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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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abzuwenden. »Wenn es sie nicht gäbe, wäre in Afrika schon keine Wildnis mehr übrig, und längst würden Horden von Menschen auf jedem Fitzelchen Land ihre jämmerlichen Hütten bauen. Verstehst du, warum die Tsetsefliege nicht ausgerottet werden darf, Cat?«
    »Ja«, sage ich ernst. »Das verstehe ich.«
    Eine Weile schweigen wir alle nachdenklich. Ich muss an die acht Milliarden Menschen denken, die zurzeit auf der Erde leben. Wie viele Homo sapiens kann unser Planet noch ertragen? Dass ich es laut ausgesprochen habe, merke ich erst, als die beiden Jungs mich anblicken.
    » Homo sapiens , allein der Name ist ein einziger Hohn«, sagt Falk. »Der weise Mensch! Kein besonders guter Name für unsere Art, wie sich herausgestellt hat.«
    Wir überlegen uns gleich ein paar bessere: Homo egoisticus. Homo stupidus maximus. Homo brutalus.
    »Wie würde man sagen ›Mensch, der nur mit bestimmten Körperteilen denkt, die eigentlich zu ganz anderen Zwecken da sind‹?«, fragt das Mädchen aus der WG, das kurz im Wohnzimmer vorbeigekommen ist. Trocken meint Falk: »Homo eroticus.«
    »Right!«, sagt Pancake und geht raus, um eine zu rauchen. Hey, es gibt ja doch noch Leute, die qualmen.
    Es macht unglaublichen Spaß, mit Falk und Pancake zu quatschen. Wild springen wir von einem Thema zum anderen, diskutieren die amerikanische Bürgerrechtsbewegung, das Borderline-Syndrom von Pancakes Mutter, die Politik der grün-schwarzen bayerischen Landesregierung und die Tatsache, dass Gummibärchen immer am besten schmecken, wenn man sie heimlich isst.
    Ich mag Pancake, und trotzdem bin ich froh, als er endlich zu gähnen anfängt und sagt: »Ich verzieh mich mal ins Bett, aber lasst euch nicht stören, bleibt, so lang ihr mögt. Good night!«
    Auch die anderen WG-Mitbewohner sind entweder weg oder schlafen gegangen. Nun sind Falk und ich allein. Endlich. Wir hocken dicht nebeneinander auf dem Sofa, hören Closer von den Kings of Leon – einen meiner Lieblings-Oldies –, und das weiche Licht einer Bodenlampe erhellt das Wohnzimmer, das in einem warmen Orange gestrichen ist. Ich fühle mich wohl hier, mit ihm. Geborgen und sicher.
    Als Falk kurz aufsteht, um sich noch ein Bier zu holen, nehme ich sein Lesegerät vom Rand des Sofas und scrolle einfach mal durch, was er für Bücher gespeichert hat. Es ist ein wilder Mix. Seneca. Margaret Atwood. Edgar Allan Poe. Zwei gerade erschienene Sachbücher, eins über Politik, das andere über Biopiraterie.
    »Meine Eltern haben mir eine Flatrate geschenkt, ich lade mir alle paar Tage ein paar neue Bücher auf den Reader, wenn ich die alten durchhabe«, erklärt Falk. Alle paar Tage? Wow. »Wahrscheinlich sprichst du sogar wirklich fließend Latein«, platze ich heraus und sofort tut es mir leid. Jetzt weiß er, dass ich mir die dämlichen Gerüchte über ihn angehört habe …
    Aber Falk schaut nicht vorwurfsvoll drein, eher verlegen. »Huius rei non teneor.« Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Was heißt das?«
    »Es heißt so viel wie ›Ich kann nichts dafür‹. Es war wirklich nicht meine Idee, so was zu lernen. Mein Vater ist ein großer Asterix-Fan. Er hat mich gezwungen, sämtliche Asterix-Bände in Lateinisch zu lesen, das sollte irgendwie gut für mich sein. Beim Abendbrot musste ich die Story dann nacherzählen. Natürlich in Originalsprache.«
    Ich muss lachen. »Auch Bildungsbürger können grausam sein. Wieso hast du eigentlich keinen Namen aus der Antike abbekommen?«
    »Da konnte sich ausnahmsweise mal meine Mutter durchsetzen. Sonst hieße ich jetzt Julius«, sagt er und dann legt er den Arm um mich. Einfach so, ohne Aufhebens. Als sei es gar nichts Besonderes. Einen Moment lang bekomme ich kaum Luft vor Freude. Dann blickt Falk mich an und fragt: »Und, was haben deine Eltern mit dir so angestellt?«
    Ich zucke die Achseln und kuschele mich gegen seine Schulter, Falk zieht mich noch fester an sich. »Nichts wirklich Schlimmes. Mich in ungefärbte Fair-Trade-Stoffe gekleidet und auf die Waldschule geschickt.«
    »Eine Waldschule? Wie cool.« Seine Augen leuchten. »Erzähl.«
    Es tut so gut, ihm von meiner alten Schule zu erzählen, was sie mir bedeutet hat, was ich dort gelernt habe, wie ich sie noch immer vermisse. Und natürlich reagiert Falk völlig anders als dieser Andy auf der Party. »Sogar einen Klettergarten hattet ihr dort? Mann, was hätte ich darum gegeben, auf so eine Schule gehen zu können. Die würde ich mir gerne mal anschauen.«
    »Kein Problem«, sage ich,

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