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Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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sah mich nur an mit einem Blick, der mir durch Mark und Bein ging.
    »Ich weiß«, sagte er endlich, »was dich zu dieser Frage bewegt. Nicolaus hat mir so manches von dir erzählt. Er selbst vermutete ja schon, dass du ein Spurius seiest, und ich fand das hier bestätigt, wenn auch in anderer Weise, als du es mit deiner Erzählung ihm gegenüber andeutetest. Nun«, er lächelte in der unnachahmlichen Weise, die alle Welt bestrickte, »es war die Lizenz eines Poeten, der manches Mal die Wirklichkeit verwischt, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.
    O mein Lieber, warum hast du dich deinem Freund nicht anvertraut? Wir hätten dir doch helfen können! Hätten deine Ehrlichsprechung beim Konzil doch mit Leichtigkeit erwirkt, da du ja nicht der Sohn einer Pfaffendirne bist, sondern einer Mutter und eines Vaters, die nach unsern Gesetzen ohne Weiteres hätten heiraten dürfen und auch hätten heiraten wollen, wenn nicht die Gesetze der Feinde der Christenheit dem entgegengestanden wären.«
    Wie gut er unterrichtet war! Was aber konnte sein Interesse an meiner bescheidenen Person denn erweckt haben?
    »Noch ist es nicht zu spät«, fuhr er fort. »Heute kann ich beim Papst erwirken, was mir damals beim Konzil möglich gewesen wäre. Und ich werde das um so leichter erreichen, wenn auch du dem Papst, ja der ganzen Christenheit, einen Dienst leistest.«
    (Nun springt die Maus aus der Falle, dachte ich und ließ kein Auge von ihm.)
    »Du hast doch sicherlich gehört«, fuhr er fort, »dass die christliche Flotte im Hellespont kreuzt. Murad aber hat den Hauptteil seiner Streitkräfte von Europa abgezogen, um den Aufstand seines Schwagers in Anatolien niederzuschlagen. Also ist der Augenblick, ihn zu bekriegen, für uns günstiger denn je.«
    »Doch es sind uns die Hände gebunden!« rief ich bestürzt. »Unser König hat auf die Bibel geschworen …«
    »Einen Eid, der nicht gültig ist, weil er einem früher bereits geleisteten widerspricht. Ich bin in halb Europa herumgereist, um die Herrscher zu bewegen, den Ungarnkönig in seinem Kampf gegen die Türken zu unterstützen. Da ihm von allen Seiten Hilfe zugesagt wurde, schwor Wladislaw vor vier Monaten auf dem Reichstag zu Buda, den Sultan noch in diesem Sommer anzugreifen. Durfte er diesen Eid brechen und seine Bundesgenossen, die ihm mit ihren Kriegsvorbereitungen so große Opfer gebracht haben, an der Nase herumführen?«
    »Das durfte er wohl, da ihre Hilfe, die doch die Voraussetzung für seine Zusage gewesen war, so lange ausblieb.«
    »Jetzt höre ich den Hunyadi János aus dir sprechen, der sich von dem alten Fuchs, dem Brankowitsch …« Er unterbrach seinen Satz, war wohl über das, was er hatte sagen wollen, selbst erschrocken, denn er mäßigte sogleich seine Stimme und sagte: »Der Hunyadi János ist ein großer Mann. Er hat einen scharfen Blick und ein mutiges Herz. Was er in den letzten Jahren geleistet hat, wie er in dem verworrenen Spiel der Kronprätendenten mit sicherer Hand die rechte Karte zog und sie zur rechten Zeit einsetzte, ist bewunderungswürdig. Ohne ihn wäre Ungarn verloren gewesen. Und ich glaube auch nicht, dass es wahr ist, was man von ihm erzählt.«
    »Dass er bestochen worden wäre? Dass er darum dem König zum Frieden geraten hätte, weil ihm Brankowitsch große Güter dafür versprach? Sie sollten sich schämen, allesamt, die ihm so etwas zu unterstellen wagen, ihm, der ein Söldnerheer aus eignen Mitteln erhält, weil die großen Magnaten sich weigern, mit ihren Banderien außerhalb der Landesgrenzen zu kämpfen, und er Ungarn den Türken nicht zur Beute überlassen will!«
    »Du brauchst ihn nicht zu verteidigen. Vor meinen Ohren nicht. Er ist ein durch und durch ehrenwerter Mann. Nur irrt er sich hier. Aber irren ist menschlich.
    Er sagt, der König habe durch diesen Vertrag ohne Schwertstreich so viel erreicht, wie er bestenfalls durch einen Sieg hätte gewinnen können. Doch das stimmt nicht. Denn wenn jetzt unsere Flotte den Sultan daran hindert, von Kleinasien nach Europa überzusetzen – und dazu ist sie wohl imstande: achtzehn Kriegsschiffe aus Italien, zwei aus Burgund, zwei aus Ragusa, alle mit tüchtigen Kanonen bestückt, sollten der türkischen Armee nicht die Spitze bieten können? –, dann haben wir ein leichtes Spiel.
    Der Plan ist schon ausgearbeitet. Wir marschieren dieses Mal nicht über die Balkanpässe, sondern am rechten Donauufer entlang bis ans Meer und fallen von dort dem Beglerbeg von Rumili bei Adrianopel

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