Schatten der Wahrheit
der Soldat an der Straßensperre. »Wollen Sie Ihren Mech hier lassen?«
»Nein.«
Die Söldner unterhielten sich leise. Einer von ihnen griff nach einem Feldtelefon. Nach einer Weile erhielt er Antwort.
»Der Boss sagt, Sie können durch. Die Straße hoch. Jack wartet auf Sie.«
Bishop steuerte den Rudeljäger die Straße entlang, bis sie Jack Farrell auf dem Bürgersteig an einem Tisch sitzen sah. Sein gigantischer Jupiter ragte unbemannt neben ihm auf.
»Kommen Sie runter«, forderte Farrell sie auf. Er hatte ein Kartenspiel in der Hand und legte eine Patience. Abgesehen von seiner Kleidung - eine Kampfmontur in Wintertarnfarben und die fingerlosen Handschuhe eines Scharfschützen - wirkte er genauso wie bei ihrer ersten Begegnung, beim Pokerspiel an Bord der Pegasus.
Bishop zögerte einen Moment. Dann gab sie nach und holte ihren Wintermantel aus dem Staufach. Sie legte sich den Mantel über die Schultern, öffnete die Luke und kletterte nach unten.
»Ruhen Sie sich aus«, sagte der Söldnerführer und deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. Er sammelte die Karten wieder ein und mischte sie, ohne hinzusehen. »Was kann ich für Sie tun?«
Bishop blieb stehen. »Ich hätte gern ein paar Informationen«, antwortete sie. »Hat jemand Paladin Crow gesehen?«
»Ja.« Farrell legte den Stoß Karten auf den Tisch, hob ab und mischte weiter.
»Also, wir warten«, bellte Bishop. »In diesem Augenblick findet ein Angriff statt. Sie sollen sich an der rechten Flanke der Stahlwölfe aufstellen.«
»Da irren Sie sich«, widersprach Farrell. »Wir haben mit Crow geredet, und wir haben einen Kontrakt.«
In Bishops Magengrube breitete sich ein flaues Gefühl aus. »Was genau steht in diesem Kontrakt?«
»Nun, teilweise ist er vertraulich.«
»Ich finde, das geht auch uns etwas an... Aber egal. Hauptsächlich geht es mir darum, dass Sie die
Befehle des Paladins ignorieren. Sie sollen einen Angriff leiten, nicht hier unter einem Baum sitzen und mit sich spielen.«
Jack Farrell lachte. »Noch ein Irrtum. Wir erfüllen unseren Kontrakt. Unser Befehl lautet, hier zu sitzen. Wenn auch nicht ausdrücklich von Bäumen die Rede ist.«
An Stelle des flauen Gefühls in Bishops Eingewei-den schien ihr plötzlich der Boden unter den Füßen wegzufallen. Das hier war schlimmer als Söldner, die sich wie... nun ja, wie Söldner benahmen. Das war... »Das hat der Paladin angeordnet?«
»Ja.«
Sie zuckte mit keiner Miene und behielt sogar ihre Stimme unter Kontrolle, auch wenn es sie eine solche Anstrengung kostete, dass es schmerzte. »Ich würde gern mit ihm reden.«
»Geht nicht«, informierte sie Farrell. »Er ist heute Morgen durch die Linien zum Raumhafen. Dreißig, fünfundvierzig Minuten später hob ein Landungsschiff ab. Er ist fort. Und wir führen seine letzten Befehle aus.«
»Das kann ich nachprüfen«, erwiderte Bishop.
»Ich weiß.«
»Und wie stellt sich Ihre Beziehung zu den Highlanders gemäß diesen letzten Befehlen dar?«
»Um genau zu sein«, erklärte Farrell, »sollen wir sicherstellen, dass Sie sich nicht in westlicher Richtung aus der Stadt zurückziehen. Wir sollen Sie in der Stadt festhalten, während die Wölfe Sie zerschla-gen. Es ist nicht persönlich gemeint, das versichere ich Ihnen.«
»Der Paladin ist fort«, stellte Bishop fest. Ist desertiert, wollte sie sagen. Ist zum Verräter geworden und hat uns dem Feind ausgeliefert. Aber mit Söldnern über Verrat zu reden, war sinnlos. »Lassen Sie uns über eine neue Vereinbarung sprechen.«
Farrell schüttelte den Kopf. »Er mag weg sein, aber der Kontrakt ist noch nicht abgelaufen. Wie würde das aussehen, wenn wir anfingen, gültige Kontrakte zu ignorieren? Niemand würde uns mehr anheuern. Aber ich sage Ihnen was. Sie haben's drauf. Sie haben das, worauf es in diesem Gewerbe ankommt. Und Sie haben einen Mech. Was halten Sie davon, sich uns anzuschließen? Es kann nie schaden, auf der Gewinnerseite zu stehen. Die Bezahlung ist gut, und das Essen auch.«
»Ich fühle mich geehrt«, gab Bishop zurück und überließ es ihrem Tonfall, auszudrücken, dass nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein konnte. »Aber ich muss Ihr Angebot wohl ablehnen. Wie wäre es, wenn wir abheben? Wenn Sie die höhere Karte ziehen, bleiben Sie hier. Wenn ich sie bekomme, kommen Sie mit.«
»Der Vorschlag gefällt mir gar nicht«, antwortete Farrell. »Eine nette Partie Poker ist die eine Sache, aber wenn ein Kontrakt auf dem Spiel steht, sieht alles ganz
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