Schatten der Liebe
Zeit hätte der Anblick, der sich ihm hier bot, Matt sehr stolz gemacht: Hinter einem feudalen Schreibtisch am anderen Ende eines ebenso prächtigen wie vornehmen und gediegenen Büros sitzend, wirkte Meredith Bancroft mit ihrem aufgesteckten blonden Haar wie eine junge Königin, die besser auf einen Thron als auf einen schwarzen Ledersessel gepaßt hätte -eine momentan sehr blasse und besorgt dreinschauende Königin. Seine Augen von ihr losreißend, blickte er die Sekretärin an und übernahm unbewußt sofort das Kommando. »Ich erwarte zwei Anrufe«, informierte er sie kurz, »stellen Sie sie sofort durch. Allen anderen Anrufern sagen Sie, wir wären in einer Budget -Sitzung und möchten nicht gestört werden. Und lassen Sie ja niemanden hier herein!«
Phyllis nickte und verließ hastig den Raum, während Matt auf Meredith zuging, die langsam aufstand und auf seine Seite des Schreibtisches herüberkam. Mit dem Kopf auf die Rothaarige weisend, die vor dem Fenster stand und ihn mit unverhohlener Faszination anstarrte, fragte Matt: »Wer ist sie?«
»Lisa Pontini«, antwortete Meredith abwesend, »eine gute Freundin. Laß sie hierbleiben. Warum sind wir in einer Budget-Sitzung?«
Matt erinnerte sich, Lisas Pontinis Namen vor langer Zeit aus Merediths Mund vernommen zu haben. Er unterdrückte das Bedürfnis, Meredith in seine Arme zu ziehen und zu trösten - was sie, wie er wußte, beides nicht schätzen würde -, lächelte statt dessen zuversichtlich und versuchte, einen witzigen Tonfall anzuschlagen: »Es wird den Angestellten eine Zeitlang über die Peinlichkeit und Brisanz der Sache hinwegtäuschen, wenn sie glauben, daß wir uns hier mit dem denkbar langweiligsten aller alltäglichen Geschäftsthemen befassen. Kannst du dir etwas Langweiligeres vorstellen als eine Budget-Sitzung?« Sie bemühte sich, über seine humorvolle Logik zu lächeln, konnte es aber nicht, und als Matt das merkte, fuhr er ernsthafter fort: »Mit ein bißchen Glück kommen wir mit ein paar Kratzern und ohne bleibende Schäden aus der Sache heraus. Wirst du mir vertrauen und das tun, worum ich dich bitte?«
Meredith starrte ihn an. Sie konnte nur mit Mühe fassen, daß er nicht gekommen war, um sie und ihren Vater für diese Katastrophe zur Verantwortung zu ziehen, sondern daß er ihr ganz im Gegenteil beistehen und helfen wollte. langsam strafften sich ihre Schultern, und ihr Selbstbewußtsein und Denkvermögen kehrten zurück. Mit einem kurzen Nicken sagte sie: »Ja. Was soll ich tun?«
Anstelle einer Antwort lächelte Matt, stolz darüber, wie schnell und tapfer sie sich wieder gefaßt hatte. »Bravo«, sagte er leise. »Geschäftsführer lassen sich niemals unterkriegen.«
»Sie bluffen«, schloß sie und versuchte erneut zu lächeln.
»Richtig.« Er grinste und wollte gerade weitersprechen, als der Summer der Sprechanlage ertönte. Meredith hob ab, horchte und hielt ihm dann den Hörer hin. »Meine Sekretärin sagt, David Levinson ist auf Leitung eins und jemand namens Steve Salinger auf Leitung zwei.«
Anstatt danach zu greifen, fragte Matt: »Hat das Telephon einen Lautsprecher?« Sie merkte, daß er sie mithören lassen wollte, lehnte sich über den Tisch und schaltete durch Knopfdruck Mikrophon und Lautsprecher ein. Sobald sie das getan hatte, drückte er den blinkenden Knopf der zweiten Leitung. »Steve«, sagte er, »ist der Lear startklar?«
»Sicher, Matt. Ich habe eben einen kleinen Probeflug gemacht, und der Vogel fliegt einwandfrei.«
»Gut, bleib dran.« Matt legte diesen Anruf auf Warten, nahm die andere Leitung und sagte ohne jede Einleitung zu Levinson: »Haben Sie die Zeitungen gesehen?«
»Ja, und Bill Fearson hat sie auch gesehen. Das ist eine echte Schweinerei, Matt, und vermutlich steht das Schlimmste noch bevor. Gibt es etwas, was wir für Sie tun können?«
»Ja. Fliegen Sie nach Belleville und stellen Sie sich Ihrem neuen >Klienten< vor, und dann schauen Sie, daß Sie den Hund gegen Kaution freibekommen.«
»Was?«
»Sie haben schon richtig gehört. Stellen Sie die nötige Kaution und überreden Sie ihn, daß er Ihnen als seinem Anwalt alle Unterlagen übergibt. Sobald er das getan hat, veranlassen Sie alles Nötige, damit unser Scheidungsurteil auf keinen fall der Presse in die Finger kommt - sofern der Mistkerl wirklich noch eine Kopie davon hat. Wenn nicht, dann unternehmen Sie etwas, das ihn überzeugt, daß es besser ist, alle Details zu vergessen.«
»Was für Details? Mit welcher Begründung
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