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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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sieht den Mann – und macht erschrocken einen Schritt rückwärts. Dabei stolpert sie über die Verankerung des Zelts und geht mit einem Aufschrei zu Boden … kaum drei Meter von dem Wissenschaftler entfernt. Instinktiv rennen Falk und ich zu ihr, bevor der Mann sie packen kann. Aber Lindy ist schon selbst auf die Füße gekommen und starrt mit geweiteten Augen auf etwas in ihrer Hand. Als ich sehe, was es ist, wird mir ganz kalt. Es sind die Splitter eines Reagenzglases. Und Lindy trägt keine Handschuhe.
    Lindy öffnet die Hand, lässt die Reste fallen und weicht noch einen Schritt vor dem Mann zurück, der jetzt aus dem Eingang des Zelts gekrochen ist und sich aufgerichtet hat. Falk und ich haben Lindy erreicht, zerren sie mit uns.
    »Move!«, schnauzt Falk sie an, und wir rennen blindlings los, in irgendeine Richtung. Falk übernimmt die Führung, ändert immer wieder die Richtung, um es Verfolgern schwer zu machen. Lindy stolpert in der Mitte dahin, sie wirkt noch immer total geschockt. Ich rase hinterher, bleibe hinter Lindy, damit sie nicht zurückfällt. Es ist keine Zeit, irgendwelche Spuren zu verwischen, wir müssen uns darauf verlassen, dass die Konzernforscher eigentlich keine Lust haben, uns zu folgen. Aber die Alarmsirene hören wir noch immer, wahrscheinlich hat der Mann sie angeschaltet gelassen, um seine Kollegen zu Hilfe zu rufen. Wofür er uns wohl gehalten hat? Für Diebe, die es auf wertvolle Ausrüstung abgesehen hatten? Und vor allem – hat er mein Gesicht gesehen? Gab es im Camp nicht nur Bewegungsmelder, sondern auch Kameras? Vielleicht steht der Film von unserem Eindringen ins Lager noch heute im Internet. Bei diesem Gedanken wird mein Magen zu einem harten, schmerzenden Klumpen. Es gibt genügend Leute, die mich trotz Matschgesicht identifizieren können.
    Vielleicht kommen die Forscher sogar selbst drauf, wer wir sind, oder zumindest, wo wir lagern. Wenn wir das Camp dieser Leute über Satellitenbilder entdecken konnten, dann müssten wir ebenso zu finden sein.
    Und was ist mit Lindy? Verdammt, warum hatte sie eigentlich keine Handschuhe an? Hat sie sich angesteckt?
    Sobald wir in halbwegs sicherer Entfernung sind, machen wir eine kurze Pause, damit Lindy sich Hände und Arme mit einem Desinfektionsmittel abreiben kann, das Falk aus seinem Rucksack zum Vorschein bringt. Dann laufen wir weiter. Irgendwann beginnt es zu regnen, ich höre Donner. Wir haben nicht einmal gemerkt, dass sich Wolken zusammengeballt haben, das Kronendach ist zu dicht, um den Himmel sehen zu können. Es dauert mehrere Minuten, bis der Regen zu uns durchdringt, doch dann sind wir innerhalb von Sekunden völlig durchnässt. Eine Stunde lang schüttet es so heftig, dass wir nicht weiterlaufen können, es fühlt sich an, wie unter einer voll aufgedrehten Dusche zu stehen.
    Schlammig und nass erreichen wir in der Dämmerung endlich den Fluss. Es dauert eine Ewigkeit, bis wir unser Schlauchboot wiedergefunden haben. Erschöpft kriechen wir in den feuchten, mit Blättern bestreuten Bootsrumpf. Lindy hat sich inzwischen wieder erholt, aber ich sehe die Angst in ihren dunklen Augen. Ich kann mir denken, was ihr durch den Kopf geht: Hat das Desinfizieren ausgereicht?
    Lindy merkt, dass ich sie beobachte, und lächelt ein wenig gezwungen. »Verschnauft ruhig, ich steuere jetzt erst mal.«
    Wir fahren die ganze Nacht durch. Lindy steuert und Falk und ich halten abwechselnd mit dem Nachtsichtgerät Ausschau nach gefährlichen Baumstämmen im Fluss. Länger als zwei Stunden schläft keiner von uns. Auf eine seltsame Weise bin ich zugleich schrecklich müde und vollkommen wach. Mein Kopf verfilmt meine Zukunft, ohne mich vorher zu fragen.
    Katharina, genannt Cat, in der International Academy. Blass, mit dunklen Schatten unter den Augen, sitzt sie auf dem Flur vor dem Büro des Direktors. Ihr Vater steht neben ihr, aber er sieht sie nicht an. Dann werden beide hereingerufen. Der Blick des Direktors ist kühl. »Sie werden sicher verstehen, dass für eine Terroristin kein Platz an dieser Schule ist.«
    Szenenwechsel. Katharina, genannt, Cat, im Vorstellungsgespräch bei einem Radiosender. Ihr gegenüber ein Mann im Anzug. »Soso, Sie wollen also für uns arbeiten. Aber ich sehe hier, dass Sie Vorstrafen haben. Tut mir leid, aber das kommt leider nicht infrage. Auf Wiedersehen.«
    Ich beiße die Zähne zusammen und zwinge mich, die Filme abzustellen, sie wegzuschieben in den hintersten Winkel meines Hirns. Wenn ich anfange, an so

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