Schatten der Vergangenheit (German Edition)
niemals meiner Frau verzeihen, dass sie dieses Geheimnis vor mir verbarg.“
Der Notar nahm einen Briefumschlag und reichte ihn Philippe, einen anderen reichte er Caroline.
„Es sind zwei persönliche Abschiedsbriefe...“
„Er vermacht alles einer historischen Gesellschaft“, rätselte Roza im Warteraum.
Warum sonst mussten sie den Raum verlassen?
„Unsinn, der war doch nicht verrückt“, entgegnete Thomas trocken und ahnte, dass es irgendetwas mit diesem dicken Argentinier zu tun hatte, der Philippe und Caroline in Paris traf.
„Warum mussten wir dann hinausgehen?“ fragte Roza.
„Weil da etwas im Testament steht, das nicht jeder wissen muss“, sagte Thomas ruhig.
Roza schnaubte. Als wüsste nicht jeder im Haus alles über diese Familie!
„Irgendetwas stimmt doch nicht. Was machte er auf dem Dachboden und warum starb er genau an dem Tag, an dem er das Testament änderte?“
„Komisch ist es schon“, gab Thomas leise zu und sah zu Alessandro hin, der mit der jungen Sekretärin flirtete.
Der war auch nicht besser als der andere, dachte Thomas. Beide verheiratet, aber keiner kann die Finger von den Frauen lassen.
Die Türe des Besprechungsraumes ging auf und der Notar kam zuerst heraus.
„Ich würde alle bitten, jetzt zu unterschreiben...“
„Mein Gott, die können kochen...“ sagte Geraldo nun das dritte Mal – genau genommen bei jedem Gang.
„Sie sind eben Franzosen. Der Koch hat drei Michelin Sterne“, meinte Caroline unbeeindruckt.
„Ich finde das Essen ein wenig altmodisch“, sagte Philippe, der auch keinen großen Appetit hatte – nicht nach dieser Testamentseröffnung.
Er konnte es immer noch nicht glauben, dass sein Ziehvater tot war.
Der Wall Street Typ von Geraldo Alvarez aß mit genauso großem Appetit wie sein Chef, wenn er nicht Lily anstarrte oder Caroline in das üppige Dekolleté sah. Sonst redete er nicht viel. Jetzt starrte er wieder Lily an, weil er dachte, niemand würde es sehen. Noch ein Blick und der Mann hatte ein blaues Auge. Lily sah auf und lächelte müde.
„Kinder, esst... Nur gut, dass ich hier nicht lebe. Ich würde jeden Tag soviel fressen“, sagte Alvarez, tupfte sich mit der Serviette den Mund ab und trank einen Schluck Wein.
Philippe dachte bei den Worten an Lilys Mahnung, dass Alvarez zu ungesund leben und so nicht alt werden würde. Er musste mit Geraldo dringend einige ernste Worte reden, später, wenn sie zurück in Buenos Aires waren.
„Der Wein ist erstklassig…und die Frauen…“
Er sah einer vermeintlich älteren Französin nach.
Lily schüttelte den Kopf.
„Das ist keine Französin. Das ist eine Russin. Normale Franzosen können sich kein Essen im l’Ambroisie leisten!“
Caroline lachte.
„Sie hat Recht. Das Menü, der Wein, ich schätze um die dreihundert Euro pro Person, das kann sich nicht jeder leisten.“
Geraldo rollte die Augen.
„Noch können wir uns das leisten, Caroline. Zudem zahlen wir das Ambiente auch mit.“
Er zeigte auf den Kronleuchter und die Bilder.
Philippe schnaufte.
„Na, wenn es nach dem ginge, hätten wir auch in Carolines neuem Stadthaus essen können. Das hat auch so eine Einrichtung!“
Caroline lachte.
„Und an einem anderen Tag hätte ich auch so ein Menü gezaubert“, fügte sie hinzu.
„Dein Essen schmeckt besser“, lobte Lily Caroline.
„Das stimmt. Es sieht nur manchmal nicht so toll aus“, wendete Philippe ein.
„Das ist gemein“, schmollte Caroline.
„Ich denke nur an dieses...“ Philippe fuchtelte mit den Händen über dem Teller herum. „Fleisch mit französischen Namen, das du in New York gekocht hast. Das sah wie ein Scheiterhaufen aus, hat aber gut geschmeckt.“
„Das zerfiel, weil du zu spät zum Essen gekommen bist“, verteidigte Caroline ihre Kochkunst.
Lily lachte leise. Geraldo grinste.
„Sind die immer so?“ fragte er Lily.
Sie nickte und sah den Banker an.
„Haben Sie eigentlich etwas herausgefunden?“ fragte sie ihn.
Der nickte mit vollem Mund, schluckte schnell hinunter und sagte dann: „Es ist tatsächlich so, dass Aktien von Senior Alvarez Firmen gekauft werden, was normalerweise nichts Ungewöhnliches ist. Die Mehrheit der Firmen ist in Familienbesitz...“
Caroline unterbrach ihn.
„Es ist doch seltsam, wenn es bei
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