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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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schwitzt man seine Sachen doch ständig durch hier im Regenwald, ich habe mir angewöhnt, mein T-Shirt jeden Abend zu waschen, damit ich wieder ein frisches zum Wechseln habe.
    Ein dünnes Kabel, das vom Camp nach oben führt, weist darauf hin, dass dieses Team ebenso wie wir einen Solarballon über das Kronendach hinaufgeschickt hat, um Strom zu gewinnen. Der speist sicher die Lampen, die ich an den Bäumen im Umkreis entdecke. Auch Falk hat die Lampen entdeckt. »Nachts hat man keine Chance, ungesehen ranzukommen«, meint er nachdenklich und reicht mir das Fernglas. Ein Blick hindurch bestätigt, was meine Augen mir schon gemeldet haben – kein Mensch da, verlassen liegt das Lager vor uns.
    »Üblicherweise sind die Forscher um diese Uhrzeit alle unterwegs«, flüstert die schlammige Gestalt namens Lindy. »Aber lasst uns auf Nummer sicher gehen.«
    Das heißt Warten. Beobachten. Nichts bewegt sich im Lager, regungslos stehen die Zelte im grünen Dämmerlicht des Regenwaldes, und ein großer, schillernder Käfer marschiert geruhsam, ohne jede Eile, über einen Zweig direkt vor meiner Nase. Es ist die pure Quälerei, jetzt nicht loslegen zu können, mein Körper kribbelt vor Ungeduld. Aber ich zwinge mich, ganz still liegen zu bleiben.
    Schließlich nicken sich Falk und Lindy schweigend zu, wie schon bei den Holzfällern, und Falk öffnet wie in Zeitlupe seinen Rucksack. Er zieht sich Einweghandschuhe an und nimmt dann vorsichtig die drei Glasröhrchen aus einem Plastikkasten. Mir wird plötzlich ganz kalt. Auf einen Schlag erinnere ich mich daran, was wir eigentlich hier machen – das ist nicht einfach Trekking durch den Regenwald, hier sollen nichts ahnende Menschen mit einer Krankheit angesteckt werden! Im selben Moment weiß ich, dass ich das nicht kann. Ich kann keins dieser Röhrchen mit Erregern in einem Zelt ausleeren, in dem ein Mensch schlafen wird. Das packe ich einfach nicht, schon beim Gedanken daran schnürt sich mir die Kehle zu, und meine Hände fühlen sich an, als seien sie aus Blei. Sie wollen dieses Röhrchen nicht nehmen, weigern sich einfach.
    Falk erkennt mit einem Blick, was mit mir los ist. Er gibt Lindy das Röhrchen, das für mich bestimmt war – jetzt hat sie zwei –, steht auf und pirscht sich näher an die Zelte heran. Mir bedeutet er, liegen zu bleiben, aber das wiederum kann ich auch nicht, ich hätte das Gefühl, meine Freunde im Stich zu lassen. Zu dritt sind wir aufgebrochen, zu dritt haben wir uns den Weg durch den Wald gebahnt, diese letzten Schritte bis zum Ziel muss ich mit den anderen gehen. Falk wirft mir aus schmalen Augen einen Blick zu, sagt aber nichts. Neben ihm und Lindy betrete ich das Lager – und spüre sofort, dass etwas nicht stimmt, was ist das für ein Blinklicht an diesem daumengroßen Gerät dort vorne? Durchs Fernglas habe ich es nicht bemerkt!
    Und dann jault auch schon eine Sirene los. Fremd und grell schneidet das Geräusch durch die Stille des Dschungels.

Angst
    Falk reißt den Kopf hoch. »Die haben Bewegungsmelder!«
    Einen Moment lang bin ich starr vor Schreck. Lindy hat sich etwas aufgerichtet, sie sieht ertappt aus; wahrscheinlich würde sie jetzt genau wie ich am liebsten einfach losrennen, zurück in den Wald. Diese Sirene hört man bestimmt kilometerweit, es kann nicht mehr lange dauern, bis die ersten Forscher hier im Camp auftauchen! Oder sind sie zu weit weg? Hängen sie gerade in irgendeiner Baumkrone?
    »Wir ziehen’s durch!«, presst Lindy hervor, rennt zu einem der Zelte, fummelt nervös am Reißverschluss des Eingangs herum. Falk geht mit langen Schritten zu einem der anderen Zelte. Wahrscheinlich dauert es nur ein paar Sekunden, den Hautpilz auszuwildern. Schon wirkt Falk wieder so beherrscht und zielstrebig wie zuvor.
    Aber dann sehe ich etwas, das mich instinktiv aufschreien lässt. In einem der Zelte rührt sich etwas. Es wackelt leicht, als würde jemand darin aufstehen, dann höre ich das unverkennbare Geräusch eines Reißverschlusses.
    »Weg!«, brülle ich, genau in dem Moment, in dem ein verdutzter grauhaariger Mann mit Brille den Kopf aus dem Zelt streckt. Seine Haare sehen zerknauscht aus, vielleicht hat er geschlafen, und er trägt ein zerknittertes schwarzes T-Shirt mit dem Logo einer Rockband. Er sieht nicht gerade so aus, wie ich mir einen Biopiraten vorgestellt habe. »Who the hell are you?«, fragt er, seine Stimme klingt krächzig. Anscheinend ist er wegen einer Erkältung im Camp geblieben.
    Lindy wirbelt herum,

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