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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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der Suppe tatsächlich vor Erschöpfung ein.
    Als er erwachte, saß Octavien an seinem Bett. »Hoffe wohl geträumt zu haben, Bruder Zimperlich.«
    Emanuel fuhr sich über die Augen. Er hatte rasende Kopfschmerzen, andererseits verspürte er großen Hunger. Wie ein Schmiedehammer sauste die Erinnerung auf ihn hinab, als er Octavien erkannte. »Geht weg! Lasst mich allein!«
    »So haben wir nicht gewettet, Bruder Tugendhaft. Ihr habt einen bischöflichen Auftrag, mich nicht aus den Augen zu lassen, oder etwa nicht?«
    Emanuel hielt sich den Kopf. Ein Hornissennest schien sich dort eingenistet zu haben. »Ich bin unwürdig, ihm weiterhin zu dienen«, stöhnte er.
    »Dem will ich nicht widersprechen. Doch das entscheidet allein der Erzbischof. Und ich glaube kaum, dass er sich über Euer wertvollstes Teil große Gedanken macht, wenn das Weiterbestehen der Kirche, will sagen, die Glorie seines Erzbistums von unserem Fund abhängt.«
    Emanuel schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Ich habe Hunger. Ich muss etwas essen, dann verschwinden auch meine Kopfschmerzen.«
    »Das erste vernünftige Wort, Bruder Schamhaft. Ich bin ebenfalls hungrig. Gürtet Euch, betet einen Psalm und kommt mit hinunter in den Schankraum. Es roch nach Wild in Rotweinsoße.«
    Jetzt erst vermochte Emanuel Octavien in die Augen zu sehen. »Ihr verachtet mich nicht?«
    »Wofür? Für Eure natürlichen Triebe? Diese Frau ist ein hübsches Weib. Leider hat sie einen verdorbenen Charakter. Aber so sind die Frauen. Schauen nur nach den Schönlingen und …« Octavien unterbrach sich räuspernd. »Ein unbedeutender Fehltritt, Bruder Sittsam. Die Bischöfe und Kardinäle treiben es weitaus ärger.«
    »Das glaube ich nicht!« Aber Emanuel glaubte es doch, weil ihn dieser Gedanke tröstete. Hatte nicht auch Prior Adalbert unziemliche Gelüste gehegt? Man konnte schließlich jede Verfehlung beichten. Das Problem war nur, Emanuel konnte das nicht. Und deshalb würde ihm auch keine Vergebung zuteil. Aber es ging ihm jetzt schon viel besser. Octaviens Unbekümmertheit war ansteckend. War er vielleicht so etwas wie ein Freund? Offensichtlich steckte hinter seinem Dünkel mehr Charakter, als Emanuel angenommen hatte.
    »Diese – diese Dirne«, murmelte Emanuel.
    »Hat sie Euch auf der Straße angesprochen?«
    »Nein, nein. Sie hat mich niemals – ich wusste ja überhaupt nicht, dass ich sie in der Kirche treffen würde. Ich nahm an, es sei ein Bote aus Altenberg.«
    »Aus Eurem Kloster? Wie kommt Ihr darauf?«
    »Ein Junge übergab im Gasthaus eine Nachricht für mich. Ich sollte mich nach der Frühmesse am Altar von St. Stephan einfinden.«
    Octavien schnaubte ärgerlich. »Dieses Frauenzimmer! Sie hat Euch in eine Falle gelockt. Sie wollte sich rächen.«
    »Rächen? Wofür denn?«
    »Nun, ich nehme an, diesen schlechten Scherz haben Euch die Mainzer Dirnen gespielt, die Ihr wahrscheinlich allzu grob abgewiesen oder mit grauenvollen Predigten gelangweilt habt. Dieser Zwischenfall wird uns – so hoffe ich doch – nicht daran hindern, morgen gestärkt zur Burg Hirscheck aufzubrechen.«
    ***
    Als Agnes am nächsten Morgen erwachte, nahm sie sich vor, nicht mehr an die beiden Männer zu denken. Sie würde sie wohl nie wiedersehen. War es die Rache wert gewesen? Ja, entschied sie. Der schöne Ritter und sie, dieser Traum wäre ohnehin niemals in Erfüllung gegangen. Wie konnte sie nur annehmen, er würde eine wie sie ehelichen. Eine mit Hexenkünsten vertraute Straßenhändlerin, die sich gewissenlos mit einem Mönch an geweihter Stätte einließ.
    Ein paar Tränen kamen jetzt doch, ärgerlich wischte sie sie fort.
Närrin!,
dachte sie.
Es hat doch keinen Zweck, einem Mann nachzuweinen.
Sie schwang sich von der harten Strohunterlage und beschloss, an diesem Morgen erst einmal richtig zu frühstücken. Ein voller Magen half gegen vieles, auch gegen Liebeskummer. In ihrer großen Tasche kramte sie nach ein paar Münzen, die sie stets achtlos hineinwarf. Sie fühlte ein weiches Stück Stoff, an das sie sich nicht erinnern konnte. Als sie ihn näher betrachtete, sah sie, dass es sich um einen Beutel aus rotem Samt handelte. Wie kam der in ihre Sachen? Er musste aus Versehen hineingeraten sein.
    Sie schüttelte ihn, etwas Glitzerndes rutschte heraus und fiel in die welken Binsen, mit denen der Boden bedeckt war. Agnes bückte sich und ertastete eine Münze. Sie war schwer und lag gut in der Hand. Als sie einen Blick darauf warf, glaubte sie ihren Augen nicht zu

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