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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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sie heran.
    Ein Schwarm bunter Aras fliegt kreischend vorbei. Wie herrlich es hier ist! Am liebsten würde ich einfach bleiben. Aber meine Zeit hier ist begrenzt, schon jetzt bin ich nach der durchwachten letzten Nacht so müde, dass ich mich kaum noch konzentrieren kann. Der Abstieg wird gefährlich genug und angeseilt in der Krone zu schlafen kommt nicht infrage.
    Ich verrenke mir fast den Hals, als ich mich umschaue. Tatsächlich, ich bin ganz in der Nähe eines Tafelberges aus hellem, fast weißem Gestein, der sich aus der Landschaft erhebt; in der Ferne kann ich noch weitere Hügel erkennen, das müssen die Werushima Mountains sein. Ich präge mir Sonnenstand und -richtung ein, dann breche ich eine der gelben Blüten ab, als Andenken. Sehr vorsichtig beginne ich den Abstieg und überprüfe jeden Halt zweimal. Es ist entmutigend, in das grüne Dämmerlicht unter dem Kronendach zurückzukehren, es fühlt sich an wie eine Verbannung aus dem Paradies.
    Ich schaue absichtlich nicht nach unten, um nicht nervös zu werden … und das kostet mich beinahe den Kopf. Gerade habe ich den Bereich der Äste hinter mir gelassen und will mich wieder in meine Kletterschlingen stellen, da werfe ich doch noch einen Blick in Richtung Boden.
    Ich erstarre, zum zweiten Mal schon an diesem Tag. Da unten sind zwei Leute. Ein Blondschopf und ein dunkler Kurzhaarschnitt. Ich sehe sie schräg von oben, es ist schwer zu sagen, ob es Männer oder Frauen sind. Der Blonde ist vermutlich ein Mann, er ist sehr muskulös; gekleidet sind beide in sandfarbene und grüne Klamotten. Der andere trägt ein ärmelloses Shirt und hat auf dem Schulterblatt irgendeine Tätowierung. Ich kneife die Augen zusammen, um Genaueres zu erkennen. Eine Schlange, glaube ich, oder ein gewundener Buchstabe. Beim genauen Hinschauen sehe ich noch etwas – der Blonde trägt ein Gewehr, ich kann das schwarze Metall von hier oben deutlich erkennen. Spinnt der oder was?
    Sie reden nicht, sondern gehen schweigend und konzentriert. Dabei blicken sie sich ständig um. Wenn jetzt einer von ihnen auf die Idee kommt, nach oben zu schauen, bin ich geliefert. Den Astbereich habe ich gerade verlassen, sie würden sofort sehen, wie ich mich hier oben festklammere, die Finger in Unebenheiten des Stammes gekrallt. Und was ist mit meinem Rucksack? Ich habe ihn unter einen Busch gelegt und feuchtes Laub darübergestreut, reicht das als Tarnung?
    Was sind das überhaupt für Leute, was machen sie hier? Sind die mit dem Hubschrauber gekommen? Vielleicht hat Michelle die Armee um Unterstützung gebeten nach dem Motto »Junge deutsche Forscherin hat sich im Dschungel verlaufen, bitte helft uns!«. Eine geradezu teuflisch gute Idee.
    In diesem Moment finden sie den Rucksack. Der kleine Dunkelhaarige bemerkt ihn und stößt einen Ruf aus. Rasch durchsuchen sie mein Gepäck und verstreuen alles auf der Erde, dann beachten sie den ganzen Kram nicht mehr, sondern durchkämmen die Umgebung. Sie ahnen, dass ich noch hier irgendwo bin, dass ich mein Zeug nicht einfach hiergelassen habe. Der eine geht nach rechts, der andere nach links. Noch immer hält der Blonde die Waffe im Anschlag. Schließlich, nach einer Ewigkeit, treffen die beiden sich wieder bei meinem Rucksack und zucken die Schultern. Nichts. Keiner von ihnen kommt auf die Idee, nach oben zu schauen. Wahrscheinlich ist niemand, den sie kennen, so dämlich oder so verrückt, einen Urwaldbaum hochzusteigen.
    Jetzt suchen sie noch einmal nach Spuren in der unmittelbaren Umgebung und mich überläuft es kalt. Bitte, bitte, sie dürfen das Pad nicht finden . Nicht das Pad mit den Daten! Wieso nur habe ich es nicht besser getarnt? Es liegt deutlich sichtbar in dieser Höhlung! Immerhin ist es von der Farbe her nicht besonders auffällig – ich habe mich damals für Dunkelblau entschieden –, aber es hat einen silbernen Rand.
    Der Dunkelhaarige ist ganz in der Nähe des Pads, keine zwei Meter ist er noch davon entfernt. Ich kann nichts tun, nur zuschauen und hoffen. Mein ganzer Körper ist verkrampft, und ich habe Angst, gleich abzustürzen, die Muskeln meiner Beine zittern schon. Aber ich darf mich nicht bewegen. Jetzt geht der Blonde am Pad vorbei, er schaut gerade in die andere Richtung … er hat es nicht gesehen! Nun kehrt er wieder um, geht zu seinem Partner zurück, schüttelt den Kopf. Ich kann es kaum glauben. Sind die beiden blind? Erst lange nachdem die beiden mitsamt meinem Gepäck verschwunden sind, traue ich mich wieder nach

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