Schatten der Vergangenheit (German Edition)
über einen Stuhl warf und sich ihm wieder zuwendete.
„Wollen Sie einen Kaffee?“ fragte er Achmed und strich sich kurz eine Haarsträhne, die ihm in die Stirn fiel, zurück. Der Kommissar, so groß wie er, mit dem Gesicht und dem Namen eines Arabers, war ihm nicht unsympathisch und er hatte schon einige Erfahrung mit Männern von der Polizei gemacht. Sympathisch war ihm bisher keiner gewesen. Achmed war eine große Ausnahme, nur wusste der das nicht.
„Ja, bitte, wenn es keine große Mühe macht...“ Achmed hatte schlecht geschlafen und auch morgens keinen Kaffee getrunken. An ein Mittagessen konnte er sich auch nicht erinnern, dabei war es beinahe schon Nachmittag.
Er sah Philippe zu, wie er in der Küche einen Espresso mit wenigen Handbewegungen machte. Philippes Küche verfügte über eine italienische Espressomaschine. Wie alles in der Wohnung, war diese ein Designerstück und die Wohnung reif für ein Journal, wäre da nicht die Unordnung.
„Wo ist Ihre Putzfrau?“ fragte Achmed laut. Es war ihm einfach hinausgerutscht und eigentlich sollte es ihn nicht interessieren. Er hatte schon schlimmere Wohnungen gesehen. Diese hier war wenigstens hell, modern und bis auf das Chaos auch halbwegs sauber.
„Hat gekündigt“, antwortete Philippe kurz und kam mit dem Kaffee zurück in das Wohnzimmer mit den weißen Ledermöbeln.
„Pech.“ Mehr fiel ihm dazu nicht ein.
„Ja, Pech. Setzen Sie sich doch, wenn Sie irgendwo einen Platz finden“, schlug Philippe vor. Achmed nickte und setzte sich in einen der Lederstühle, nachdem er nachgesehen hatte, ob dort nicht ein Kondom oder ein weiteres Stück Frauenwäsche lag.
Philippe tat es ihm gleich, setzte sich ihm gegenüber und nippte an einem Glas Wasser. Er hatte Kopfschmerzen und eine trockene Kehle. Beides waren Reste der letzten Nacht, die erst morgens geendet hatte.
„Warum sind Sie hier?“ fragte er nun und streckte seine langen Beine aus. Essen wäre auch nicht übel. Sein Magen knurrte laut.
Er hatte doch eine Verabredung gehabt, aber da war die Kleine mit ihrem Hut dazwischen gekommen und jetzt... Er beobachtete den Kommissar. Der wirkte nicht viel lebendiger als er selbst, es sah beinahe so aus, als würden diesem gleich die Augen zufallen. So einen Kommissar hatte er nur in französischen Filmen gesehen und nie in Wirklichkeit... Ah, das musste er Mia erzählen, die würde sich darüber köstlich amüsieren.
Achmed schluckte den heißen Kaffee. Er kämpfte tatsächlich gegen die Müdigkeit und den Wunsch, sich auf das leere Sofa von Philippe zu legen, um eine Stunde zu schlafen.
„Kennen Sie Isabella Longi?“ fragte er aber stattdessen. Philippe lachte auf und lehnte sich zurück. „Das weiß die halbe Welt, dass ich Mademoiselle Longi kenne.“
„Isabella Longi behauptet, dass Sie versucht hätten, sie zu ermorden.“ Philippe konnte nicht anders. Er lachte und das sehr laut und heftig, bis ihm die Tränen kamen. War Isabella verrückt geworden? Welche Drogen hatte sie denn genommen?
„Es tut mir leid, Monsieur de Commissaire, aber das ist einfach lächerlich.“
„Wann haben Sie Isabella Longi das letzte Mal gesehen?“ fragte Achmed, nun ganz der Kommissar, der er war.
„Gesehen habe ich sie vor zwei Wochen auf einer Party, aber da war sie mit einem anderen Mann zusammen und ich muss gestehen, ich wollte diese alte Freundschaft nicht aufwärmen.“ Philippe wischte sich die Lachtränen mit dem Handrücken weg.
„Wie absurd. Warum sagt Isabella so etwas?“ fragte er, mehr sich selbst, als den Kommissar, der sichtbar ein Gähnen unterdrückte.
Weil sie schwanger ist, wollte Achmed sagen. Er war in dieser Hinsicht altmodisch. Wie konnte Philippe so eine schöne Frau verlassen – noch dazu, wenn sie von ihm ein Kind erwartete? Gut sie war einige Jahre älter als Philippe, aber...
„Warum haben Sie sich von ihr eigentlich getrennt?“ Kaum hatte Achmed diese Frage ausgesprochen, wusste er, wie dumm sie war, wenn man sie einem Mann wie Philippe stellte, der seine Frauen wie seine Bettwäsche wechselte. Vielleicht jetzt wo die Putzfrau nicht mehr hier war, sogar öfters als diese...
„Fragen Sie das ernsthaft? Kennen Sie meinen Ruf nicht?“ fragte Philippe daher auch.
„Doch, aber...“
„Kommissar, die Frau nervte. Sie wollte mehr als nur meine Freundin sein und sie war eifersüchtig. Sie verstehen?“ Immerhin eine Antwort und Achmed
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