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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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zurück wie eine Fliege. Agnes! Was hatte diese Frau an sich, dass er sie nicht vergessen konnte? Noch vor Kurzem waren solche Frauen für ihn nur dienstbare Geister gewesen, die sich am Rande seines Gesichtsfeldes wie Schatten bewegten. Er hätte nicht einmal um der puren Lust willen eine Magd angerührt. Diese Intimität mit einer unstandesgemäßen Person wäre ihm ekelhaft gewesen. Weshalb also war das bei dieser Weibsperson anders? Ihre Dreistigkeit hatte ihn erregt, und er hätte sie am liebsten in seine Arme gerissen. Mit seinem Abschiedsgeschenk hatte er sie treffen wollen. Das war seiner Eifersucht geschuldet. Wenn er es recht bedachte, hatte er sich lächerlich verhalten.
    Emanuel war schneller zurück, als Octavien geglaubt hatte. Ein Pergament in der Hand schwenkend, steuerte er auf seinen Tisch zu. Überrascht stellte Octavien fest, dass der Mönch ein vergnügtes Gesicht machte. »Ich muss nach Rom«, verkündete er mit einer Begeisterung, als habe man ihn gerade zum Domherrn ernannt.
    Nach Rom? Octavien beschlich so etwas wie Neid. Emanuel hatte immer schon von Rom geträumt. Sicher sollte er dort jetzt für seine Mühen belohnt werden. »Erzählt!«
    Emanuel bestellte erst einmal in Ruhe ein Bier und grinste breit, für einen Mönch seines Auftretens recht ungewöhnlich. »Unser Plan ist aufgegangen«, begann er, nachdem er ausgiebig ein paar Schlucke getrunken hatte. »Leider nicht zur Freude des Bischofs. Er hatte sich schließlich etwas Spektakuläres vorgestellt, um noch mehr Pilger nach Köln zu locken.«
    »Ja, na und?«, unterbrach Octavien ihn ungeduldig. »Weshalb müsst Ihr nach Rom?«
    »Ich weiß nicht, ob Euch bekannt ist, dass Hengebach und der Heilige Vater sich nicht allzu gut verstehen. Genauer gesagt, sie sind sich spinnefeind. Da kam es dem Bischof gerade recht, dass der Text gegen Innozenz gerichtet ist. Und aus eben diesem Grunde trug er mir auf, nicht zu zögern und diese Reliquie, auf die der Heilige Vater so sehnsüchtig wartet, auf schnellstem Wege vor sein Angesicht zu bringen.«
    »Ein Fuchs, dieser Hengebach! Und Ihr wagt es, Innozenz die Schmähschrift zu überreichen?«
    »Warum nicht? Ich präsentiere ihm das Kästchen so, wie wir es aufgefunden haben. Unterwegs lasse ich das beschädigte Schloss reparieren. Innozenz wird nicht erfahren, dass es den Umweg über den Bischof genommen hat, und ich werde den Ahnungslosen spielen, was den Inhalt angeht.«
    »Aber Ihr müsst ihm verraten, wie und warum wir es gefunden haben. Wenn der Text auch nicht den Untergang der Kirche bedeutet, so ist er doch ein schlimmer Angriff auf den Heiligen Vater selbst.«
    »Ich werde ihm nichts verschweigen.«
    »Und de Monthelon erwähnen?«
    »Warum nicht? Nur die Wahrheit kann uns retten. Außerdem möchte ich Euch bitten, mich als Zeuge nach Rom zu begleiten. Der Papst wird Eure Version hören wollen.«
    Auf diese Bitte hatte Octavien gewartet. Eine jähe Erleichterung durchflutete ihn. Aber er war viel zu stolz, Emanuel das merken zu lassen. »Nach Rom?«, maulte er, als sei dieser Ort ein Nest voller Nattern und nicht der Mittelpunkt der christlichen Welt. »Ich hatte eigentlich mit dieser leidigen Angelegenheit abgeschlossen. Das, was ich bei mir trage, will ich Euch gern aushändigen, wenn Ihr darauf Wert legt.«
    Aber Emanuel durchschaute ihn. Deshalb ging er gar nicht auf das Pergament ein. »Ach wisst Ihr«, erwiderte er, während er den Blick zur Decke richtete, »Ihr könnt mir meine Bitte einfach nicht abschlagen. Ich habe mich so an Euch gewöhnt. An Eure Hochfahrenheit, Euren Dünkel und Eure Schweißtüchlein. Was würde ich ohne Eure verbalen Seitenhiebe und Euren pedantischen Sauberkeitswahn anfangen? Mich ganz schrecklich langweilen.«
    Octavien grinste. »Bin ich wirklich so furchtbar?«
    Emanuel rollte den Blick zur Decke. »Nur ein unverzagter Zisterzienser, der allen Unbilden trotzt, kann es neben Euch ertragen.«
    »Hm, na wenn das so ist, dann will ich Euch noch eine Weile zur Last fallen.«
    Octavien dachte daran, dass ihre Route sie über Mainz führen werde. Sicher würde er Agnes immer noch vor dem Stadttor antreffen.
    Bereits eine Woche später sahen sie die Türme von Mainz am Horizont auftauchen. Sie stiegen wieder in der ›goldenen Traube‹ ab. Schon am nächsten Tag wollten sie weiterziehen. Es gab keinen Grund, länger in Mainz zu verweilen. Octavien aber musste Agnes unbedingt wiedersehen. Was er sich davon versprach? Sie anschauen, vielleicht mit ihr

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