Schatten eines Gottes (German Edition)
Kardinäle und das hieß, dass auch Nathaniel ihn begleiten musste.
»Ein Glücksfall«, hatte Nathaniel bemerkt. »Auf so einer Reise kann viel passieren. Dort ist Innozenz schlechter geschützt als hinter Kirchenmauern.«
Während sich Nathaniel mit drei anderen Kardinälen, die sich in Rom aufhielten, zusammentat, um nach Viterbo zu eilen, stand zwischen Sinan und Nicholas der zweite Streit ins Haus. Es war vereinbart worden, dass Sinan als Bruder Stefanos von den Benediktinern dem Tross in gebührlicher Entfernung folgen sollte. Wann und wo er das Attentat ausführen würde, wollte Sinan von den Bedingungen abhängig machen, die er unterwegs vorfand.
»Du willst also wirklich dein Vorhaben durchführen?«, fragte Nicholas. Sinan sah, dass er geweint hatte, aber ob aus Sorge um Sinan oder aus Zorn auf ihn, war nicht klar.
»Ich möchte mit dir nicht mehr darüber reden. Es ist sinnlos. Und du verstehst es ohnehin nicht.«
So wies man kleine Kinder in die Schranken. Nicholas fühlte sich gedemütigt. »Und du bist deinem Meister blind verfallen. Du denkst nicht mehr selber, wenn er dir befiehlt. Du lässt
ihn
denken. Sonst wüsstest du, dass die Ziele der Bewegung mit Mord nicht vereinbar sind.«
»Unsinn! Alle großen Ziele wurden mit Blut besiegelt. Mit dem Blut der Feinde, und Innozenz ist ein Feind. Wenn du ihn kennen würdest …«
»Was denn? Du glaubst, ich kenne ihn nicht? Innozenz ist mit Feuer und Schwert gegen die Ketzer vorgegangen, aber wer wie dein Meister den Menschen den Frieden bringen will, der darf nicht die gleichen Methoden anwenden wie die Bösen, sonst gehört er selber zu ihnen.«
»Es gehörte zu meiner Ausbildung, das Böse kennenzulernen und das Böse zu tun, um es recht beurteilen zu können. Hat man mich erst einmal zum Parsen geweiht und herrsche ich erst über die Bewegung, dann wird alles gut, glaube mir!« Sinan wollte Nicholas bei den Schultern fassen und ihm in die Augen sehen, aber Nicholas wich ihm aus.
»Nein, ich glaube dir nicht. Du und dein Meister, ihr seid nicht besser als Innozenz. Euch liegt nur an der Macht, ihr seid besessen von der Macht.«
»Und du bist noch ein Knabe und weißt nichts von der Welt. Wer nicht selbst die Macht ergreift, muss sich ducken und unterwerfen. Zu denen werde ich nicht gehören.«
»Ich habe mehr von der Welt erfahren, als mir lieb ist«, schrie Nicholas ihn an. »Oh, ich wünschte, ich wüsste gar nichts über diesen gottverlassenen Ort!«
Sinan streckte die Hand aus. »Ich weiß. Es tut mir leid. Aber Nicholas, versteh doch, ich muss dem Meister gehorchen.«
»Nein, du musst deinem Gewissen gehorchen. Ihm allein.«
»Und das sagt mir, dass Innozenz sterben muss«, gab Sinan brutal zur Antwort. Er wollte dieses Gespräch, das nirgendwo hinführte, unbedingt beenden. Nicholas beendete es, indem er sich umdrehte und das Zimmer verließ.
Sinan fluchte halblaut vor sich hin. So hatte er sich den Abschied nicht vorgestellt. Aus einer letzten gemeinsamen Nacht würde nun wohl nichts werden. Schließlich zuckte er die Achseln. Er musste das Notwendige tun. Nicholas nachzugeben hätte bedeutet, die Bewegung zu verlassen, und das konnte er nicht, denn um ihr zu dienen, dazu war er geboren worden.
***
Sinan hatte sich etlichen Mönchen angeschlossen, die sich stets im Gefolge des Papstes wiederfanden, wenn er auf Reisen war, und das war er ziemlich oft. Er war mit den Regeln der meisten Mönchsorden vertraut, und er musste nicht befürchten, dass er sich durch ungeschicktes Verhalten verriet. Dennoch hatte er aus Vorsicht den Habit der Benediktiner gewählt, weil diese sich strenger als andere an das Schweigegebot hielten, was Sinan entgegenkam. Härter kam ihn an, dass er als Mönch zu Fuß laufen musste, und es war eine recht lange Strecke, die da vor ihm lag. Ein Grund mehr, seinen Auftrag so rasch wie möglich zu erledigen, denn dann konnte er wieder nach Rom und zu Nicholas zurückkehren.
Je weiter sie vorankamen, desto erwartungsvoller schlug sein Herz. Abermals war er in seiner Bestimmung unterwegs und erhielt die Gelegenheit, sein Versagen wieder gut zu machen.
Die Gruppe der Mönche marschierte in der Regel weit hinter den Berittenen und den Kardinälen samt Dienerschaft, die in Kutschen reisten. Während diese in der Nacht große Zelte aufschlugen, hielten sich die Mönche abseits und fanden in kleinen Kapellen oder im Freien Zuflucht. Bis Viterbo hatten sie drei Tage gebraucht, wo sie auf den Papst und seinen Begleitzug
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