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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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unten. Aber der Abstieg ist noch schwieriger als der Aufstieg, denn jetzt sind meine Knie weich wie Weingummi und außerdem muss man die Schlingen auf dem Weg nach unten rutschen lassen. An diesem Baum ist das Kamikaze pur, weil die Rinde glatter ist als die vieler europäischer Bäume.
    Die Schlingen gleiten zu schnell nach unten, ich sacke einfach durch, finde keinen Halt mehr. Verzweifelt lehne ich mein ganzes Gewicht in die Fußschlingen und versuche die rasende Talfahrt zu stoppen. Ich greife nach einer Liane, doch sie rutscht mir durch die Handfläche, Pflanzenteile stieben in alle Richtungen. Meine Handflächen brennen vor Schmerz. Erst als ich mit aller Kraft zupacke, komme ich langsam zum Stillstand. Das war knapp.
    Ein großes dunkles Etwas wirbelt mir kreischend entgegen, erschrocken zucke ich zurück und einer meiner Füße gleitet aus der Schlaufe. Der blöde Vogel macht sich davon und ich kämpfe verbissen um mein Gleichgewicht. Reflexartig versuche ich mich am Stamm festzuhalten, mein ganzes Gewicht lastet jetzt auf dem einen Seil, das schon ziemlich abgeschabt ist von der Rutschpartie vorhin. Unter mir – ein Abgrund. Verbissen grabe ich die Fingernägel in die Rinde. Ich werde nicht abstürzen. Ich werde nicht abstürzen!
    Endlose Sekunden lang taste ich blind mit dem Fuß nach der Schlaufe, meine Wange ist an den Stamm gepresst, ich umarme den Baum wie eine Betrunkene, die ihn mit einem alten Freund verwechselt hat. Dann habe ich die Schlaufe erwischt, findet mein Fuß wieder Halt.
    Als ich endlich zurück auf dem Boden bin, schwöre ich mir, so etwas wie dies nie wieder zu tun. Auch wenn oben das Paradies wartet.
    Ich grabe nach meiner Machete, lasse die Finger erleichtert über das verdreckte Metall gleiten. Dann hole ich mein Pad aus seiner Astgabel. Aber sonst? Das Einzige, das die Kerle dagelassen haben, sind eine Rolle Klopapier und ein kleines Marmeladenglas, das ich zum wasserdichten Aufbewahren von Kleinteilen benutzt habe – beide Dinge sind unter einen Busch gerollt, als sie den Rucksack ausgekippt haben. Außerdem liegt meine Zahnbürste völlig verdreckt auf dem Waldboden, offenbar ist jemand draufgetreten. Schnell durchsuche ich meine Hosentasche und Jacke, fördere den blöden Sam zutage – den ich wieder auf Stimmausgabe schalte –, einen schon etwas zerknautschten Energieriegel und das Taschenmesser. Außerdem habe ich meine Steigschlingen noch.
    Das war’s schon.
    Meine Flucht ist zu Ende. Mit so wenig Ausrüstung komme ich nirgendwohin.
    Ich hocke mich auf den Boden und stütze den Kopf in die Hände. Nie hätte ich gedacht, dass ich so schnell würde aufgeben müssen. Keine zwei Tage habe ich geschafft. Und vielleicht bin ich sogar mit diesem Hautpilz infiziert, wenn ich Pech habe.
    Gedämpft ertönt eine lächerlich fröhliche Stimme aus meiner Jackentasche. »Was kann Sam für dich tun, Cat?«
    Der Troll-Avatar. Ich bin zu müde, um ihn anzublaffen. Stattdessen hole ich ihn hervor. »Wofür ist eigentlich diese Selbsthypnose gut? Muntert die einen auf?«
    »Klar, ganz nach Bedarf«, sagt Sam. »Also, erst mal, sitzt du bequem? Bequem ist wichtig. Durchatmen. Gaanz tief. Ganz ruhig werden.« Im Kristall taucht ein blauer Lichtpunkt auf. »Bitte hier hinschauen. Konzentrieren, okay?«
    Der blaue Funke wandert hin und her, hin und her. Ich folge ihm mit den Augen und atme tief. Bisher fühle ich mich nicht besonders hypnotisiert, aber immerhin lenkt mich das Ganze von meinen düsteren Gedanken ab. »Was jetzt?«
    »Jetzt sprich mir nach«, sagt Sam und plötzlich wird seine Stimme samtig weich. » Diese Worte sinken genau in mein Unterbewusstsein … mein Unterbewusstsein hat eine unglaubliche Kraft … es kann helfen, dass es mir besser geht … «
    » … es kann helfen, dass es mir besser geht«, wiederhole ich erschöpft.
    » Es geht mir jeden Tag besser. Mein Körper füllt sich mit Energie. Ich kann spüren, wie meine Energie wächst und wächst …«
    »… wie meine Energie wächst und wächst«, sage ich lustlos.
    » Mit jedem Tag wächst meine Kraft. Ich werde es schaffen, mein Ziel zu erreichen, denn mein Unterbewusstsein wird mir dabei helfen. Alle Hindernisse auf dem Weg bewältige ich spielend … «
    »Alle Hindernisse bewältige ich spielend.« Misstrauisch beobachte ich, wie eine riesige Ameise mein Bein hochmarschiert. Was ist schlimmer – sie weiterlaufen zu lassen oder sie jetzt abzustreifen und zu riskieren, dass sie mich beißt?
    » Ich spüre, wie die

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