Schatten eines Gottes (German Edition)
zusammengebunden, darüber schwebte eine rote Kappe mit weißer Feder. Gekleidet war er in ein eng anliegendes Wams, darunter bauschte sich ein weitärmeliges Hemd, seine Beine steckten in eng anliegenden Hosen und hohen Stiefeln. Über dem Rücken hing seine Laute. Etwas Fremdes, Unergründliches lag wie ein Schleier über ihm.
Seine Haut war dunkel wie Zimt, und seine Augen glänzten wie schwarze Kiesel.
So ein schöner Mann! Agnes musste zweimal schlucken. Statt ihn nach seinem Begehr zu fragen, hantierte sie zerstreut mit ihren Puppen, Steinen und Tüchern und brachte alles durcheinander.
»Was könnt Ihr mir gegen liebestolle Weiber empfehlen, Jungfer?«
Agnes, sonst nicht auf den Mund gefallen, begann zu stottern. »Gegen – äh – Ihr meint also das Gegenmittel?«
»Das Gegenmittel wovon?«
»Vom Liebeszauber.«
Verdammt,
dachte sie,
kann er nicht etwas Vernünftiges verlangen wie ein Mittel gegen Hühneraugen?
»Ihr führt so etwas wohl nicht?«
»Ich – nein, das hat bisher noch niemand verlangt.«
Ich muss meine Sprache wieder finden und meine Sinne beieinander halten,
schalt sie sich.
»Kann es sein, dass Ihr ein wenig durcheinander seid? Die Mittagssonne ist manchmal recht drückend. Habt Ihr dagegen nichts in Eurem Bestand? Wahrscheinlich nicht.« Er lachte. »Der Schuster trägt ja bekanntlich die schlechtesten Schuhe.«
Sie räusperte sich. »Es liegt nicht an der Sonne.«
Gott, wie spröde ihre Stimme war, fast heiser. Gleich würde er sie fragen, ob sie nicht ein Mittel gegen Heiserkeit habe.
»Wie ist es nun, Jungfer?«, fragte er ungeduldig. »Habt Ihr ein Tränklein oder Pülverchen gegen Liebestollheit?«
»Ich weiß, es geht mich nichts an, aber wozu braucht Ihr so etwas?«
»Als ich eben dort unter der Linde saß und spielte, haben mich die Frauen fast erdrückt. Man freut sich natürlich, wenn man beliebt ist, aber manchmal treiben sie es zu toll, versteht Ihr?«
»O ja, besonders die Alten und Hässlichen. Aber wie wollt Ihr ihnen das Pulver eingeben?«
»Gar nicht. Ich dachte, ich nehme es ein, und die Frauen nähern sich mir nur noch auf sagen wir fünf Schritte Abstand.«
Da hilft eine gewöhnliche Knoblauchzwiebel
, wollte sie erwidern, doch dann gewann ihre Geschäftstüchtigkeit die Oberhand. »Natürlich, das – ich müsste es aber erst anfertigen. Wenn Ihr morgen wiederkommen möchtet? Dann wäre das Pulver bereit.«
Da lachte der Spielmann. »Und das sagt Ihr, ohne nur einmal zu blinzeln. Das nenne ich Selbstbeherrschung. Aber ich weiß natürlich, dass es so ein Mittel nicht gibt. Ihr verkauft nur Tand.«
Nun hatte er Agnes bei ihrer Ehre gepackt. »Was? Alles, was ich anbiete, ist mehrfach geprüft. Die Leute beschenken mich, um mir zu danken. Spielt Euch nur nicht auf, nur weil ich Euer – äh – seltenes Mittel nicht da habe.«
»Nun gut. Ich will mich überzeugen lassen. Was ist das hier zum Beispiel?« Er zeigte auf einen Strohwisch mit rotem Band.
»Das ist eine Liebespuppe. Hilft bei besonders hartnäckigen Fällen.«
Der Spielmann grinste. »Schade. Ich bin ja eher am Gegenteil interessiert.« Er tippte an seine Kappe. »Ich wünsche Euch dennoch viel Glück und Erfolg beim Betrügen guter Christen.«
Er grinste unverschämt und wollte weitergehen.
Aufgeblasener Laffe!,
dachte Agnes ärgerlich.
Der glaubt, dass ihn sein Aussehen unangreifbar macht. Aber ich werde ihm schon heimleuchten.
»Herr Spielmann! Auf ein Wort noch!«
Er blieb stehen. »Ja?«
»Ich hätte hier etwas für Euch.«
Sie hielt ihm ein billiges Holzkreuz hin, das sie am Morgen mit Teufelssalbe bestrichen hatte. Wer es in den Händen hielt und anbetete, verfiel Satan. Nun, vielleicht nicht gleich Satan, aber der nächsten Frau, die ihm begegnete, mochte sie auch hässlich wie ein Mondkalb sein.
Der Spielmann betrachtete es mit geneigtem Kopf. Ein schmales Lächeln flog über seine Lippen. »Gut. Ich nehme es. Kreuze bringen mir Glück.«
Er bezahlte und steckte es in seinen Beutel. »Und nun gehabt Euch wohl, Jungfer.«
Agnes Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals, sie wusste nicht, ob vor Zorn über den Spielmann oder über sich selbst, als ein Landsknecht zu ihr an den Stand trat. Agnes setzte sofort ein geschäftsmäßiges Lächeln auf, doch der unrasierte Kerl schien nichts kaufen zu wollen. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, und sie ahnte nichts Gutes, denn der Mann warf ihr einen abgeschälten Zweig auf den Tisch, in den einige Zeichen eingeritzt waren. Sie
Weitere Kostenlose Bücher