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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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der Erde heraufsteigen gesehen. Emanuel hatte den Flecken untersucht und war auf eine verriegelte Falltür gestoßen. Doch die Mönche meinten, dort unten befinde sich lediglich ihr Weinkeller.
    Manches Mal, wenn er über all die Merkwürdigkeiten nachdachte, dann schien ihm dieser Ort kein Kloster zu sein und die Mönche keine Mönche, so als sei alles nur eine Tarnung für etwas Verbotenes. Dieses Kloster lag so versteckt, dass auch ein schreckliches Verbrechen unentdeckt geblieben wäre. Zwar wollte Emanuel nicht das Schlimmste annehmen, aber etwas Ungesetzliches geschah hier sicherlich. Etwas, das der Welt verborgen bleiben sollte. Doch was hatte er damit zu tun? Und eines Tages durchzuckte ihn ein furchtbarer Verdacht. Waren er und Octavien in diese Einöde gelockt worden wegen des Pergaments? Konnte Nathaniel bekannt sein, was sie gefunden hatten? Bei ihrer Ankunft hatte er sich mit dem Bescheid zufriedengegeben, sie hätten nur ein Kochrezept erhalten. Er hatte nicht nachgefragt. Niemand hatte Verdacht geschöpft. Doch inzwischen hielt Emanuel alles für möglich.
    Er teilte seine Befürchtungen Octavien mit. »Ich hoffe, ich bilde mir das alles nur ein«, murmelte Emanuel, als sie am späten Abend auf einer Steinbank im Kräutergarten saßen.
    »Ja«, gab Octavien ihm recht, »irgendetwas stimmt hier nicht. Die Mönche sind seltsam wehrhaft, doch hier gibt es weit und breit keine Feinde. Einer ist unter ihnen, der ficht besser als ich.«
    »Ich habe auch beobachtet, dass die Mönche die Klosterregeln nur sehr nachlässig beachten, allerdings kommt das in manchen Klöstern vor.«
    »Die Kartäuser mögen sich Flügel ankleben und wie Vögel zwitschern, das ist mir gleichgültig. Mich stört, dass wir, selbst, wenn wir wollten, nicht von hier wegkämen. Ich würde den Weg nicht wieder finden. Außerdem habe ich die Befürchtung, dass man uns nicht gehen ließe.«
    Emanuel nickte. »Und das mit fadenscheinigen Begründungen.«
    »Ich bin außerdem der Meinung, dass sich hinter dem ewig verschlossenen Tor keine verfallenen Köhlerhütten verbergen. Die Scharniere und das Schloss sind gut geölt. Und die Treppe unter der Falltür führt bestimmt nicht in einen Weinkeller.«
    »Woran denkt Ihr? An einen Hexentanzplatz?«
    Octavien lächelte verkniffen. »Ich wäre froh, wenn es einer wäre. Und wisst Ihr, noch eins ist seltsam. Dieses kleine, vergessene Kloster besitzt von allem im Überfluss. Es muss steinreich sein.«
    Das sah Emanuel auch so. »Wenn der Abt zurück ist, müssen wir mit ihm reden. Wir werden uns nicht einschüchtern lassen und Tacheles mit ihm reden, wie die Juden zu sagen pflegen.«
    ***
    Ein weiterer Gast war eingetroffen. Es war Octaviens Onkel Etienne. Er kam in Begleitung zweier Kartäusermönche und verlangte sogleich nach der Ankunft, seinen Neffen zu sprechen. Freudig überrascht kam ihm Octavien auf dem Klosterhof entgegen und begrüßte ihn mit Handschlag. Den Bruderkuss hatte er ihm schon immer aus Gründen des strengen Geruchs verweigert. Etienne trug seinen Männerschweiß wie eine zweite Rüstung.
    »Pax vobiscum«, rief Etienne.
    »Et cum spiritu tuo«, erwiderte Octavien.
    »Du siehst blass aus, Junge. Irgendwelchen Ärger?«
    »Nichts Wesentliches«, brummte Octavien. »Nur ein wenig einsam hier.«
    Etienne schaute sich auf dem trostlosen Hof um. »Wieso? Was hast du auszusetzen? Ist doch ganz annehmbar. Selbst einen Stall gibt es und eine schöne Pferdetränke.«
    Octavien lachte. »Bist du zum ersten Mal hier?«
    »Obwohl ich den Abt schon lange kenne, in seine Klause wage ich mich heute zum ersten Mal.«
    Etienne wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß aus dem Gesicht. »Nathaniel hat mir eine Einladung geschickt. Bin aber nur gekommen, weil er mir schrieb, dass du auch hier bist. Wollte sehen, wie es dir geht.«
    »Ich bin wohlauf, Onkel. Ich hoffe, dir geht es auch gut?«
    »Diese Wildnis hat mir den Rest gegeben. Tagelang haben wir keinen Menschen gesehen. Aber ich habe es überlebt.«
    Sie schlenderten hinüber zum Gästehaus. »Ich bekomme die Kammer gleich neben dir, das hat man mir versprochen.«
    »Du kannst auch gleich ein Bad nehmen, Onkel.«
    Zu sagen, wie dringend notwendig es sei, verkniff er sich.
    »Ein Bad? Ach so, ja. Das hat noch etwas Zeit. Auf die innere Reinheit kommt es an.«
    Octavien seufzte.
    Die Mönche hatten sich bereits um alles gekümmert. Etiennes Sachen waren in der Truhe verstaut. Er sah sich kurz in dem Zimmer um und nickte zustimmend. Dann

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