Schatten der Liebe
gewesen. Das Problem liegt darin, daß wir nicht genügend finanzielle Reserven haben, um uns über Wasser zu halten, wenn plötzlich mehrere unserer Filialen Verlust machen.«
»Könntet ihr es euch denn nicht borgen, falls das wirklich passiert?«
»Nein. Wenigstens wäre es nicht so einfach. Wir sind jetzt schon bis über beide Ohren verschuldet; anders hätten wir unsere Expansion nicht finanzieren können. Aber da ist noch etwas anderes, über das ich mir Sorgen mache.« Da er sie nur erwartungsvoll ansah und nichts sagte, fuhr sie fort: »Jeden Tag werden mehr von unseren Aktien an der Börse gehandelt. Ich habe es in den letzten Monaten schon in der Zeitung verfolgt, aber ich hatte geglaubt, daß viele Anleger uns als gute, langfristige Geldanlage ansähen, was wir ja auch sind. Aber«, sagte sie und mußte tief Luft holen, bevor sie die folgenden Worte über die Lippen brachte, »Sam Green, unser Anwalt, befürchtet, daß die Aktien sich deshalb so gut verkaufen, weil jemand versucht, Bancroft's zu übernehmen. Sam hat gute Kontakte zur Wall Street, und dort munkelt man offenbar, daß jemand uns aufzukaufen versucht. Parker hat schon im Oktober ein ähnliches Gerücht gehört, aber damals haben wir nicht weiter darauf geachtet. Es könnte aber tatsächlich wahr sein. Auf jeden Fall wird es Wochen dauern, bis wir die Namen aller Käufer erfahren. Aber selbst das muß uns nicht unbedingt weiterbringen. Wenn ein Unternehmen vorhat, eine Übernahme geheimzuhalten, werden sie unsere Aktien nicht in ihrem eigenen Namen kaufen.« Sie verstummte und blickte ihn ironisch an. »Aber du weißt ja selbst, wie so etwas gemacht wird, oder etwa nicht?«
Er zog eine Braue hoch und zwinkerte ihr vergnügt zu. »Kein Kommentar.«
»Eine Firma, die ihr vor einigen Monaten übernehmen wolltet, hat euch fünfzig Millionen bezahlt, nur damit ihr sie in Frieden laßt. Dazu wären wir nicht in der Lage, und wir haben momentan nicht einmal genug Geld, um gegen eine Übernahme zu kämpfen. Mein Gott«, schloß sie kläglich, »ich glaube, ich könnte es nicht ertragen, wenn Bancroft's nur noch ein Teil eines riesigen Multikonzerns wäre.«
»Aber es gibt Möglichkeiten, sich davor zu schützen.«
»Ich weiß, und der Vorstand diskutiert seit zwei Jahren darüber, aber sie haben bislang nicht das geringste unternommen.« Ruhelos stand sie auf und stocherte im Feuer herum.
Hinter ihr fragte Matt: »Ist das alles, worüber du dir Gedanken machst, oder gibt es da noch mehr?«
»Noch mehr?« Sie lachte schmerzlich und richtete sich auf. »Da gibt's noch mehr, aber was mich am meisten beunruhigt, ist daß irgendwie alles auf einmal zu passieren scheint, und das gibt mir irgendwie das Gefühl, daß sich alles gegen uns verschworen hat. Da ist diese Angst vor einer feindlichen Übernahme, die Bombendrohungen, und jetzt kann Parker uns das Geld für Houston nicht leihen, und deshalb müssen wir auch noch mit einem anderen Kreditor verhandeln.«
»Warum kann er es euch nicht leihen?«
»Weil Reynolds Mercantile momentan selbst in Geldverlegenheiten ist und bereits hochverschuldeten Kreditnehmern keine weiteren großen Summen zur Verfügung stellen kann. Es würde mich nicht wundern, wenn der arme Parker sich bereits darüber Gedanken macht, ob Bancroft's die bereits bestehenden Kredite auch pünktlich zurückzahlen kann.«
»Er ist groß genug«, sagte Matt kurz und begann, die Papiere in seinen Aktenkoffer zu packen, »um damit fertig zu werden. Wenn er dir mehr Geld geliehen hat, als er sich leisten kann, dann ist es seine Schuld, und er muß die Verluste anderweitig abdecken.« Wann immer sie Reynolds erwähnte, fraß sich die Eifersucht schmerzhaft in sein Herz. Dies war keine Ausnahme, und seine Laune verschlechterte sich augenblicklich. »Was du jetzt brauchst, ist eine ordentliche Portion Schlaf«, sagte er. Meredith stellte fest, daß seine Stimme plötzlich hart klang und daß er sich zum Gehen fertigmachte. Erstaunt über seinen abrupten Aufbruch, schalt sie sich, ihren ganzen seelischen Müll bei ihm abgeladen zu haben, und begleitete ihn zur Wohnungstür.
Unter der Tür drehte er sich um. »Um wieviel Uhr treffen wir uns morgen abend hier?«
»Halb acht?« schlug sie vor.
»Gut.«
Er ging auf den Gang hinaus, und Meredith trat unter die Tür. »Wegen morgen abend«, sagte sie, »da es mein Geburtstag ist, möchte ich dich um einen Gefallen bitten.«
»Der wäre?« fragte er und stellte seinen Aktenkoffer ab, um
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