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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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verändern, nur weil man ihn mit heiligem Öl zum Parsen weihte? Er selbst hatte sich damals nach den Weihen zum Mönch nicht anders gefühlt als zuvor. »Darf ich das Kloster demnach nicht verlassen? Bin ich ein Gefangener?«
    »Da ich den Meister nicht fragen kann, muss ich selbst die Entscheidung treffen. Wir werden auf Octavien warten, dann sehen wir weiter.«
    ***
    Octavien traf nach sieben Tagen ein, etwas abgerissen und schlecht gelaunt. Sein Reisemantel war fleckig, eine Naht seines Lederwamses war gerissen, und aus seinem Adler hatten sich die Goldfäden gelöst. Die Mönche, die ihn willkommen hießen und sich um sein Pferd kümmerten, bekamen seine herrische Art zu spüren. Sie verzogen keine Miene, dazu waren sie zu gut erzogen.
    Octavien dachte nicht daran, an diesem Ort ewig auf den Abt zu warten. Das Pergament war verschollen, zwecklos, es zu suchen. Nathaniel mochte sich allein darum kümmern, weder er, Octavien, noch Emanuel waren verpflichtet, ihm dabei zu helfen. Neubabylon war beeindruckend, aber für seine Bedürfnisse viel zu eng und abgeschieden. Er hatte Emanuel sein Wort gegeben, nur aus diesem Grunde war er hier. Dieser konnte bleiben oder mitkommen, wie es ihm beliebte.
    Auf dem Hof kam ihm ein junger Mann entgegen, sehr gut gekleidet, sehr gut aussehend, sehr höflich. Er verneigte sich formvollendet und begrüßte ihn herzlich. Octavien stutzte. Er kannte diesen Mann! Wo war er ihm schon einmal begegnet?
    Auch bei dem anderen blitzte Erkennen auf. »Herr Templer! Sind wir uns nicht schon einmal in Mainz begegnet?«
    Jetzt wusste auch Octavien, wen er vor sich hatte. Den Spielmann vom Marktbrunnen. Was zum Henker tat dieser in St. Marien? War ihre Begegnung damals gar kein Zufall gewesen? Hatte der Kartäuserabt sie von Anfang an im Blick gehabt? Octavien lächelte kühl. »Ich erinnere mich, Stefano de Fiore aus Sizilien, wenn ich mich nicht irre?«
    »Das ist ein Name, den ich hin und wieder annehme.«
    »Was für ein Stück führt Ihr hier auf? Ihr seid doch kein Spielmann.«
    »Mit Verlaub, Ihr kränkt mich. Mir wurde stets versichert, ich spielte ausgezeichnet. Ihr selbst hattet mir damals Lob gezollt. Ich gebe jedoch zu, dass ich daneben auch andere Aufgaben wahrnehme. Unser Zusammentreffen in Mainz war allerdings nicht geplant, auch wenn Ihr das heute vielleicht nicht glauben wollt.«
    »Doch, doch, warum nicht? Ihr arbeitet also, wie ich vermute, für den Abt?«
    »Für den Abt, den ich Meister nenne, ja. Mein wahrer Name ist Sinan al Abu Yahya al Karim, meine Eltern stammen aus Akkon.«
    »Ihr seid Sarazene? Darauf hätte ich gleich kommen können.«
    Sie überquerten den Hof, um zu den Quartieren zu gelangen. »Nachdem meine Eltern von Kreuzrittern erschlagen wurden, wuchs ich hier auf. St. Marien ist meine Mutter, der Meister mein Vater, wenn ich das so pathetisch ausdrücken darf.«
    »Und Euer Auftreten als Spielmann? War das eine Laune von Euch?«
    »Eine notwendige Tarnung, um meine Aufgaben in der Welt zu erfüllen, die mir vom Meister aufgetragen wurden.«
    Octavien merkte, dass Sinan sich nicht näher erklären wollte, und wechselte das Thema. »Ist mein Freund Emanuel gut hier angekommen?«
    »Ja, und es geht ihm ausgezeichnet. Allerdings hat er seinen Namen abgelegt. Schließlich passt dieser christliche Mönchsname nicht zu unserer Bruderschaft. Er hat seinen wahren Namen angenommen, er heißt jetzt Sarmad.«
    »Ein arabischer Name. Wer hat diesen Namen für ihn ausgesucht?«
    »Unsere Eltern. Sarmad ist mein Bruder.«
    »Ihr scherzt! Davon hat mir Emanuel nie etwas gesagt, dass er hier in St. Marien einen Bruder hat.«
    »Er hat es nicht gewusst. Niemand hat es gewusst.«
    »Auch nicht Nathaniel? Ich dachte, der Meister wüsste alles.«
    »Wir in St. Marien sind über viele Dinge unterrichtet, aber alles weiß nur Gott, und er verschweigt uns manches. Wir alle hielten ihn für tot. Wenn Ihr wollt, besuchen wir ihn gleich, nachdem Ihr Euch ein wenig erfrischt habt. Er wartet sehnsüchtig auf Euer Kommen. Dann können wir entspannter reden.«
    ***
    Selbstverständlich war Sinan über das Herannahen des Templers bereits frühzeitig unterrichtet worden und hatte entsprechende Vorbereitungen getroffen. In einem nach allen Seiten offenen Gartenhaus auf dem Anwesen Emanuels war der Tisch gedeckt. Aber Emanuel war nicht da. Sinan ließ ihn durch einen Diener suchen und ihm ausrichten, dass Octavien angekommen sei. Bis Emanuel eintraf, sah er es als seine Pflicht an, den Gast

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