichten gesehen. Ich bin ein großer Fan von Ihnen, Miss Bancroft.«
Ihre Lippen zuckten in Anbetracht der überschwenglichen, naiven Bewunderung, die er ihr entgegenbrachte, als sei sie ein berühmter Filmstar. »Nachdem wir nun festgestellt haben, daß ich kein kriminelles Element bin, könnten Sie doch dies eine Mal eine Ausnahme machen und mich rauflassen?«
»Oh - es würde Ihnen nichts nützen. Die Türen vom Fahrstuhl gehen nur auf, wenn man einen Schlüssel hat oder wenn jemand im Penthouse den Drücker betätigt.«
»Ich verstehe.« Meredith war plötzlich mutlos und frustriert, aber seine nächsten Worte ließen sie vor Schreck fast ohnmächtig werden.
»Wissen Sie was«, sagte er, griff zum Telephon und drückte eine Reihe von Tasten. »Mr. Farrell hat uns angewiesen, ihn nicht wegen unangemeldeter Gäste zu belästigen, aber in Ihrem Fall mache ich eine Ausnahme. Ich rufe selber an und sage ihm, daß Sie hier sind.«
»Nein!« rief sie entsetzt, das sie sich denken konnte, was er von Matt zu hören bekommen würde. »Ich - ich meine, Vorschriften sind Vorschriften, und Sie sollten sich nicht meinetwegen darüber hinwegsetzen.«
»Für Sie mache ich das gerne«, sagte er grinsend und sprach schon in den Hörer. »Hier ist der diensthabende Wachmann in der Lobby, Mr. Farrell. Miss Meredith Bancroft ist hier und möchte Sie sprechen. Ja, Sir, Miss Meredith Bancroft ... Nein, Sir, nicht Banker. Bancroft. Wie das Warenhaus Bancroft's.«
Unfähig, ihm ins Gesicht zu blicken, während Matt ihm befahl, sie hinauszuwerfen, machte sie ihre Handtasche zu und beschloß zu gehen.
»Ja, Sir«, sagte Craig. »Natürlich, Sir. Miss Bancroft«, wandte er sich an sie, gerade als sie sich umdrehen wollte. »Mr. Farrell sagt, Sie ...«
Sie schluckte. »Ich kann mir vorstellen, was er gesagt hat.«
Craig zog die Fahrstuhlschlüssel aus der Tasche und nickte. »Er hat gesagt, Sie sollen raufkommen.«
Matts Chauffeur-Leibwächter öffnete auf Merediths Klopfen hin die Tür. Er trug eine zerknitterte schwarze Hose und ein weißes Hemd, dessen aufgekrempelte Ärmel die kräftigen
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