Schatten Des Dschungels
sind trocken und aufgesprungen. Außerdem fühlt sich ihre Stirn heiß an. Nachdem ich ihr einen Becher Wasser gebracht habe, gehe ich ein Thermometer suchen und finde eins im Erste-Hilfe-Kasten des Laborcontainers. Kurz darauf stelle ich erschrocken fest, dass Lindy schon 39 Grad Fieber hat.
»Am BDH liegt’s nicht, das ist ’ne Sekundärinfektion«, sagt Pancake, aber ich würdige ihn keiner Antwort. Ob sekundäre Infektion oder nicht, ist doch hier scheißegal, es geht darum, dass Lindy gesund werden muss!
Nachdem sie etwas getrunken hat, schläft Lindy wieder ein. Ich setze mich neben ihre Hängematte auf einen Klapphocker und fühle mich schrecklich hilflos. Was genau ist das eigentlich für ein Erreger, den wir ausgewildert haben? Ich hätte viel früher genauer nachfragen sollen. Hat Pancake diese Wirkung geplant oder ist er selbst überrascht davon? Eigentlich seltsam, aber erst jetzt komme ich auf den Gedanken, dass diese Krankheit sehr gefährlich sein muss , sonst kann sie ihre Aufgabe als Wächter nicht erfüllen. Pancake hat zwar gesagt, dass sie nicht tödlich ist, aber weiß er es genau? Oder wollte er mich nur beruhigen? Diesmal richte ich es so ein, dass ich Jonas beim Kochen helfe – ich will allein mit ihm reden, herausfinden, was er weiß. Wir haben ein Curry geplant und hacken dafür das letzte frische Gemüse und eine Ananas. »Was meinst du, passen Plantains, diese Kochbananen, dazu?« Jonas runzelt die Stirn. »Von den Dingern haben wir noch reichlich.«
»Ja, genau«, sage ich leichthin. »Die sind unsere letzte Hoffnung.«
Jonas stutzt, sein Blick fliegt ganz kurz zu meinem Gesicht. Aha, das sagt ihm was! Nervös macht Jonas sich am Büschel der Plantains zu schaffen, rupft ein paar ab, lässt zwei davon versehentlich auf den Boden fallen, hebt sie auf, schält sie. Dann bringt er die Schalen und den restlichen Biomüll auf unseren kleinen Komposthaufen, der sich bei der lokalen Fauna großer Beliebtheit erfreut. Wahrscheinlich konnten die Tiere der Gegend ihr Glück kaum fassen, als sie ihn entdeckt haben; von Falk weiß ich, wie wenig Nahrung es für sie im Regenwald gibt.
Ich werfe ein paar Gewürze in den Topf und beschäftige mich mit Umrühren, bis Jonas zurück ist. »Wird bestimmt lecker«, meine ich, und er nickt, schon wieder viel lebhafter. »Wie wäre es mit ein bisschen Anis?«
»Wieso nicht?« Was mich angeht, so kann Jonas hier ruhig der Chef sein, meine Küchenkünste sind bestenfalls mittelprächtig. Das Einzige, was ich gut kann, ist Lasagne.
»Und, kommst du mit deinen Fröschen voran?« Ich bemühe mich um einen Plauderton, um ihn ein bisschen aufzulockern, bevor ich mit den harten Fragen rausrücke. Aber er bleibt misstrauisch, vielleicht kann er die Gefahr wittern wie ein Tier. »Ja«, sagt er knapp und widmet sich wieder dem Curry.
Er lässt mir keine Wahl, ich muss direkter werden. »Haben sie dich eigentlich auch eingeweiht?«, frage ich ihn. »Weißt du, was die anderen planen?«
Zum ersten Mal schaut mich Jonas direkt an, einen Moment lang nur. Seine blassblauen Augen sehen ein bisschen verschreckt aus. »Ich will’s ehrlich gesagt nicht wissen. Im Moment jedenfalls nicht. Vielleicht irgendwann.«
»Aha. Du meinst also, du kannst dich einfach raushalten?« Auf einmal ist mir kämpferisch zumute.
»Noch hat mich niemand gefragt, ob ich irgendwas mitmachen will.« Jetzt klingt er fast ein wenig trotzig. Er wäre wohl tatsächlich bereit, Last Hope zu unterstützen. Und das scheint Falk zu wissen, sonst würde er sich ja Sorgen machen, dass Jonas etwas ausplaudern könnte. »Das heißt, du willst es eigentlich schon wissen, aber nur, wenn du es auf dem Silbertablett serviert bekommst, so ganz offiziell?«, bohre ich nach.
Jonas schweigt, sein Gesicht hat sich gerötet. Dann richten sich seine Augen auf einen Kolibri, der über einer Blüte in der Nähe schwebt. Der winzige Vogel scheint hier in der Nähe zu wohnen, wir haben ihn schon ein paarmal gesehen. »Wusstest du, dass das Herz eines Kolibris eintausendzweihundert Mal in der Minute schlägt?«, fragt Jonas. »Zwanzigmal schneller als unseres!«
»Das interessiert mich einen Scheiß«, sage ich heftig und lasse ihn einfach mit seinen brodelnden Töpfen stehen. Ganz schön feige, so zu tun, als ginge ihn die ganze Geschichte nichts an! Aber vielleicht tue ich ihm unrecht. Schließlich musste auch ich erst lernen, wie man für etwas eintritt. Wahrscheinlich ist er überfordert mit dem, was hier
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