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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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eigentlich nie Sorgen machen. Die meisten Jungen haben schon Angst davor, mich zu küssen.«
    Meredith hatte das Gefühl, daß Julie irgendeine Reaktion von ihr erwartete, räusperte sich und fragte: »Warum?«
    »Wegen Matt«, antwortete Julie kurz und bündig. »Jeder Junge in Edmunton weiß, daß Matt Farrell mein Bruder ist. Sie wissen, was Matt mit ihnen machen würde, wenn er herausfände, daß sie bei mir irgendwas versucht hätten. Wenn es um weibliche >Tugend< geht«, fügte sie mit einem Seufzer hinzu, »dann ist Matts Gegenwart mindestens so wirkungsvoll wie ein Keuschheitsgürtel.«
    »Irgendwie«, sagte Meredith, ohne nachzudenken, »hatte ich nicht direkt diesen Eindruck.«
    Julie lachte, und Meredith mußte plötzlich mitlachen.
    Eine Stunde später saßen sie einander gegenüber auf der Verandatreppe, den Rücken gegen das Geländer gelehnt. Matt saß eine Stufe über ihr und hatte seine langen Beine ausgestreckt. Eine Stufe tiefer hockte Meredith, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen. Sie mußten sich nicht länger bemühen, mehr über einander in Erfahrung zu bringen, weil Meredith ein Kind bekam und sie heiraten mußten. Sie waren einfach ein Paar, das einen lauen Sommerabend im Freien verbrachte und die Gegenwart des anderen genoß.
    Meredith legte ihren Kopf zurück und lauschte mit halbgeschlossenen Augen dem Zirpen der Grillen.
    »Was denkst du?« fragte er leise.
    »Ich denke daran, daß bald Herbst ist«, sagte sie und schaute in seine Augen. »Herbst ist meine liebste Jahreszeit. Die meisten überschätzen den Frühling. Der Winter ist trist und öde, und der Sommer ist ganz schön, aber irgendwie ist alles immer dasselbe. Der Herbst ist anders. Ich meine, gibt es irgendeinen Duft auf der Welt, der es mit dem Geruch von verwelktem Laub aufnehmen kann?« fuhr sie lächelnd fort. Matt dachte bei sich, daß sie wesentlich besser duftete als verwelktes Laub, aber er ließ sie weiterreden. »Der Herbst ist irgendwie aufregend - alles ist im Wandel begriffen. Es ist wie mit der Abenddämmerung.«
    »Dämmerung?«
    »Die Abenddämmerung ist meine liebste Tageszeit, aus demselben Grund. Früher bin ich im Sommer oft bei Einbruch der Dunkelheit unsere Auffahrt hinuntergegangen und habe durch das Gitter die Autos beobachtet, die mit eingeschalteten Scheinwerfern vorbeifuhren. Es war kurz vor Anbruch der Nacht...« Sie verstummte. »Das muß schrecklich dumm klingen.«
    »Es klingt schrecklich einsam.«
    »Ich war nicht einsam, wirklich nicht. Ich habe nur immer in meinen Tagträumen gelebt. Ich weiß, daß mein Vater in Glenmoor einen furchtbaren Eindruck auf dich gemacht hat, aber er ist nicht der Unmensch, für den du ihn hältst. Er liebt mich, und er wollte nie etwas anderes als mich zu beschützen - als das zu tun, was er das Beste für mich hielt.« Ohne Vorwarnung schwand Merediths Verträumtheit, und die Realität schlug mit grausamer Plötzlichkeit zu. »Und als Gegenleistung komme ich in ein paar Tagen heim, schwanger und ...«
    »Sollten wir dieses Thema heute abend nicht lieber ausklammem?« unterbrach er sie.
    Meredith nickte und versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht, ihre Gedanken so gut zu kontrollieren, wie er es offenbar konnte.
    Schweigend löschten sie die Lichter im Wohnzimmer und gingen nach oben. Matts Zimmer war direkt neben der Treppe, während Julies links davon am Ende des Ganges lag. Dazwischen befand sich das Bad. Als sie bei seiner Tür ankamen, nahm Meredith die Sache entschlossen in die Hand. »Gute Nacht, Matt«, sagte sie mit unsicherer Stimme, machte einen Bogen um ihn, warf ihm über die Schulter ein gezwungenes Lächeln zu und ließ ihn unter der Tür stehen. Als er keinen Versuch unternahm, sie aufzuhalten, wußte sie nicht, ob sie darüber erleichtert oder wütend sein sollte. Offenbar, so schloß sie, als sie Julies Zimmer betrat, hatten schwangere Frauen wenig Anziehungskraft.
    Hinter ihr erklang seine Stimme, leise und etwas belegt: »Meredith?«
    Sie drehte sich um und sah, daß er noch immer unter seiner Tür stand, eine Schulter an den Tür stock gelehnt, die Arme leicht vor der Brust verschränkt. »Ja?«
    »Weißt du, was ich am allerwenigsten mag?«
    Sein bitterer Ton sagte ihr, daß er diese Frage nicht nur beiläufig stellte; sie schüttelte den Kopf und überlegte, worauf er wohl hinauswollte. Er ließ sie nicht lange im Unklaren. »Allein schlafen, wenn man genau weiß, daß am Ende des Ganges jemand ist, der, das weiß ich verdammt

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