Schatten der Liebe
Erklärung für alles haben würde, und allmählich ließ das Zittern nach. Sie ließ den Jaguar an und beschloß, sofort zu ihm zu fahren.
Joe O'Hara öffnete ihr und führte sie zur Bibliothek. Unter der Tür blieb sie stehen; schon allein der Anblick von Matt vermittelte ihr Kraft und Zuversicht. Er saß auf einem Ledersofa, las in einigen Schriftstücken und machte sich zwischendurch Notizen an den Rand. Auf dem Couchtisch vor ihm stapelten sich ganze Berge von Akten. Er blickte auf, sah sie, und bei seinem plötzlichen warmen Lächeln machte ihr Herz einen kleinen Sprung. »Heute muß mein Glückstag sein«, sagte er, stand auf und kam ihr entgegen. »Ich dachte, du hättest heute keine Zeit für mich - hattest du nicht gesagt, daß du heute arbeiten mußt und außerdem einmal richtig Schlaf brauchst? Ich fürchte aber«, fügte er mit einem breiten Grinsen hinzu, »daß ich nicht hoffen darf, daß du ein paar Koffer mitgebracht hast?«
Meredith lachte, aber es klang unsicher, und er blickte sie prüfend an. »Warum habe ich das Gefühl«, fragte er, »daß du an etwas ganz anderes denkst?«
»Weil du offenbar viel mehr instinktive Menschenkenntnis besitzt als ich.«
Seine Hände strichen ihre Arme entlang nach unten, dann ließ er sie los und trat, die Stirne runzelnd, ein paar Schritte zurück. »Was willst du damit sagen?«
»Ich will damit sagen, daß ich nicht halbwegs so gut darin bin, deine Gedanken zu erraten«, erwiderte Meredith heftiger als geplant. Er würde ihr ein paar Fragen beantworten müssen.
»Warum gehen wir nicht ins Wohnzimmer? Dort ist es gemütlicher, und du kannst mir genau erklären, was du mit deiner Bemerkung gemeint hast.«
Meredith nickte und folgte ihm, aber sie war zu nervös, um sich hinzusetzen, und zu verspannt, um ihm ihre Anschuldigungen ins Gesicht zu sagen. Verzweifelt ließ sie ihren Blick im Zimmer umherwandern ... vorbei an den gerahmten alten Fotografien seiner Schwester und seiner Eltern, die auf einem geschmackvollen Marmor-Beistelltisch standen, vorbei an dem ledernen Fotoalbum, das daneben lag. Matt spürte ihre Anspannung und blieb gleichfalls stehen. Als er sprach, klang er verwirrt, aber auch ein wenig kurz angebunden. »Was hast du?«
Verblüfft über seinen Tonfall, drehte sie sich abrupt zu ihm um und sagte ihm direkt, was sie beschäftigte. »Warum hast du mir gestern abend nicht erzählt, daß die Polizei dich wegen Spyzhalski verhört hat? Wie konntest du die halbe Nacht mit mir verbringen, ohne dir nur im geringsten anmerken zu lassen, daß du unter - unter Mordverdacht stehst?«
»Ich habe dir nichts davon gesagt, weil du momentan wirklich genug andere Sorgen hast. Zweitens vernimmt die Polizei eine ganze Reihe von Spyzhalskis ehemaligen >Klienten<, und ich stehe keineswegs unter Mordverdacht.« Er sah ihre Erleichterung, aber auch die Ungewißheit, die sie zu verbergen suchte, und sein Blick wurde hart. »Oder doch?«
»Oder doch was?«
»Oder stehe ich doch unter Mordverdacht - in deinen Augen?«
»Nein, natürlich nicht!« In einer nervösen Mischung aus Unsicherheit und Sorge strich sie sich hektisch das Haar aus der Stirn und mied wieder seinen Blick. Sie haßte sich selbst für das Mißtrauen, das sie einfach nicht losließ. »Es tut mir leid, Matt. Ich hatte einen ganz furchtbaren Tag.« Sie drehte sich um und musterte ihn intensiv, ganz genau auf seine Reaktion achtend als sie sagte: »Mein Vater ist überzeugt davon, daß jemand versucht, Bancroft's zu übernehmen.« Seine Miene blieb unverändert, unlesbar. Reserviert? »Er glaubt, daß derjenige, der unsere Aktien aufkauft, auch für die Bombenanschläge verantwortlich ist.«
»Es könnte sein, daß er recht hat«, sagte er, und sein kühler, abgehackter Ton waren Zeichen genug, um sie wissen zu lassen, daß er merkte, daß sie ihn verdächtigte, und daß er sie dafür verachten würde. Sie kam sich wirklich erbärmlich vor und schaute wieder weg. Ihr Blick fiel auf die gerahmte Fotografie seiner Eltern, die sich an ihrem Hochzeitstag anlächelten. Ein ähnliches Bild war in einem der Fotoalben gewesen, die sie auf der Farm eingepackt hatte. Die Fotos ... die Namen, die darunter standen ... Die Namen. Der Mädchenname seiner Mutter war COLLIER. Der Collier Trust hatte alle Kredite von Bancroft & Company aufgekauft. Wenn sie nicht so viele andere Dinge im Kopf gehabt hätte, wäre ihr diese Namensgleichheit schon früher aufgefallen.
Sie blickte Matt scharf ins Gesicht, während
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