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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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ich mir’s doch gedacht, dass du kein Taxi rufst, du störrisches Biest«, sagt er. »Glaubst du im Ernst, dass ich dich allein durch ganz München heimgehen lasse? Um diese Zeit sind zu viele seltsame Typen unterwegs.«
    Anscheinend hat er mich durchs Fenster beobachtet, um zu schauen, was ich mache. »Na gut«, sage ich mit einer Spur von Trotz. »Aber wenn du mitwillst, dann in meinem Tempo, okay?«
    »Okay«, meint er und schweigend laufen wir nebeneinanderher durch die Nacht. Falk ist ziemlich fit, aber ich merke trotzdem bald, dass er kein Läufer ist. Er atmet zu flach; wenn er so weitermacht, bekommt er bald Seitenstechen. Pech für ihn, dass er außerdem die falschen Schuhe anhat.
    Wir laufen die Humboldtstraße entlang, hin und wieder streichen Lichtfinger über den Asphalt, wenn ein Auto vorbeikommt. Eine Ratte schnuppert seelenruhig am schmalen Grünstreifen neben der Straße entlang und sucht nach Futter. Sie ignoriert uns und wir lassen sie in Ruhe. Auch ein paar Gehwegroboter sehen wir; sie haben sich tagsüber mit Sonnenenergie aufgeladen und putzen nun fleißig vor sich hin. Einer von ihnen hat einen Hundehaufen entdeckt und nimmt eine Probe davon. Morgen wird der DNA-Abgleich dem Besitzer des Hundes einen Strafzettel bescheren.
    Wir überqueren die Isar an der Wittelsbacher Brücke, folgen der Kapuzinerstraße und kommen am Ort der Demo vorbei. »Kommt mir total lang her vor«, sagt er und ich nicke. Schon sind wir daran vorbei, laufen weiter. Wir haben gerade mal die Hälfte der Strecke geschafft und Falk schnauft schon ziemlich. Aber er denkt gar nicht daran, um eine Pause zu bitten. Ich biete auch keine an.
    Jetzt müssen wir durch die Gegend rund um den Hauptbahnhof, und plötzlich bin ich doch ganz froh, dass Falk bei mir ist. Junge Frauen mustern uns ausdruckslos; sie tragen Kleider, die über die ganze Länge seitlich geschlitzt sind, Leuchtdioden betonen die Form ihrer Körper. Ich muss an einem bulligen Mann vorbeirennen, dessen Lederjacke über und über mit Metallstacheln besetzt ist, er schaut mir nach. Wo sind eigentlich all die Polizeistreifen, mit denen München immer wirbt?
    Um kurz vor drei sind wir schließlich am Rotkreuzplatz, zwei Minuten später am Ziel. Schwer atmend lehnt sich Falk an den Türrahmen, er ist völlig durchgeschwitzt.
    »Du hast super durchgehalten«, flüstere ich ihm zu, während ich so leise wie möglich die Eingangstür aufschließe. »Komm, ich hol dir ein Glas Wasser.«
    Ich mag ihn mehr denn je in diesem Moment. Wie viele Jungs hätten das schon für mich getan? Einfach so mitzulaufen, um diese Uhrzeit? Immerhin muss er jetzt auch noch zurück. Schlaf bekommt er heute Nacht keinen mehr.
    Wir schleichen durch den Flur, dann drehe ich behutsam den Schlüssel in unserer Wohnungstür. »Gut, dass meine Eltern kein Identifizierungssystem installiert haben«, flüstere ich Falk zu. »Sonst wäre jetzt die genaue Uhrzeit meiner Rückkehr im System protokolliert …«
    Das Flurlicht flammt auf, furchtbar grell, ich zucke zusammen. Ach du Schreck, da steht meine Mutter, in ihren alten grünen Bademantel gewickelt und das Gesicht total verkniffen. Starr vor Schreck blicke ich sie an und fühle mich, als wäre ich so ungefähr fünf und gerade mit der Hand im Bonbonglas ertappt worden. Doch dann tritt Falk neben mich und plötzlich werde ich wieder ganz ruhig. Habe ich nicht irgendwie auf den richtigen Moment gewartet, von ihm zu erzählen? Tja, sieht fast so aus, als sei dieser Moment gekommen. Egal ob ich will oder nicht.
    »Hallo, Mom«, sage ich einfach. »Darf ich dir meinen neuen Freund vorstellen? Falk Kellenberg. Ich habe ihn bei Living Earth kennengelernt.«
    Aus den Augen meiner Mutter flammt noch immer der Zorn, und einen schrecklichen Moment lang denke ich, dass sie mir jetzt und hier, vor Falk, eine Szene machen und mich anschreien wird. Aber ich habe meine Mutter unterschätzt. Sie knotet einfach nur den Gürtel ihres Bademantels neu, heftig, mit ruckartigen Bewegungen. Dann streckt sie ebenso abrupt die Hand aus, Falk entgegen, der noch immer ziemlich fertig aussieht. »Schön, dich kennenzulernen«, presst sie hervor und ringt sich ein Lächeln ab.
    »Sie kann nichts dafür«, sagt Falk ruhig, während er ihre Hand nimmt. »Wir haben einfach die Zeit vergessen.«
    Ein Geräusch lässt mich zur Seite blicken. Juliets Zimmertür steht offen, meine Schwester blinzelt schlaftrunken ins Licht. »Was geht denn hier ab?«, fragt sie, dann sieht sie Falk

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