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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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Aha, ich habe es mit einer Frau Elvira Meister zu tun. Durch ihren Namen wird sie für mich auf einmal zu einem richtigen Menschen. Bestimmt hat sie einen Ehemann, Hobbys, schlechte Angewohnheiten, ein Lieblingsessen. Ob der Job ihr Spaß macht? Wahrscheinlich ärgert sie sich über ihr mieses Gehalt. Freut sie sich, wenn sie mal wieder einen Schwarzfahrer erwischt hat? Vielleicht bekommt sie für jeden eine Prämie.
    Ich prüfe ihren Ausweis gründlich, während die S-Bahn in die nächste Station einrauscht. Ein älterer Mann, der etwas verwahrlost aussieht, verlässt hastig die Bahn. Wie lustig. Sieht so aus, als hätte ich nebenbei einen Schwarzfahrer gerettet.
    Die ganze Sache fängt an, mir Spaß zu machen. Während die Kontrolleurin immer ungeduldiger wird, entscheide ich mich, noch eins draufzulegen. »Frau Meister, was halten Sie eigentlich davon, dass die Ticketpreise seit Jahren immer wieder erhöht werden, obwohl der Service eher schlechter geworden ist? In keiner anderen Stadt kosten die Fahrkarten so viel wie in München.«
    Alle Fahrgäste, die es gehört haben, starren mich an, ein paar nicken zustimmend. Einen Moment lang wirkt die Kontrolleurin fast erschrocken, vielleicht weil ich sie mit ihrem Namen angeredet habe. Doch dann sehe ich, wie sie die Lippen zusammenkneift. »Ihre Fahrkarte bitte, für Diskussionen habe ich keine Zeit«, sagt sie kühl und platziert sich so, dass sie mir den Fluchtweg verstellt. Einer ihrer Kollegen nähert sich, Jagdfieber in den Augen. Sie sind fast sicher, dass sie mal wieder einen guten Fang gemacht haben.
    »Ich bekomme also keine Antwort?«, frage ich höflich.
    Einen Moment lang ringt sie um Worte, sieht es fast so aus, als würde sie etwas halbwegs Normales sagen, so ganz von Mensch zu Mensch. Doch dann reagiert sie wieder, wie sie es wahrscheinlich gelernt hat. »Zeigen Sie mir bitte Ihren Ausweis«, sagt sie wie ein Roboter. Aber sie ist nicht halb so gelassen, wie sie sich gibt. Diesmal ist es nicht mein Gesicht, das gerötet ist, sondern ihres. »Ich muss jetzt einfach annehmen, dass Sie …«
    »Vielleicht tut es die hier auch«, sage ich und halte ihr meine frisch abgestempelte Fahrkarte vor die Nase. Schweigend kontrolliert Frau Meister sie, und zwar ebenso gründlich, wie ich mir ihren Ausweis angesehen habe.
    »Warum nicht gleich so«, meint ihr Kollege zu mir und kopfschüttelnd gehen die beiden weiter.
    »Und, war’s schwer?«, fragt Falk lächelnd.
    »Nee«, sage ich. »Weniger, als ich erwartet habe.«
    Unsere Hände verschränken sich. »Du hast gemerkt – es passiert nichts. Nichts Schlimmes jedenfalls. Man braucht keine Angst davor zu haben, wirklich nicht.«
    »Ja, das habe ich gemerkt«, sage ich und muss plötzlich lachen. Weil ich doch ziemlich nervös war vorhin. Weil ich mich jetzt so gut fühle. Weil ich spüren kann, wie ich stärker werde.
    Eigentlich bin ich eine Niete in Kunst. Warum macht es mir solchen Spaß, mit Falk zusammen durch die Wälder zu streifen und Werke zu hinterlassen, die schon nach ein paar Tagen wieder zerfallen? Wir verwenden Steine, Herbstblätter unterschiedlicher Farben, die wir mit Dornen zusammenfügen, kleine Äste – alles, was wir vorfinden. Und mit etwas Glück entsteht daraus ein Stück Schönheit.
    »Sag mal, hast du so was eigentlich schon vorher gemacht?«, frage ich Falk irgendwann.
    »Nein«, sagt er. »Irgendwie bin ich nie auf die Idee gekommen. Du?«
    Ich schüttele den Kopf. »Wahrscheinlich muss man dafür ein bisschen verrückt sein.«
    Er lächelt mich an. »Na ja, ein bisschen. Aber nicht sehr.«
    »Stimmt«, gebe ich zu. »Richtig verrückt wäre zum Beispiel, im Bademantel in eine Kneipe zu gehen oder so was.«
    »Das wäre eine prima Übung«, sagt Falk, ohne eine Miene zu verziehen.
    Meint er das ernst? Ja, sieht fast so aus. Ich muss lachen. »Okay. Aber nur, wenn du mitkommst.«
    »Na klar. Wenn du mir einen Bademantel leihen kannst. Ich hab keinen.«
    Zum Glück ist bei mir daheim gerade niemand zu Hause, meine Eltern sind im Theater und Juliet bei einer Freundin. Lachend und frotzelnd ziehen wir uns um, und ich gehe das Risiko ein, Falk den braunen Bademantel meines Vaters zu geben, ich selbst nehme meinen eigenen aus türkisfarbener Mikrofaser. Dann ziehen wir uns Badelatschen an und machen uns so auf den Weg ins »Ysenegger« , das bei uns direkt um die Ecke ist. Falk schlurft so selbstverständlich die Straße entlang, als wäre er ständig so unterwegs. Die Leute, die uns

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