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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Gesellschaft. Sie wollte Mainz verlassen, sie hatte genug von ihrem Gewerbe und von der Stadt, so sagte sie jedenfalls. Nach Rom wollte sie, ich glaube, wegen des guten Wetters. Nun, ich riet ihr, sich dem Kinderkreuzzug anzuschließen, der auf dem Weg in den Süden war, denn eine Frau kann schließlich unmöglich allein unterwegs sein. Zum Dank dafür erhielt ich dann den Guss.«
    Octavien packte Sinan an beiden Oberarmen und strahlte ihn an. »Sie ging nach Rom, sagtet Ihr? Danke! Ich danke Euch für diese Auskunft.«
    Milde lächelnd machte sich Sinan los aus dem Griff. »Aber Herr Tempelritter, Ihr seid ja stürmischer als mein letzter Galan. Doch Scherz beiseite. Ich gab ihr diesen Rat, aber ganz offensichtlich war sie davon nicht begeistert. Ich glaube kaum, dass sie ihn befolgt hat.«
    Octavien wich ernüchtert zurück. Verlegen räusperte er sich. »Vielleicht hat sie sich einer anderen Gruppe angeschlossen. Oh, ich bin sicher, dass sie in Rom ist. Wenn sich Agnes etwas in den Kopf setzt, dann tut sie es auch.«
    Ein Geräusch ließ ihn herumfahren, aber da war niemand, nur ein paar Zweige wippten, wahrscheinlich ein Vogel, der aufgeflogen war.
    »Wo bleibt eigentlich Emanuel?«, fragte Octavien. »Hat Euer Diener ihm vielleicht nichts ausgerichtet?«
    Sinan sah sich um. »Unmöglich. Unsere Diener sind zuverlässig. Wahrscheinlich hat er sich mit einem Buch in eine stille Ecke geflüchtet.«
    »Dann hätte man Euch das gemeldet.«
    »Hm, richtig. Wartet, ich weiß, wo er sich gern aufhält, ich werde ihn selber suchen.«
    ***
    Emanuel hatte sich in ein kleines marmornes Tempelchen zurückgezogen, das keinen anderen Zweck erfüllte als schmückendes Beiwerk zu sein. Nicht einmal Liebespaare nutzten es als geheimes Versteck, denn solche Verbindungen waren in Nathaniels Umfeld nicht vorgesehen. Für Emanuel jedoch war es eine Zuflucht wie der Andachtsort einer kleinen Kapelle. Erst ungewollt, dann aus eigenem Entschluss hatte er dem Gespräch der beiden gelauscht, und das Gehörte hatte ihn mit der Wucht einer Streitaxt getroffen.
    Sinan furchte die Stirn, als er seinen Bruder erblickte, wie er dort kniete, das Christenkreuz auf seiner Brust umfasste und betete. Seine Christenkutte hatte er auch wieder angelegt. Die marmorne Statue, antiken Vorbildern nachempfunden, stellte einen knienden Jüngling dar, der einer hypothetischen Person einen Blütenkelch reichte. Emanuel würdigte sie keines Blickes.
    »Höriger Christenknecht«, murmelte Sinan. Unbemerkt trat er näher und wartete, bis Emanuel sein Gebet beendet hatte.
    Als Emanuel sich aufrichtete und Sinan bemerkte, zuckte er verstört zusammen und raffte seinen staubig gewordenen Habit.
    »Darf ich den Grund deiner Andacht erfahren, Sarmad?« Sinans Stimme war wie Samt. Emanuel ahnte die brodelnde Lava darunter. Aber wo konnte er Rettung finden? Die Teufel hatten ihn umzingelt. Selbst Octavien hatten sie verführt.
    »Die Hexe«, flüsterte er. »Octaviens Herz hängt an dieser Hexe aus Mainz, ich habe alles gehört.«
    »Welche Hexe?«, fragte Sinan mit großer Geduld.
    »Die Frau, die mich Satan ausliefern wollte in St. Stephan. Octavien hat es dir doch gesagt. Ihretwegen war er fort.«
    Wie ausgesprochen lächerlich!
Sinan begann sich ernsthaft zu ärgern. Dennoch blieb er unverändert freundlich. »Hm, soweit mir bekannt ist, bist du der Verführung nicht ausgewichen?«
    Emanuel ballte die Fäuste. »Das war der Teufel, nicht ich. Der Teufel ist in mich gefahren, sie hat ihn auf mich gehetzt, diese Hure!«
    »Du enttäuschst mich, Sarmad«, fuhr Sinan ruhig fort. »Willst du die eigenen Begierden dem Teufel anlasten?«
    »Ich muss dem Teufel nichts anlasten«, zischte Emanuel. »Diese Art von Begierden sind immer des Teufels, es sei denn, man ist vor Gott Mann und Frau.«
    »Ach ja?« Sinan verschränkte die Arme, und seine Mundwinkel zuckten, als müssten sie einen Sturm von Flüchen zurückhalten. »Muss ich dich daran erinnern, dass du den weltfremden Geboten des Christengottes nichts mehr schuldest? Vor Mithras bist du mit keinem Makel befleckt.«
    »Aber es geschah in einer Kirche hinter dem geweihten Altar.«
    Emanuel standen Schweißtropfen auf der Stirn. »Dafür ist mir die Hölle sicher. Und nun hat sie auch Octavien in ihren Fängen.«
    »Bei Luzifers Eiern!« Sinan konnte seine Wut nicht mehr zügeln. »Was soll dein Gerede von der Hölle? Hat der Meister dir nicht die Herrlichkeit eines anderen Gottes gezeigt? Die lichtdurchfluteten Hallen,

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