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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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und wir vereinbaren, dass wir am Wochenende mit dem Rad hinfahren.
    Dann sagen wir nichts mehr, sondern sehen uns einfach nur in die Augen. Wie damals bei der Demo, wie schon am Ufer der Isar. Unsere Gesichter nähern sich einander, bis es nichts mehr gibt in der Welt als uns beide. Er riecht nach Kiwi-Shampoo und seine Wangen sind ein klein wenig kratzig. Ganz vorsichtig küssen wir uns. Seine Hände gleiten über meinen Rücken, streichen über meine Schultern, meine Arme. Ich kann nicht mehr denken, ich will nichts mehr denken, jetzt will ich einfach nur noch spüren. Ganz hier sein, hier bei ihm.
    Aber nach dem Kuss fällt mein Blick zufällig auf eine kleine Uhr, die auf einem Schränkchen steht. Oh nein, es ist zwei Uhr! Vor eineinhalb Stunden hätte ich zu Hause sein müssen!
    Und die letzte U-Bahn habe ich gerade verpasst.

Nach Mitternacht
    Im ersten Moment ächze ich nur so etwas wie »Zwei! Uhr! Shit!« und springe hektisch auf, doch dann setzt so etwas wie ein Rest von Denkvermögen ein und signalisiert mir, dass ich mich eigentlich wieder setzen kann. In meiner Geldbörse stecken höchstens noch zehn Euro, das reicht gerade mal für einen Veggie-Döner, aber nicht für ein Taxi nach Hause. Ich glaube nicht, dass Falk Geld hat, nein, ich will mir nichts von ihm leihen. Am besten ist wahrscheinlich, ich nehme um vier Uhr dreißig die erste U-Bahn nach Hause. Dann bin ich immer noch deutlich vor dem Frühstück da, und mit viel Glück merken meine Eltern nicht mal, dass ich zu spät nach Hause gekommen bin; sie selbst machen meist schon um zehn das Licht aus. Es ist ein gutes Zeichen, dass sie noch nicht angerufen oder mir eine wütend-ängstlich-besorgte Nachricht geschickt haben.
    »Bleib doch einfach hier«, schlägt Falk gelassen vor. »Das Sofa ist breit genug und wir finden schon noch ein paar Decken.«
    Bei Falk zu bleiben wäre so herrlich, noch vor ein paar Minuten hätte ich nichts lieber getan als das. Aber jetzt merke ich, dass ich mich nicht mehr entspannen kann. Und dass er überhaupt nicht betroffen wirkt, sich gar nicht dafür interessiert, dass ich einen Riesenärger bekommen werde, irritiert mich. Vielleicht denkt er nur darüber nach, ob er noch ein Kondom dahat oder nicht. Ich stehe mitten im Raum, schaue Falk an und frage plötzlich: »Sag mal, warum beantwortest du eigentlich meine SMS nicht?«
    Etwas geht in seinem Gesicht vor, etwas, das ich nicht deuten kann. Dann sagt er: »Komm, setz dich und reg dich erst mal ab«, und jetzt bleibe ich natürlich erst recht stehen. Es hat keinen Sinn mehr zu bleiben, die Stimmung von vorhin ist hinüber. Mir fällt ein, dass es nur ungefähr acht oder neun Kilometer bis nach Hause sind. So viel laufe ich normalerweise schon vor dem Frühstück. Ich brauche kein Taxi.
    Ohne ein weiteres Wort gehe ich in den Flur und fange an, meine Schuhe anzuziehen, zum Glück habe ich heute meine Sneakers an. Falk beobachtet mich; falls er enttäuscht ist, lässt er es sich nicht anmerken. »Was wirst du machen?«
    »Zu Fuß heimlaufen«, sage ich knapp.
    Diesmal habe ich es geschafft, ihn zu verblüffen. »Mitten durch die Stadt?! Die Straßenlaternen sind schon aus.«
    Seit ein paar Jahren wird in München zwischen ein und vier Uhr nachts ein Teil der Straßenbeleuchtung abgeschaltet, um Strom zu sparen.
    Ich zucke die Achseln, ohne ihn anzusehen. »Ja, und? Dafür radeln in dieser Zeit mehr Polizisten als sonst Streife.«
    Doch Falk wirkt noch nicht überzeugt, und weil ich keine Lust auf weitere Diskussionen habe, meine ich schließlich: »Dann rufe ich mir halt mit dem Handy ein Taxi. Ich stelle mich schon mal unten auf die Straße.«
    Wir umarmen uns zum Abschied, und das fühlt sich so gut an, dass ich fast schwach werde. Aber nur fast.
    Auf der Straße bleibe ich kurz stehen, um mich umzusehen und auf meinem Handy-Navi abzuchecken, welche Route ich nehmen könnte. Es ist fast völlig dunkel, von fern kann ich den Schein von Straßenlaternen an einer Kreuzung erkennen. Niemand ist auf der Straße, nichts bewegt sich, ich bin der einzige Mensch auf der Welt. Ich strecke mich ein paarmal kurz, um mich zu lockern, dann laufe ich los, mit langen, gleichmäßigen Schritten. Es dauert nur ein paar Momente, bis ich meinen Rhythmus gefunden habe. Die Sneakers machen kaum ein Geräusch auf den Steinplatten des Bürgersteigs.
    Doch dann nähern sich plötzlich Schritte von hinten, und auf einmal rennt jemand neben mir, jemand in einer blauen Windjacke. Falk! »Hab

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