Schatten der Liebe
Idee einer rein platonischen Ehe nicht nur absurd, sondern auch sehr unpraktisch zu finden. Es ist offensichtlich, daß wir eine starke sexuelle Anziehungskraft aufeinander ausüben. Außerdem haben wir zusammen ein Kind gemacht. Vielleicht sollten wir den Gedanken in Erwägung ziehen, eine richtige Ehe zu führen. Wer weiß«, fügte er achselzuckend und mit einem breiten Lächeln hinzu, »vielleicht gefällt uns das sogar.«
Meredith hätte nicht überraschter sein können, wenn ihm plötzlich Flügel gewachsen wären und er angefangen hätte, im Zimmer herumzuschweben. Dann merkte sie, daß er diese Idee nur als ein Gedankenspiel betrachtete und nicht als wirklich ernstzunehmenden Vorschlag. Sie wußte nicht, ob sie sich über seine nonchalante Art ärgern oder darüber freuen sollte, daß er diesen Gedanken überhaupt gefaßt hatte, und schwieg.
»Es hat keine Eile«, fügte er mit einem spitzbübischen Grinsen hinzu und richtete sich auf. »Wir haben ja noch ein paar Tage Zeit, um es uns zu überlegen.«
Als er gegangen war, starrte Meredith ungläubig hinter ihm her auf die geschlossene Tür. Sie war erschöpft und vollkommen überrumpelt von der Geschwindigkeit, mit der er Entscheidungen traf, Schlüsse zog, Befehle gab und die Richtung änderte. Und sie hatte das Gefühl, daß Matthew Farrell, was immer er sich für den Rest seines Lebens vorgenommen hatte, eines Tages ein Mann sein würde, der große Macht besaß. Mit dem Gedanken, daß er bereits jetzt jemand war, der Macht über sie hatte, schlief sie ein.
Was auch immer Matt seinem Vater erzählt hatte, bevor Meredith zum Abendessen herunterkam, hatte diesen offensichtlich überzeugt, denn Patrick Farrell schien die Tatsache, daß sie heiraten wollten, nun ohne weiteres zu akzeptieren. Trotzdem war es nur Julies fröhlichem Wesen zu verdanken, daß die Mahlzeit für Meredith halbwegs erträglich verlief. Matt schwieg fast die ganze Zeit, doch schien er allein durch seine Anwesenheit die Unterhaltung zu beherrschen.
Patrick Farrell hatte die Rolle des Hausherrn sichtlich seinem Sohn übertragen. Meredith betrachtete den schlanken, grüblerischen Mann, dessen Gesicht die Spuren alkoholischer Ausschweifungen, aber auch großer Tragik zeigte, teils mit Mitgefühl, teils ängstlich, und sie hatte nach wie vor das Gefühl, daß auch er sie nicht besonders mochte.
Julie, die den beiden Männern scheinbar gerne den Haushalt führte, sprühte vor Lebendigkeit. Jeder ihrer Gedanken wurde enthusiastisch artikuliert und sprudelte nur so aus ihr heraus. Daß sie Matt bewunderte und ihm voll und ganz ergeben war, zeigte sich in jeder Geste. Sie sprang auf, um ihm Kaffee zu holen, fragte ihn um Rat und hörte ihm zu, als ob Gott der Allmächtige durch ihn spräche. Verzweifelt bemüht, nicht an ihre eigenen Probleme zu denken, fragte Meredith sich, wie Julie in dieser Gesellschaft ihren Enthusiasmus und Optimismus hatte bewahren können. Sie fragte sich, warum ein Mädchen mit Julies Intelligenz freiwillig auf eine berufliche Karriere verzichtete, nur um sich um ihren Vater zu kümmern, was Meredith als gegeben annahm. In ihre Gedanken vertieft, merkte Meredith nicht sofort, daß Julie sie etwas gefragt hatte.
»In Chicago gibt es ein großes Kaufhaus namens Bancroft's«, sagte Julie. »Ich habe die Werbung in vielen Zeitschriften gesehen, vor allem in Vogue. Sie haben traumhafte Sachen. Matt hat mir von dort mal einen Seidenschal mitgebracht. Kaufst du manchmal dort ein?«
Meredith nickte. Unwillkürlich zog ein Lächeln über ihr Gesicht, als ihr Kaufhaus erwähnt wurde, aber sie sagte nichts weiter. Noch hatte sie keine Gelegenheit gehabt, Matt von ihrer Verbindung zu Bancroft's zu erzählen, und Patrick hatte schon auf ihren Wagen derart negativ reagiert, daß sie es so für klüger hielt. Unglücklicherweise ließ Julie ihr keine Wahl.
»Bist du mit diesen Bancrofts - den Leuten, denen das Kaufhaus gehört, meine ich - irgendwie verwandt?«
»Ja.«
»Nah verwandt?«
»Relativ nah«, sagte sie, amüsiert über das aufgeregte Leuchten in Julies großen grauen Augen.
»Wie nah?« fragte Julie, legte ihre Gabel hin und schaute sie gespannt an. Auch Matt, der gerade seine Kaffeetasse zum Mund führen wollte, hielt auf halbem Wege inne und starrte sie an. Patrick Farrell lehnte sich in seinem Stuhl zurück und runzelte die Stirn.
Mit einem leisen Seufzer gab Meredith sich geschlagen: »Mein Ururgroßvater hat das Kaufhaus gegründet.«
»Das ist
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