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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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Fall. Auch ich brauchte eine Weile, um zu glauben, er hat sich selbst umgebracht. Er hat es selbst getan, Josef. Dieser Idiot hat eben nicht mit mir gesprochen und nicht mit dir. Er war der Meinung, aus welchem verfluchten Grund auch immer, dass es für ihn Zeit sei zu sterben. Wir müssen uns damit abfinden. Jedes Mal, wenn sich bei mir Schuldgefühle melden, sage ich mir: Er hat mit dir zusammengewohnt, er hätte jederzeit den Mund aufmachen können. Wir hätten über alles reden können, das wusste er, und er hat es manchmal auch getan. Soll man von morgens bis abends hinter so einem herlaufen und ihn bedrängen: Mensch, wir müssen bestimmt was bereden, tu dir nichts an, ich bin immer für dich da und so weiter und so fort. Man muss sich nicht lächerlich machen. Nein, ich habe mir nichts vorzuwerfen, und du dir auch nicht. Ende der Durchsage.«
    * * *
    20. April 1979
    Ich muss weg. Immer wieder kriecht mir dieser Satz in den Kopf. Weg, weg, weg. Die Bullen waren bei Angelika. Sie sind immer noch an der Thingstättensache dran. Und ich hatte gedacht, es sei vorüber. So ein Hauptkommissar Wolf habe sie in die Enge getrieben. Eine Gestapotype, hat sie gesagt, und ich kann ihn mir vorstellen.
    Von wegen vorstellen. Gerade eben war er hier. Eine Bulldogge, ich habe jeden Augenblick erwartet, dass er mich schlägt. Er war allein, keine Zeugen. Und er hat einen Blick, dass einem das Kotzen kommt. Als er ging, hat er gesagt: Ich kriege dich und die anderen Schweine auch. So ein Gesocks wie ihr gehört ins Lager. Das hat er wirklich gesagt. Und sein Blick hat gesagt: Ich meine es ernst. Ich mach euch fertig.
    Angelika hat erzählt, mit ihr habe er das gleiche Spiel getrieben, dabei hat sie nichts zu tun mit der Sache. Er versucht es mit dieser Masche bei jedem.
    R. hat gesagt, wir müssen aus Deutschland weg. Die Revolution ist vertagt, die Linke zerfällt, es bleiben nur ein paar Sekten, kleiner als mini. Untertauchen, am besten so tun, als wären wir tot. Oder eine Erklärung, die jeder glaubt. Sind in den Urlaub gefahren und nicht wiedergekommen. R. hat auch gesagt, er sei vor ein paar Jahren mal in Volterra gewesen, südlich von Livorno, in der Toskana. Er habe mit Genossen von Lotta Continua gesprochen, die wären richtige Kerle gewesen. Fragen nicht, wo man herkommt, sondern was man macht. Wir gehen in die Fabrik, arbeiten und agitieren. Oder machen eine Kneipe auf, hat R. gesagt. Zu zweit, das sollten wir doch hinkriegen.
    Ja, lotta continua, der Kampf geht weiter.

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    14
    Er lief durch die Stadt und sah alles durch einen Nebel. Er wusste nicht, wohin er ging. Zuerst redete er sich ein, dass es nicht so sein könne, wie Carmen gesagt hatte, dass Detmolds und Kippers Alibis auf raffinierte Weise falsch waren. Doppelgänger, oder sie hatten Zeugen bestochen. Die Polizisten hatten sich im Datum geirrt und nach der falschen Nacht gefragt. Es erschien ihm wie eine Verschwörung. War nicht alles glasklar gewesen? Und jetzt lag in Trümmern, was er herausgefunden und sich zusammengereimt hatte.
    »Nun passen Sie doch auf!«, schnauzte ihn ein Passant an, den Stachelmann angerempelt hatte auf einem Zebrastreifen. »Der ist besoffen«, hörte er jemanden hinter sich.
    Er wusste nicht mehr, wo er war. Da vorn ist eine Wiese mit Bänken, eine Bank ist unbesetzt. Er eilte hin, setzte sich und merkte erst jetzt, er war schweißnass. Er atmete schwer. Dann merkte er, er schüttelte schon eine Weile den Kopf. Er konnte es nicht glauben. Die Thingstättenmörder mochten davonkommen, vielleicht lebten sie gar nicht mehr. Aber Ossis Mörder?
    Ossi ist nicht ermordet worden. Du bist Wissenschaftler. Wenn deine These nicht zu beweisen ist, dann ist sie wahrscheinlich falsch. Du hast alles getan, um Beweise zu finden. Vielleicht hättest du mehr Mühe darauf verwenden sollen, Gegenbeweise zu suchen. Popper lässt grüßen. Wenn man sich verrennt, endet man an der Wand. Du hast dich verrannt. Hak die Sache ab, mach deine Arbeit fertig. Das Detektivspielen überlass denen, die etwas davon verstehen. Du gehörst nicht dazu.
    Und dann war es ihm peinlich. Wie er Leuten auf die Pelle gerückt war mit der Wahnidee, er, Josef Maria Stachelmann, könne einen Mordfall aufklären, an dem sich die Kripo, diese Amateure, die Zähne ausgebissen hatte. Ausgerechnet er. Er staunte über die Geduld, die andere mit ihm hatten. Die Polizisten in Heidelberg, Carmen, die ihn nun für verrückt halten musste. Anne, die hatte richtig gelegen, als

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