Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)

Löffel gegen sein Wasserglas klopft. Woraufhin es sofort mucksmäuschenstill im Raum wird und er sämtliche Aufmerksamkeit auf sich ruhen hat und dabei aussieht, wie direkt aus einem Hochzeitsmagazin entsprungen.
    „Als kleiner Bruder der Braut, sehe ich es als meine Pflicht, einen Toast auf das Brautpaar auszubringen und es ist mir eine große Ehre, Alexander in unserer Familie willkommen zu heißen. Lissy ist die allerbeste Schwester, die man sich wünschen kann, und auch wenn du, Alex, mir ein klein wenig leid tust, sie von nun an Tag und Nacht ertragen zu müssen, bin ich dir doppelt dankbar, dass sie nun ein neues „Opfer“ gefunden hat“, scherzt Marc und lacht dabei so herzhaft, dass ich mich spätestens jetzt sowieso in ihn verliebt hätte, wenn ich es nicht längst wäre. Denn selbst wenn er eigentlich ein ansehnlicher Mann geworden ist, spiegelt sich immer noch der freche, charmante Junge in ihm wider, der mir damals stets beigestanden und so rücksichtslos meine Gefühlswelt durcheinander gebracht hat. Was er auch heute noch mit einer unsagbaren Leichtigkeit tut.
    „Ich weiß, wie glücklich du Melissa machst und ich beneide dich darum, dass du sicher und stark genug warst, auf Anhieb zu wissen und offen zu zeigen, dass du nur sie willst. Ich danke dir, dass du meine Schwester gefunden hast und ich danke ihr, dass sie immer an mich glaubt und mir beisteht, auch wenn ich noch so ein großer Trottel bin. Danke, Lissy, dass du mich immer wieder auf den richtigen Weg zurückbringst“, beendet er seine kleine Rede und beugt sich zu mir herunter, um mich ohne Vorwarnung oder Scheu vor allen Leuten faszinierend sanft zu küssen, wobei mir schlagartig der Atem stockt und mein Herz stolpert.
    Unmittelbar bin ich mir sämtlicher Augenpaare auf uns bewusst und spüre, wie eines sich ganz besonders schmerzhaft in meine Haut brennt, welches mich geradlinig trifft, als Marc sich wieder von mir löst und dem Brautpaar lächelnd zuprostet, während ich noch immer seine Lippen auf meinen spüre und um Fassung ringe.
    Ab dem Moment rauscht die Feier eigentlich nur noch wie ein Film an mir vorbei und ich muss gestehen, ich begreife den Streifen nicht richtig. Denn kaum, dass Marc seine Rede hinter sich hat, und ich im Begriff bin, ihn zu fragen, was das sollte, wird er von einigen Leuten in Beschlag genommen und weggezerrt, sodass ich auf meinem Stuhl sitze, wie festgetackert, und einfach darauf hoffe, dass er irgendwann ja wiederkommen muss und ich so zu einer Erklärung komme. Dabei ertappe ich mich auch immer wieder, wie ich einen prüfenden Blick zu dieser Jennifer werfe, weil ich jeden Moment damit rechne, dass sie wie eine Furie auf mich losgeht, auch wenn ich ja eigentlich gar nichts dazu kann. Wozu auch immer. Denn wirklich begreifen tue ich es selber nicht, was diese Aktion von Marc zu bedeuten hat.

Kapitel 21
    Auch wenn bisher erst knapp eine gute halbe Stunde vergangen ist, seitdem Marc mit den anderen Typen verschwunden ist, hatte ich genug Gelegenheit mir die tollsten Szenarien auszumalen, warum er mich gerade geküsst hat und was er damit bezwecken wollte. Und bei keiner einzigen dieser kleinen wilden Fantasien, die ich durchlebe, komme ich gut bei weg. Immer wieder endet es damit, dass er mich einfach nur bloßstellen und vorführen wollte.
    Allerdings erklärt das nicht, wieso er es vor dieser Jennifer getan hat, die mich, seit Marc den Saal verlassen hat, eingehend mit ihrem kalten Blick fixiert, als würde sie nur auf die passende Gelegenheit warten, um loszustürzen und mich niederzumachen. Was mir nur mehr ein weiteres tiefes Seufzen entlockt. Denn ich hab wirklich absolut keine Lust, mich mit dieser Person abzugeben, geschweige denn wegen einer Auseinandersetzung mit ihr, die gar nicht nett ablaufen kann, Lissys Hochzeitsfest irgendwie zu verderben. Also bleibe ich ganz brav hier sitzen, mache mich so unbemerkbar wie möglich, auch wenn ich mir der neugierigen Blicke einiger Angehöriger von Marc und Lissy durchaus bewusst bin, und warte darauf, dass Marc ja irgendwann wieder zurückkommen muss.
    Bevor ich jedoch weiter in meinen Überlegungen, wo er stecken könnte, versinke, reißt Melissa mich aus meinen Gedanken und strahlt mich heller als die Sonne an, was ich ganz selbstverständlich sofort erwidere. Das hier ist im wahrsten Sinne des Wortes ganz offensichtlich der glücklichste und schönste Tag in ihrem Leben und man spürt es mit jedem Blick, jeder Geste von ihr. Ich freue mich so sehr