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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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teilen mussten. Manche Penner waren aggressiv gewesen. An der Ecke Hauptstraße/Brunnengasse sah er einen vor einem Juweliergeschäft. Er ging auf ihn zu, warf zwei Euro in die dreckige Mütze auf der Straße und fragte: »Weißt du, wo Adi ist?«
    »Wer?« Der Penner plierte ihn an.
    »Adi.«
    Der Penner hob erschöpft die Hände, schloss die Augen und lehnte sich an die Mauer. Er war offenbar so betrunken, dass er nicht mehr denken konnte. Stachelmann ärgerte sich und überlegte, ob er sich die zwei Euro wiederholen sollte, aber er ließ es.
    Er durchsuchte die Gassen zwischen Hauptstraße und Neckarstaden, bis er endlich an der Karl-Theodor-Brücke einen weiteren Penner entdeckte, der zum anderen Neckarufer schlurfte. Stachelmann holte ihn ein und lief neben ihm. »Ich suche Adi.«
    »Ich suche Gott«, sagte der Penner. Er hatte schmutzige rote Haare, die Schultern seiner Jacke waren bedeckt mit Schuppen. Auf der Stirn saß ein Furunkel.
    »Es ist wichtig«, sagte Stachelmann.
    »Was lässt du springen?« Der Penner rieb Zeigefinger und Daumen aneinander.
    »Zehn«, sagte Stachelmann.
    »Euro?«
    »Euro.«
    Stachelmann zog sein Portemonnaie hervor und gab dem Mann einen Zehn-Euro-Schein. Der nahm ihn fest zwischen die Finger, als ob Stachelmann ihm den Schein wieder wegreißen wollte. »Geh zur Kurfürstenanlage. Weißt du, wo die Stadtwerke sind?«
    Stachelmann dachte kurz nach, dann nickte er.
    »Davor ist ein kleiner Platz, ein paar Bäume, ein Teich mit Springbrunnen. Auf der anderen Seite, gegenüber von den Stadtwerken, ist ein Supermarkt. Wenn du Glück hast, sitzt da wer rum. Und den fragst du nach Adi.«
    Stachelmann überlegte, ob er ein Taxi rufen sollte, aber der Schmerz in den Knien war schwach, so entschied er sich zu laufen.
    Es war eine grüne Insel zwischen zwei Straßen. Um einen Teich herum war sie gepflastert mit Betonplatten. Daran schloss sich eine Wiese an, ein paar Bäume. Auf einer Bank am Teich saßen zwei Penner, auf einer zweiten Bank, ein paar Meter weiter, lag einer, seine zusammengeknüllte Jacke benutzte er als Kopfkissen.
    »Tag«, sagte Stachelmann zu den beiden, die saßen.
    Sie schauten ihn an. Sie waren schmutzig, einer war klein und mager, ein Vollbart verdeckte sein Gesicht fast ganz. Auf dem Kopf trug er einen Hut, vermutlich aus Kunstleder. Er hockte breitbeinig, zwischen den Oberschenkeln eine halb leere Flasche Korn. Der andere trug ein löchriges und verfärbtes Unterhemd. Er rauchte eine selbst gedrehte Zigarette. Seine Augen waren blutunterlaufen.
    Stachelmann ließ sich nicht anmerken, dass er sich ekelte. »Ich suche Adi.«
    Sie schauten ihn an. Dann öffnete der Mann mit dem Schnaps seinen Mund und zeigte braune Stummel und Zahnlücken. Er schloss ihn wieder.
    Stachelmann zog seinen Geldbeutel aus der Tasche. »Kennen Sie Adi?« Oder sollte er die Männer duzen?
    »Jeder kennt Adi«, sagte der im Unterhemd. »Die Frage ist nur, ob Adi dich kennen lernen will.«
    »Er kennt mich«, sagte Stachelmann. »Ich hab hier studiert, und ich hab ihm bestimmt nicht nur einmal eine Mark gegeben. Und der Adi hat damals mit uns demonstriert.« Er sagte »demonschdrierd« und überlegte, ob es angebracht war, sich anzubiedern.
    »So, so, demonschdrierd«, sagte der mit dem Schnaps. »Heut wird nicht mehr demonschdrierd, heut herrscht Ordnung. Und du siehst auch nicht aus wie einer, der mal demonschdrierd hat. Die Revolution ist abgesagt, gell?«
    Stachelmann überlegte, ob er »leider« sagen sollte. Es war zwar Unsinn, aber vielleicht brachte es ihn weiter. Doch er sagte nur »hm«.
    »Und seit die abgesagt ist, jagen sie uns überall weg. Wenn die Bullen uns sehen, rasten sie aus. Das fing mit dem Zundel an. Erinnerschd dich an den?«
    »Natürlich, der war hier OB, Sozi und Ordnungsfanatiker. Er hat auch die Musiker aus der Innenstadt verjagt.«
    »Falsch, die dürfen ab und zu noch spielen. Das ist genau festgelegt. Aber für uns haben die gar nichts festgelegt, seit sie uns aus dem CA verjagt haben«, sagte der im Unterhemd. »Du sagst, du hast hier studiert? Hast du mal einem von uns in der Mensa eine Essensmarke gegeben?«
    »Klar«, sagte Stachelmann. Er sagte nicht, dass er schon mal ausgerastet war, als er sich nicht mehr mit den Genossen unterhalten konnte, weil er dauernd angebettelt wurde.
    Der mit dem Schnaps musterte Stachelmann misstrauisch. »Du lässt was springen, was aus Papier ohne fünf drauf. Und ich sage dir, wo du Adi findest. Immerhin war das mein bester

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