Schatten Des Dschungels
Wasserschlacht im Gange. Danach hocken drei tropfnasse Öko-Krieger im Schlauchboot, und ich bin froh über die tropische Sonne, die schon beginnt, uns wieder zu trocknen.
Eine Stunde später sehen wir am Ufer Trampelpfade, der Karte nach nähern wir uns einem Dorf namens Enachu. Wir sind alle angespannt, doch außer ein paar Hüttendächern im dichten Grün ist davon nichts zu erkennen und am Ufer sehen wir niemanden. Etwas später passiert uns ein Einbaum – ein einfaches Kanu, das aus einem ausgehöhlten Baumstamm besteht – mit Außenbordmotor. Aber der Besitzer hebt nur kurz die Hand zum Gruß, schon ist er vorbeigebraust. Es bleibt das einzige Boot, das uns während der ganzen Fahrt begegnet.
Je näher wir unserem Ziel kommen, desto vorsichtiger werden Falk und Lindy. Es gibt kein Herumgealbere mehr, und Falk hält das Schlauchboot nah am dicht bewachsenen Ufer, während wir weiter flussabwärts fahren. »Wäre nicht so toll, wenn sie uns später auf Satellitenbildern entdecken würden«, meint er, und wir müssen uns ducken, um einem herabhängenden Ast auszuweichen. Lindy zieht eine braune Basecap aus ihrem Rucksack und gibt sie mir. »Hier, setz das besser mal auf, deine Haare sieht man ja sonst von Weitem.«
»Was ist eigentlich mit einem Bekennerschreiben? Macht ihr … äh, machen wir so was?«, frage ich neugierig, aber Lindy und Falk schütteln den Kopf. »Sie sollen ihre Energie nicht mit der Jagd nach uns verpulvern.«
Der Jagd nach uns . Auf einmal wird mir wieder mulmig zumute. Ob meine Eltern es verstehen würden, wenn sie wüssten, was ich jetzt tue? Nein, ich fürchte, nicht, obwohl sie selbst ziemlich öko sind. Und auch Juliet wäre geschockt, da bin ich mir sicher. Aber nicht so sehr wie meine Eltern, vielleicht hat sie so etwas schon geahnt. Mir fällt wieder ein, was sie über Falk gesagt hat. Bist du sicher, dass du stark genug für ihn bist ? Was hat sie an ihm gespürt, eine Kraft vielleicht, die alle Grenzen sprengt?
Ich komme nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn nach einem Blick auf ihr GPS sagt Lindy: »So, wir sollten bald mal anlegen.«
Es ist gar nicht so leicht, eine passende Stelle zu finden, denn überall wuchert am Ufer tropisches Gestrüpp, man sieht keinen Fußbreit Boden. Schließlich müssen wir über Bord in das teefarbene Wasser springen, uns durch die Zweige hindurch an Land winden und das Schlauchboot im Ufergebüsch verstecken. »Hoffentlich entdeckt es dort niemand«, keuche ich.
»Unwahrscheinlich«, sagt Lindy knapp.
Klatschnass bis zur Hüfte und mit matschigen, triefenden Schuhen schlagen wir uns durch den Dschungel. Ein sumpfiger, modriger Geruch steigt vom Ufer auf. Lindy und Falk wechseln sich mit der Machete ab, es ist schwere Arbeit, hier durchzukommen. Falk ist nicht so geschickt mit der Machete wie Lindy, und einmal zerhackt er versehentlich ein Wespennest, das im Gebüsch hängt. Fluchend rennen wir los, gejagt von einem wütenden Schwarm. Zum Glück geben die Wespen bald die Verfolgung auf, aber Falk hat ein Dutzend Stiche abbekommen und Lindy auch nicht viel weniger. Ich habe fünf oder sechs, es fühlt sich an, als hätte ein Kettenraucher Zigaretten auf meiner Haut ausgedrückt.
»Pass bitte nächstes Mal besser auf, Falk«, knurrt Lindy und Falk nickt verlegen. »Sorry.«
Später geraten wir wieder in einen Schwarm dieser nervigen stachellosen Bienen, und ich achte darauf, den Mund geschlossen zu halten, damit sie wenigstens dort nicht hineinkriechen können. Neugierig beobachtet uns ein Tukan und legt den Kopf in den Nacken, um eine rote Frucht herunterzuwürgen.
Zum Glück wird das Gelände übersichtlicher, als wir ein Stück vom Ufer weg sind, es gibt kaum noch Unterholz und wir kommen gut voran. Trotzdem bin ich froh um meine langen Hosen, denn immer wieder zerren Dornen an uns und die scharfe Kante eines Blatts ritzt schmerzhaft eine ungeschützte Stelle meiner Haut. Im letzten Moment warnt uns Lindy vor einem Spinnennetz, das locker fünfmal so groß ist wie das der Kreuzspinnen im Perlacher Forst.
Obwohl es hier unter dem Kronendach gar nicht mal besonders heiß ist, läuft mir schon wieder der Schweiß übers Gesicht, ständig muss ich ihn mit dem Unterarm abwischen, sonst brennt er in meinen Augen. Stunde um Stunde marschieren wir in Richtung Süden, und erst als die Dämmerung hereinbricht, schlagen wir ein einfaches Lager auf und befestigen unsere mitgebrachten Hängematten. Erschöpft schlingen wir ein mit Wasser
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