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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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auch Sarah nicht mehr weiter.
    Ich weiß die wahre Antwort selbst nicht. Ist etwas zwischen uns oder nicht? Bisher haben wir uns noch nicht mal geküsst, und ich weiß nie, wann ich Falk das nächste Mal sehen werde. Einmal bin ich vor der Schule an der Isar laufen gegangen und wollte ihm Guten Morgen sagen, aber sein altes Camouflage-Zelt war leer. Übernachtet er gerade irgendwo anders, weil es in den letzten Tagen viel geregnet hat und herbstlich-kühl geworden ist? Ich weiß es nicht. Auf meine SMS antwortet er nie, ans Telefon geht er auch nicht gerade oft und seine Mails sind selten mehr als zwei Zeilen lang. Nein, eigentlich drei, denn unter jeder steht ein lateinisches Zitat. Ich lasse sie mir von meinem Pad übersetzen.
    Das Gleiche und nicht das Gleiche zu wollen, darin ist die Freundschaft begründet.
    Nachgiebigkeit macht Freunde, während die Wahrheit Hass erzeugt.
    Ein Freund ist der beste Besitz des Lebens.
    Generationen kommen und gehen, die Erde aber ist ewig.
    Die Zitate gefallen mir, aber es ist eine Qual, so oft an Falk zu denken und doch nicht bei ihm sein zu können. In der Zwischenzeit sperre ich die Ohren auf und höre mir an, was man so über ihn sagt. Andy – der Typ von der Party neulich – hat Eloísa erzählt, Falk sei hier in München an der Uni eingeschrieben. Aber das Fach weiß er auch nicht. Ein Mädchen, das Falk anscheinend flüchtig aus Berlin kennt, meint, er spreche fließend Latein. Von irgendjemand anderem hat sie gehört, er sei mal mit einem Mädchen aus Norwegen zusammen gewesen. Sonstige Mädchen – Fehlanzeige. Ein Frauenheld scheint er zum Glück nicht zu sein. Dafür sind über seine Eltern die wildesten Gerüchte im Umlauf, irgendjemand behauptet, Falks Vater war früher ein Offizier bei der Stasi. Aber ob das stimmt? Die DDR ist schließlich schon 1989 zusammengebrochen, kann sein Vater wirklich so alt sein?
    Während ich noch dabei bin, all das seelisch zu verdauen, ruft Falk endlich mal wieder an und erzählt, dass er heute Abend bei einem Freund eingeladen ist. »Hast du Lust, auch hinzukommen, Cat? Ich würde mich total freuen.«
    Er würde sich freuen . Mein Herz schlägt einen Salto nach dem anderen. »Ja, klar, gerne, gibst du mir die Adresse?«
    Ich sage meiner Mutter – mein Vater ist gerade geschäftlich unterwegs –, dass ich mich mit Eloísa treffe. Keine Ahnung, warum. Es passt nicht recht zu dem, was ich in letzter Zeit geübt habe. Aber ich bin einfach noch nicht bereit, mit meinen Eltern darüber zu reden, was in mir vorgeht. Dass ich mich verliebt habe, ist ganz allein meine Sache.
    »Sei bitte um halb eins daheim, schließlich ist morgen Schule«, sagt meine Mutter. Ich nicke ohne Begeisterung. Halb eins, das ist eigentlich ein schlechter Witz, aber ich habe keine Lust, jetzt einen Riesenaufstand à la Juliet deswegen zu machen. Irgendwie ist diese Rolle schon vergeben, ich würde mir darin dämlich vorkommen. Meine Mutter ist eigentlich auch ganz okay. Nicht so streng wie Papa und sehr praktisch veranlagt. Sie kann innerhalb von fünf Minuten ein Zelt aufbauen, und wenn man ihr noch zehn Minuten mehr Zeit gibt, macht sie auch noch ein Lagerfeuer und hat das Essen fertig. Vielleicht kommen wir auch deshalb ganz gut klar, weil meine Mutter mich schon mit 21 bekommen hat; sie weiß ungefähr noch, wie es sich anfühlt, jung zu sein. Mein Vater ist zehn Jahre älter als sie.
    Die Adresse, die mir Falk gegeben hat, ist in der Nähe der U-Bahn Wettersteinplatz. Ich komme an einem »Flimmerhaus« vorbei, einem Altbau aus Beton, der von den Bewohnern nach und nach mit Stücken verschiedenfarbiger Solarfolie beklebt worden ist, um Strom zu gewinnen. Im ersten Moment denke ich, dieses Haus könnte der Treffpunkt sein, aber mein Navi führt mich weiter. Erst ein paar Minuten später teilt es mir mit, dass ich die richtige Adresse erreicht habe. Neugierig schaue ich an dem vornehm wirkenden, mit Stuck verzierten, aber etwas heruntergekommenen Wohnhaus hoch. Ich gehe durch einen mit Marmor verkleideten Eingangsbereich, steige die breite, aber ziemlich abgewetzte Holztreppe hoch und klingele im ersten Stock. Gedämpft höre ich Stimmen, ich verstehe ein paar englische Brocken. Dann geht die Tür auf und ein rundlicher Typ mit Sommersprossen und rotbraunen Rastalocken strahlt mich an. »Good morning«, sagt er fröhlich, obwohl es draußen schon dunkel wird. »Come on in!«
    Mit klopfendem Herzen trete ich über die Schwelle. Es ist eine typische

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