Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)
Rudolph nie wiederzusehen. Dennoch weiß ich ganz genau, dass sie mich meint und leider auch noch recht hat, was aber nichts daran ändert, dass ich einfach zu feige bin.
„Versprich deiner alten, kranken Oma, dass du alles daran setzen wirst, dein Glück zu finden. Obwohl, gefunden hast du es ja schon, du musst es dir nur greifen“, redet sie einfach weiter und lässt mich schwer schlucken. Ich fühle mich so schlecht dabei, ihr diesen Wunsch niemals erfüllen zu können, dass ich beschämt meinen Blick senke und eher halbherzig „so einfach ist das nicht“, nuschle und hoffe, dass sie sich damit zufrieden gibt.
„Wer hat gesagt, dass Liebe einfach ist? Um echte Liebe muss man kämpfen, damit man sie zu schätzen weiß. Was einem so zufliegt, reicht höchstens als Verliebtheit, aber niemals für ein ganzes Herz, das man bereit ist, ohne zu zögern zu opfern, man dem anderen bedingungslos alles geben würde, ohne auch nur irgendetwas dafür zu erwarten. Du solltest sie nicht einfach so verachten“, treibt sie mir mit ihren Worten einen Kloß in den Hals, der mich am Sprechen hindert, weil letztlich nicht mehr als ein Krächzen meiner Kehle entfliehen würde, was mich viel mehr verrät als tausend Worte und so bleibe ich einfach still auf ihrem Bett sitzen und streichle ihre Hand.
„Du hast deinen Vater gestern ganz schön aus der Bahn geworfen“, wechselt sie jedoch irgendwann lächelnd das Thema und ich weiß ganz genau, warum sie es tut. Also erwidere ich ihr Lächeln aufrichtig, was ihre grauen Augen strahlen lässt.
„Wie kommst du jetzt darauf?“, kann ich meine Neugier allerdings nicht zurückhalten und sehe sie fragend an, während sie wahnsinnig hämisch grinst.
„Erst war er ganz ruhig und schrecklich blass, als er gestern hier war. Dann wurde er feuerrot und hat getobt. Zum Schluss war er einfach nur sprachlos und ziemlich durch den Wind, weil er mit dir überhaupt nicht gerechnet hat. Und du hast ihn ganz offensichtlich schwer beeindruckt, denn er hat die ganze Zeit, in der er hier war, nichts anderes getan als über dich zu reden. Wie du aussahst, was du anhattest, wie dein Blick war, deine Abwehr, als er dich erkannte. Seine Überraschung, was aus dir geworden ist und wie sehr du dich verändert hast“, erklärt sie mir und man kann an jedem Wort und jeder Mimik erkennen, dass es ihr eine reine Freude war, meinen Vater so durcheinander zu erleben.
„Dann kann ich mich ja glücklich schätzen, dass er mal länger als fünf Minuten an mich gedacht hat, ohne dabei auf mich einzuprügeln“, bremse ich ihre Euphorie allerdings aus, weil ich befürchte, sie könnte das Thema ausweiten und ich mich nicht in der Stimmung fühle, meinen Vater und sein Verhalten zu analysieren. Über diese Phase bin ich seit Jahren weg.
„Es tut mir leid, mein Junge“, drückt sie meine Hand und ich habe sofort ein schlechtes Gewissen, dass ich so egoistisch bin und nur an mich denke. Dabei sollte es mir eine Freude sein, wenn ich sie ein wenig von ihrer Krankheit ablenken kann. Aber alles was mir bleibt, ist ihr sagen zu müssen, dass ich sie nicht mehr besuchen komme, weil ich wieder einmal meine Flucht antreten werde.
„Das muss es nicht. Ich … mir … also eigentlich … wollte ich, muss ich wieder zurück nach Berlin und … deshalb bin ich hier … um mich zu verabschieden“, schießen mir so plötzlich Tränen in die Augen, die ich nicht zurückhalten kann, weil ich ganz genau weiß, dass ich sie nie wiedersehen werde und sie bereits jetzt schon schrecklich vermisse.
„Nicht weinen, Schatz. Ich werde immer bei dir sein und dich behüten, denk immer daran. Ich liebe dich, mein Kleiner“, zieht sie mich einfach nur lächelnd tröstend in ihre Arme und beweist mir wieder einmal ihre Stärke, für die ich sie schon immer beneide. Und von der ich hoffe, wenigstens irgendwo tief in mir drin ein kleines bisschen geerbt zu haben, auch wenn ich sie noch nicht entdecken konnte.
Kapitel 8
„Ben?“, erklingt Marcs Stimme viel zu sanft und besorgt hinter mir, kaum dass ich die Klinik so schnell wie nur möglich verlassen habe, um genau dieser Situation zu entkommen. Und es fällt mir unsagbar schwer, mich zu einem aufgesetzten Lächeln zu zwingen und mich zu ihm zu drehen. Was ihn allerdings nicht zu stören scheint, da er im nächsten Moment schon meinen Arm festhält und um mich herum läuft, um sich direkt vor mich zu stellen.
„Hey“, berührt er ganz behutsam meine Wange, was mich alles an
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