Schatten der Vergangenheit (German Edition)
der letzten Woche. Um ein Vergehen im Straßenverkehr, wie Geschwindigkeitsübertritte, kümmerte sich eigentlich nicht die Kriminalpolizei.
„Können wir irgendwo ungestört sprechen?“ fragte der Kommissar und machte eine Kopfbewegung zum Hauseingang.
„Wenn es sein muss, gehen wir in meine Wohnung.“ Noch mehr Tratsch brauchte Philippe nicht. Seine Eltern würden sonst davon erfahren und er konnte sich vorstellen, was passieren würde, wenn sein Vater erfuhr, dass er Besuch von der Kriminalpolizei gehabt hatte!
Die Nachbarin im ersten Stock sah schon aus dem Fenster und lehnte sich nun so weit vor, um auch genau das Gespräch der beiden Männer mit zu hören.
Achmed sah hoch, winkte der dicken Frau zu, die daraufhin das Fenster zuschlug und ein Grinsen ging über sein gebräuntes Gesicht. Er steckte den Ausweis wieder in die Innentasche seines billigen Anzugs, der ihm noch nie billig vorgekommen war, bis er jedoch in Gegenwart des Mannes getreten ist, der nicht nur blutjung, sondern auch bildschön war, und dessen Socken bald mehr als seine komplette Kleidung kosteten. Nicht, dass er die Socken seines Gegenübers gesehen hatte. Die Hosenlänge war perfekt und deckte die Socken ab, falls er welche trug.
Man hatte ihn gewarnt, dass er einem Schönling gegenüberstehen würde, aber er hatte trotz der Gerüchte einen weibischen Mann erwartet und nicht...? Ja, der Mann war schön, makellos, nicht mal eine Narbe im Gesicht, wie sie viele Männer hatten, die Sport betrieben, sich um Frauen prügelten... Philippe d´Arthois sah in Realität noch viel besser aus, als auf jedem Foto und dabei hätte Ahmed gedacht, Photos für die Werbung würden retouchiert werden. Und der Mann war doch noch ein Junge, nur etwas über zwanzig. Der könnte fast sein Sohn sein. Mein Gott, er wurde alt.
Achmed Zidane kämpfte dagegen an, ihn anzustarren. Vor allem diese unglaublich türkisblauen Augen, die ihn an den Himmel seines letzten Urlaubs erinnerten, der schon so lange zurücklag, dass er beinahe laut geseufzt hätte.
„Neugierige Nachbarn?“ fragte er, alleine um irgendetwas zu sagen. Auch wollte er nicht, dass ihn sein Gegenüber für homosexuell erklärte – und dann vielleicht auf dumme Gedanken kam, wo doch erst seine Assistentin gewitzelt hatte, dass Philippe auch Männer mochte.
Philippe nickte, öffnete die Eingangstüre und ließ den Kommissar eintreten. Welch eine Wahl hatte er denn? Immerhin roch der arme Kommissar nicht nach einem billigen Eau de Toilette. Philippe hatte eine Aversion gegen billige Duftstoffe und sein Körper leider auch. Er begann zu niesen, wenn ein solcher in seiner Nähe war.
Philippe überlegte kurz, seinen Anwalt anzurufen, aber Paul war nicht gut auf ihn zu sprechen, seit Philippe mit seiner Verlobten geschlafen hatte. Er konnte aber immer noch Paul anrufen, falls der hübsche Polizist ihn eines kriminellen Vergehens beschuldigte. Dann allerdings musste er zu Kreuze kriechen und sich entschuldigen, was er ungern tat.
Er nahm doch nicht mal mehr Drogen. Von diesem Laster hielt er sich seit dem langen Besuch in der Klinik fern und auch wegen der Androhung seines Vaters, ihm alle Ponys wegzunehmen, wenn man ihn nur ein einziges Mal mit Drogen ertappte.
Philippes Wohnung lag im zweiten Stock des Hauses und erstreckte sich über die gesamte Etage. Die Haushälterin war nicht anwesend. Sie würde auch nicht mehr kommen, nachdem sie Philippe mit zwei Frauen und einem Mann in dem übergroßen Bett überrascht hatte. Sie war zwar Französin und denen sagte man einerseits Verständnis und eine Offenheit in vielen Dingen nach, aber andererseits hatte Lorette, die Haushälterin ihren Siedepunkt erreicht und gekündigt.
Nun sah die Wohnung aus, als hätte vor kurzem eine Party darin stattgefunden. Dies stimmte zum Teil auch, aber nur zum Teil, denn die Party lag einige Tage zurück und Philippe hatte noch keine Zeit gefunden, eine Putzfrau zu organisieren. Wahrscheinlich musste er seine Mutter anrufen, die sicher eine bei der Hand hatte.
Achmed zog die Braue hoch, als er Damendessous auf dem Sofa sah. Ein roter Slip, nicht sehr originell, dachte er sich, aber wer würde nicht mit Philippe tauschen wollen? Der Mann schlief mit jeder schönen Frau, die ihm über den Weg lief.
Das war also das Leben, dass Philippe d´Arthois führte. Er sah den jungen Mann von der Seite an, der eben seinen Trenchcoat von einem Londoner Edelschneider achtlos
Weitere Kostenlose Bücher