Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
Vom Netzwerk:
Gerichten.
    Sie stocherte mit der Gabel in den Spaghetti. »Er war so fröhlich. Hast du denn keine Ahnung, was ihn in den Selbstmord getrieben haben könnte? Du hattest doch mit ihm zu tun in Hamburg. Und was sagt seine Freundin? Er hat erzählt, sie sei bei der Kripo, die muss doch eine Idee haben. Es sei denn, sie glaubt auch an Selbstmord.« Sie aß, trank einen Schluck Rotwein. »Überhaupt, eine Polizistin.«
    »Ossi war auch Polizist.«
    Sie starrte ihn an und zog die Stirn kraus. »Wie bitte?«
    Stachelmann verstand nicht.
    »Ossi war Bulle?«
    »Wusstest du das nicht? Hat er es nicht erzählt?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf.
    »Und was hat er erzählt?«
    Sie überlegte. »Eigentlich wenig bis nichts. Wir kamen darauf, als wir in der Kneipe zusammensaßen. Was machst du denn? Was man so fragt, wenn man sich nach langer Zeit wieder trifft.« Sie kratzte sich am Ohr, trank einen Schluck, schloss die Augen, öffnete sie. »Er hat was geraunt über Ermittlungen, die er führe. Wichtige Ermittlungen. Leider dürfe er darüber nicht reden. Uschi hat gefragt, warum er nicht Rechtsanwalt geworden sei, das habe er doch damals unbedingt werden wollen.« Sie zündete sich eine Zigarette an. »Eigentlich gewöhne ich es mir gerade ab, mal wieder.« Als sie das Streichholz anzündete, bemerkte Stachelmann, ihre Hände zitterten leicht. »Ermittlungen führt die Polizei, klar, hätte ich drauf kommen können. Aber er tat so, als wäre er James Bond. Und ehrlich gesagt, es hat mich nicht interessiert.«
    Die Scham bedrängte ihn. Er musste mir ihr reden über das, was damals vorgefallen war. Was ihn seitdem verfolgte, nicht täglich, aber immer wieder. Wie sollte er anfangen, ohne zu intim zu werden? Schließlich hatten sie keine Beziehung mehr. Vielleicht wollte sie nicht mehr daran erinnert werden. Du willst das loswerden, da bist du Egoist. Ob sie das belastet, ist dir egal. Dein Gewissen plagt dich, du willst nicht mehr daran denken müssen. Oder legst du dir das Argument jetzt nur zurecht, um nichts sagen zu müssen. Feigling, du bist ein Feigling.
    »Also«, sagte er. Aber dann machte er eine Pause.
    Sie schien nichts zu merken. »Meine Spaghetti werden kalt.«
    Sie aßen. Dann trank Regine einen Schluck, winkte dem Kellner und bestellte, ohne Stachelmann zu fragen, eine weitere Karaffe.
    Mit vollem Mund sagte sie: »Dieser Thingstättenmord wurde nie aufgeklärt. Irgendwie ist die Geschichte versackt, jedenfalls in der Öffentlichkeit. Wann war das nochmal?«
    Stachelmann hatte sich das Datum eingeprägt, als er Ossis Akte gelesen hatte. »Am 7. April 1978, in der Nacht, es war ein Freitag.«
    »Mein Gott, ist das lange her.« Sie trank wieder und zündete sich eine Zigarette an, ihr Teller war erst halb leer. Ihr war eingefallen, sie war fast dreißig Jahre älter geworden seitdem. Ein Glanz zog über ihre Augen. »Es war doch schön damals. So unbeschwert. Wenn diese Politkasperei nicht gewesen wäre ...«
    »Ja, ja, die Revolution«, sagte Stachelmann resignierend. »Die Idee, man müsse alles kurz und klein schlagen. Das Neue aufzubauen, pah, ein Pappenstiel.« Seine Hand zuckte in der Luft. »Und wir hatten immer Recht. Aus dem bisschen, was wir zu wissen glaubten, bauten wir uns ein Weltgebäude, in dem wir jedem seinen Platz zuteilten, bei den Feinden, bei den Freunden. Wir kannten die Beweggründe unserer Feinde millimetergenau, schließlich besaßen wir die Analyse. Und unsere Freunde mussten wir manchmal belehren, ihnen helfen, zur Einsicht zu kommen. Wir haben wirklich geglaubt, in diesen lächerlichen Schulungen die Welt zu begreifen und, gestützt auf dieses Wissen, sie verändern zu können. ›Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt aber darauf an, sie zu verändern‹«, zitierte Stachelmann.
    Sie klatschte leise in die Hände und lächelte spöttisch. So hatte sie früher oft gelächelt.
    »Nichts ist falscher als dieser Satz«, sagte Stachelmann. »Wie kann man Dinge ändern wollen, die man nicht begriffen hat. Dabei kommt raus, was rausgekommen ist, Blutbäder vor allem, weil die Menschen sich leider nicht so verhalten haben, wie die Theorie es verlangt hat. Also mussten sie gezwungen werden. Weil die Theorie doch richtig war. Da muss man die Dummköpfe zu ihrem Glück zwingen.«
    »Nun reg dich wieder ab«, sagte sie. »Das waren doch nur Trockenübungen. Lachnummern, Realkabarett.« Sie trank einen großen Schluck und winkte nach dem Kellner. Stachelmanns Glas

Weitere Kostenlose Bücher