Schatten Des Dschungels
zwei schwarz vermummte Gestalten sich durch die Tür drängen. Im ersten Moment bleibe ich einfach stehen, trotz allem kann ich nicht glauben, dass dies hier wirklich geschieht.
»Cat, Achtung!«, brüllt Andy und springt erschrocken auf, mit einem dumpfen Geräusch fällt sein Notebook auf den Teppich.
Einer der Typen trägt einen schwarzen Revolver, der seltsam länglich aussieht, und schwenkt die Mündung quer durchs Zimmer. Ganz kurz irrt ein roter Laserpunkt durch die Wohnung, erfasst ein Ziel nach dem anderen, tanzt über Andys Körper. Andy erstarrt, wagt nicht mal, die Hände zu heben. Mich erfasst der rote Punkt nicht mehr, instinktiv bin ich in die Küche gehuscht, außer Reichweite. Was passiert hier? Ich zittere am ganzen Körper und meine Gedanken irren herum wie aufgeschreckte Ameisen. Ich brauche irgendeine Waffe, und zwar schnell. Ja! Da vorne! Die Küchenmesser!
Meine Schrecksekunde war zu lang – hinter mir kommt einer der Kerle durch die Tür und packt mich, bevor ich das Magnetbrett mit den Messern erreichen kann. Er reißt mir den Arm nach hinten und knallt meinen Kopf auf die Kunststoffarbeitsplatte, es tut saumäßig weh, mir steigt vor Schmerz das Wasser in die Augen. Aber genau neben mir ist der Herd, und mit der Hand, die noch frei ist, erreiche ich den Henkel des Topfs. Ich reiße den Topf herunter, schütte dem Kerl das Nudelwasser über und hoffe, dass ich seine Hand erwischt habe oder irgendein anderes Stück freiliegender Haut.
Au, verdammt! Ein paar Spritzer habe ich selbst abgekriegt, aber das meiste hat den Typen getroffen. Er grunzt vor Schmerz, und in dem kurzen Moment, in dem sich sein Griff lockert, reiße ich mich los, hole aus und donnere ihm den heißen, schweren Topf gegen die Schläfe. Es klingt nicht wie ein Gong, sondern wie ein dumpfes Plock , aber immerhin, der Mann taumelt und versucht fluchend, sich abzustützen – ausgerechnet auf dem heißen Kochfeld. Diesmal brüllt er richtig. Ohne nachzudenken, hämmere ich den Topf noch einmal auf seine Hand, und dabei löst sich ein Schrei aus meiner Kehle, so unirdisch schrill und laut und wütend, dass er mir selbst Angst macht.
Erschrocken stolpert er zurück und ich kann an ihm vorbeiwitschen ins Wohnzimmer. Die Waffe, die Waffe, was ist mit der Waffe? Gerade in diesem Moment löst sich ein Schuss und dann noch einer.
Andy! Nein! Haben sie Andy erschossen?
Auf dem Teppich liegt mein zerstörtes Pad, die Kugel muss mitten hindurchgegangen sein. Splitter und Metallteile überall. Aber da ist auch Blut auf dem Boden, furchtbar rot auf dem schwarz-weißen Teppich. Mein Blick fliegt durch den Raum, erfasst den zweiten Mann, der sich gerade nach Andys Notebook bückt und versucht, es unter dem Sofa hervorzuziehen. Aber wo ist Andy?
Anscheinend auf dem Weg nach draußen, ich höre ihn durch den Flur hetzen. »Renn!«, brüllt er mir zu, und noch während der andere Typ herumfährt, sprinte ich Andy schon hinterher. Hinter mir höre ich Schritte. Der Kerl mit der Knarre ist mir dicht auf den Fersen, ich kann es spüren und werde fast wahnsinnig vor Angst.
Aber im Flur steht noch jemand, ein gebeugter alter Herr mit grauem Bürstenhaarschnitt, flammenden Augen und einem Golfschläger in der Hand. Ist das Bernd, der ehemalige Kampfpilot?
»Was fällt Ihnen ein!«, raunzt er jemanden an, dann höre ich einen dumpfen Aufprall und gleich darauf noch einen, Flüche, ein Poltern.
»Ich ruf die Polizei!«, kreischt jemand im ersten Stock.
Andy und ich rennen weiter, nehmen drei Stufen auf einmal, an einer Frau im geblümten Kleid vorbei. Wir drängen uns durch die Eingangstür nach draußen, stolpern weiter, aufeinander gestützt. Jetzt sind wir auf dem Bürgersteig, es ist schon dunkel und niemand in Sicht; wir laufen die Straße entlang Richtung Goetheplatz. Schnell merke ich, dass Andy verletzt ist, er umklammert seinen linken Arm, Blut suppt durch den Ärmel seines zerrissenen Langarmshirts. Bei dem Anblick wird mir ganz schwindelig, aber ich kann mir nicht leisten, jetzt in Ohnmacht zu fallen.
»Ich hätte nicht versuchen sollen, meinen Computer zu verteidigen«, murmelt Andy. »Der Typ hat wirklich geschossen, einfach so …«
Er hat seinen blöden Computer verteidigt? Mann. Aber sieht ihm irgendwie ähnlich. Eine Bemerkung dazu verkneife ich mir, schließlich habe ich in letzter Zeit auch genügend Mist gebaut.
Ich schaue mich nicht um, ob uns jemand verfolgt, sollen sie uns doch in aller Öffentlichkeit
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