Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)
springen soll. Was ihn früher nicht mal eine Sekunde gekostet hätte, denn er ist ausnahmslos immer zu meiner Hilfe geeilt, ob zu recht oder unrecht spielte dabei für ihn keine Rolle. Was mir erneut deutlich macht, wie sich die Zeiten geändert haben.
„Wieso machst du deine Tür nicht auf und ignorierst all meine Anrufe, du elender Sack? Weißt du eigentlich, was ich mir für Sorgen gemacht habe, als ich gehört habe, dass du wieder in Berlin bist und trotzdem wie vom Erdboden verschwunden warst? Ich will sofort einen Ersatzschlüssel für deine Wohnung“, wechselt ihre Stimmung von sauer zu besorgt, während sie fordernd ihre Hand aufhält, zu der sich noch eine Zweite gesellt, die mir einen warmen Schauer über den Rücken jagt, weil ich diese sanften Finger unter Tausenden herausfiltern könnte und allein bei ihrem Anblick meine rechte Hand ganz leicht anfängt zu kribbeln, als würde sie sich ganz genau an die zarten Berührungen von der Untersuchung erinnern.
„Ich nehme auch gleich einen“, klingt Marcs Stimme dunkel und weich, was mir natürlich sofort eine wohlige Gänsehaut beschert, die ich auf der Stelle verfluche. Ebenso wie den ganzen verdammten Kerl vor meiner Nase und meine beste Freundin gleich mit, die ihn doch wahrhaftig gerade anstrahlt, als sei er das achte Weltwunder.
„Hi, ich bin Bea. Die beste Freundin von dem Knallkopf hier“, säuselt sie geradezu und deutet mit einer lockeren Geste auf mich, damit auch ja kein Zweifel besteht, von wem sie hier redet, was mich empört nach Luft schnappen lässt.
„Freut mich. Ich bin Marc, ehemalig bester Freund von dem Knallkopf“, entgegnet dieser aufgeblasene Mistkerl ihr darauf doch ohne mit der Wimper zu zucken, bevor ich irgendwas erwidern kann. Mit einem Wahnsinnslächeln, was mein Inneres in Aufruhr bringt, weil er gefälligst mich so ansehen soll und nicht sie.
„Vergesst es, sie hat einen Freund und er ne Tussi“, rutscht es deshalb auch viel schneller aus mir heraus als beabsichtigt und widmet mir wieder ihrer beider volle Aufmerksamkeit, die ich mir allerdings lieber erspart hätte. Denn plötzlich wird mir ziemlich bewusst, warum ausgerechnet Bea meine beste Freundin geworden ist. Sie ist das weibliche Gegenstück zu Marc. Mit dem gleichen zufriedenen Grinsen im Gesicht wie er, bei dem ich mich irgendwie ertappt fühle und mich sofort Hilfe suchend nach Jan umsehe, der das ganze Theater hier, ein paar Meter entfernt gegen seinen Schreibtisch gelehnt, äußerst interessiert beobachtet.
Doch allein ein flehender Blick von mir reicht aus, um ihn in Bewegung zu setzen, sodass er sich zu uns gesellt und sich kurz räuspert, um die anderen beiden auf sich aufmerksam zu machen und einen wirklich überzeugenden, bedauerlichen Blick aufsetzt, ehe er mich ansieht.
„Tut mir ja wahnsinnig leid, aber du weißt doch, dass wir in zwanzig Minuten diesen dringenden Termin mit Hank und Partner haben. Wir müssten also schnellstens los, sonst schaffen wir es niemals pünktlich. Du weißt, wie eklig die werden, wenn sie auch nur eine Minute warten müssen“, rettet mich Jan mit vollkommener Überzeugung aus dieser Lage, wofür ich ihn schon wieder knutschen könnte. Leider vergesse ich nur immer wieder, wie gut Marc mich eigentlich kennt und somit sollte mich sein skeptischer Blick nicht wirklich wundern, weil er ganz offensichtlich an dem ach so wichtigen und von mir vergessenen Termin zweifelt.
„Das ist ja blöd“, seufzt Bea allerdings enttäuscht, was zumindest verdeutlicht, dass sie es Jan anstandslos abkauft und mich immerhin etwas erleichtert. Auch wenn Marc alles andere als überzeugt aus der Wäsche guckt.
„Ja, zu blöd“, muss er natürlich sarkastisch deutlich machen, dass er uns, wie erwartet, die Sache nicht abkauft und bereitet mir mit seinem eindringlichen Blick unmittelbar eine Gänsehaut, die ihresgleichen sucht. Was mich natürlich sofort misstrauisch werden lässt, weil ich Marc einfach gut genug kenne.
„Hast du vielleicht Lust auf einen Kaffee, jetzt wo Ben keine Zeit hat? Wir könnten ja ein bisschen über unseren kleinen Knallkopf plaudern. Schicke Frisur übrigens, Ben“, mischt sich jedoch Bea ein und ist somit hier die wirkliche Gefahr und zwinkert Marc ganz dreist an. Womit sie dem Ganzen auch noch eine Krone aufsetzt, sodass mir schlagartig schlecht wird, allein bei der Vorstellung, was die beiden sich über mich austauschen könnten. Und ich wette, mir entweicht sämtliche Gesichtsfarbe, als Marc
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