Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
Vom Netzwerk:
Platz, sodass Stachelmann in den Flur gelangte und zur Haustür hinausgehen konnte.
    Als er schon auf der Straße war, stand die Frau in der Haustür und rief ihm nach: »Wie heißen Sie?«
    Stachelmann winkte, ohne sich umzudrehen, und verschwand. Er stieß auf die Plöck, ging auf dem linken Bürgersteig in Richtung Bismarckplatz, vorbei an den beiden Antiquariaten, das erste war früher ein linker Buchladen gewesen.
    Im Hotelzimmer ruhte er sich aus. Er dachte an Frau Schmelzer, grübelte, ob er schuld sei an ihrem Infarkt, hatte aber kein schlechtes Gewissen, obwohl ihm die Häufung der Zufälle seltsam erschien. Er war aber in einer Stimmung, in der ihn nichts wunderte und nichts ängstigte. Dann forderte die Erschöpfung ihren Preis, er schlief ein, und als er aufwachte, konnte er sich an Träume nicht erinnern. Er schaute auf die Uhr und erschrak. Er würde zu spät kommen ins Palme. Stachelmann rief die Rezeption an, bestellte ein Taxi, steckte die sieben Fotos in die Jackettinnentasche und eilte die Treppe hinunter. Er musste einige Minuten warten, dann fuhr quälend langsam das Taxi vor. Der Fahrer war fett und rauchte. Stachelmann setzte sich auf die Rückbank. »Es stört Sie doch nicht«, sagte der Fahrer, ohne sich umzudrehen oder eine Antwort zu erwarten. Stachelmann kurbelte das Fenster hinunter. »Dann funktioniert die Klimaanlage aber nicht richtig«, sagte der Taxifahrer.
    Stachelmann tat so, als hörte er nichts. Der Fahrer schien die Achsel zu zucken und bummelte den Neckar entlang, als gäbe es keine Fahrgäste mehr an diesem Abend.
    Aus dem Palme drang Stimmengewirr. Er öffnete die Tür, im Lokal hing Zigarettenrauch. Stachelmann schaute sich um, endlich erkannte er Regine, die andere Frau war Uschi. Sie hatte immer noch ihren Pagenkopf, nur dass sich graue Strähnen in den schwarzen Haaren zeigten. Sie trug eine feinrandige Brille und war füllig geworden. Katharina sah aus wie früher, nur die Falten im Gesicht verrieten ihr Alter. Manfred hatte mächtig zugelegt, auch im Gesicht. Über der Stirn lichteten sich die Haare. Regine sah Stachelmann, winkte, obwohl er schon fast am Tisch stand. Er drückte allen die Hand, sie rückten zusammen, er zog einen Stuhl vom Nachbartisch heran und setzte sich. Er merkte sofort, dass er an diesem Abend starke Schmerzen haben würde, die Stuhllehne drückte in den Rücken.
    »Ja, Mensch, altes Haus«, sagte Manfred. Er hatte schon früher viel geredet, ohne etwas zu sagen. »Was treibt dich denn hierher?«
    »Weiß nicht so recht«, sagte Stachelmann. Er wusste schon etwas, wenn ihm auch nicht alles klar war, aber was ging es die anderen an? »Ein bisschen in alten Zeiten wühlen vielleicht.«
    »Na, ich weiß nicht«, sagte Katharina. »Darauf hätte ich nun gar keine Lust.« Sie strich sich durch ihre langen roten Haare. Sie erinnerten Stachelmann an Ossi.
    »Was ist nun mit Ossi?«, fragte Uschi, der das Gerede offenbar auf die Nerven ging.
    Katharina klopfte mit den Fingern kaum hörbar auf den Tisch.
    »Er war vor kurzem noch hier, es kommt mir vor wie gestern«, sagte Manfred.
    »Die Polizei sagt, es sei Selbstmord gewesen«, sagte Stachelmann.
    »So, wie du das sagst ...« Uschi schaute ihn an.
    »Es gibt keinen Abschiedsbrief, ein Motiv ist nicht erkennbar. Genauso wenig aber gibt es Spuren, die auf Mord schließen lassen. Also war es keiner.«
    Katharina schaute zur Seite, als ginge es sie nichts an. Uschi regte sich auf. »Aber ich habe ihn doch hier erlebt, der hat sich nicht umgebracht. Der nicht.«
    »Er hat sich einige Wochen nach eurem Treffen umgebracht«, sagte Stachelmann. »In dieser Zeit kann doch etwas passiert sein, das ihn dazu gebracht hat. Warum soll das einen langen Vorlauf brauchen?«
    Schweigen.
    An einem anderen Tisch lachten zwei Frauen schrill.
    Der Wirt kam, nahm Bestellungen auf und verschwand. Stachelmann bestellte einen badischen Rotwein, die anderen taten es ihm nach, außer Manfred, der ein Exportbier wollte.
    »Und was machst du so?«, fragte Katharina, um das Thema zu wechseln.
    »Historiker, was sonst?« Er erzählte knapp, was er tat. Seine Schwierigkeiten verschwieg er.
    »Ossi hat erzählt, du seiest ein flotter Hecht«, sagte Manfred.
    Der Wirt brachte die Bestellung. Sie prosteten sich zu. »Auf die alten Zeiten«, sagte Manfred.
    Niemand erwiderte etwas.
    »Ich bin eine Sprotte und kein Hecht«, sagte Stachelmann.
    »Das sind doch die Fische, die man mit Kopf isst?« Uschi lachte.
    »Genau«, sagte Stachelmann.

Weitere Kostenlose Bücher