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Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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und ihn zu einem Literaten zu machen, aber meine Ichsucht ließ es nicht zu: Wäre er mir doch sonst sicherlich eines Tages davongegangen, um es auf einer hohen Schule zum Magister oder gar zum Doktor zu bringen – nein, diesen Wunsch wollte ich gar nicht erst in ihm erwecken.
    Eines Tages schreckte Margit mich auf. »Die Türken kommen!« rief sie. »Soeben ritt ein Bote von unserem Herrn Hunyadi in den Hof.« Nun also, dachte ich, hat sie endlich wirklich einen Grund zu Angst und Sorge.
    Aber auch dieses Mal hatte sie keinen. Wohl hatte in den vergangenen Jahren das Land von Waffenlärm widerhallt. Sigismund hatte recht behalten mit seiner Prophezeiung: Kaum war er tot, als sich die Türken wieder regten. Umsonst hatte Georg Brankowitsch, der Despot von Serbien, dem Sultan seine schöne Tochter zur Frau gegeben und seine beiden Söhne als Geiseln gestellt: Sein Opfer war vergeblich gewesen. Murad scheute sich nicht, seinem Schwiegervater das ganze Land zu rauben und den Brüdern seiner Gattin das Augenlicht. Serbiens Hauptstadt Semendria hatte er eingenommen und alle serbischen Festungen bis auf Belgrad.
    Diesmal aber ging es nicht um Krieg, sondern um Frieden. Denn Hunyadi hatte wiederum einige glänzende Siege erfochten, war tief in Feindesland vorgedrungen und mit großer Beute und vielen Gefangenen heimgekehrt, unter denen sich auch des Sultans eigener Schwager befand. Nun lag die Sultansschwester ihrem Bruder in den Ohren um die Befreiung ihres Gatten. Vielleicht wäre Murad durch das Weinen eines Weibes nicht weichzumachen gewesen, jedoch ein anderer Schwager (oh, Sultane haben deren viele, wenn sie sich ihrer Brüder auch rechtzeitig zu entledigen pflegen!) hatte einen Aufstand angezettelt, Murad musste, um ihn niederzuschlagen, sein Heer nach Anatolien übersetzen und brauchte Rückendeckung in Europa.
    Seine Gesandten hatten mit Brankowitsch verhandelt, der sich im Gefolge des ungarischen Königs befand und dem sehr daran lag, mit Murad ins Einvernehmen zu kommen. Genug und gut, Friedensgespräche sollten in Szegedin stattfinden, und Hunyadi rief mich, weil er mich als Dolmetscher brauchte.
    Als ich in Szegedin ankam, hörte ich, dass der Kardinal Cesarini als päpstlicher Legat an den Verhandlungen teilnehmen werde. Cesarini! Er war die Seele des Konzils von Basel gewesen. Hatte er nun, da die Konzilsväter, wie jedermann wusste, mit Eugenius gebrochen und einen Gegenpapst aufgestellt hatten, die Front gewechselt?
    Nun, in Szegedin kamen andere Dinge zur Sprache als diese Streitigkeiten zwischen den Christen! Nach dem großen Sieg Hunyadi über die Türken war im Frühjahr auf dem Reichstag in Buda beschlossen worden, auch in diesem Sommer wieder gegen sie zu Felde zu ziehn, und Eugenius hatte seine Hilfe zugesagt, ebenso der Herzog von Burgund, die Republiken Genua und Venedig, der Kaiser von Konstantinopel, Skanderbeg, der Fürst von Epirus und noch einige kleinere Herren. Doch die Vorbereitungen zu diesem großen Unternehmen gingen nur zögernd voran.
    Und nun also kam das Angebot des Sultans: Ganz Serbien, die Herzegowina und einen Teil von Albanien wollte er freigeben, alle serbischen Festungen räumen, die Söhne des Despoten Brankowitsch ihrem Vater zurücksenden. Alle Gefangenen sollten von beiden Seiten ohne Gegenleistung entlassen werden außer dem Schwager des Sultans, für den dieser ein hohes Lösegeld zu zahlen bereit war.
    Durch dieses Angebot kam unser junger König in eine äußerst schwierige Lage. Eben hatte er sich durch geschickte Verhandlungen den Rücken freigemacht für seine großen Unternehmungen gegen den Erbfeind der Christenheit. Und nun fiel ihm dieser selbst mit einem derartigen Friedensangebot geradezu in den Arm.
    Doch alle von den Türken unmittelbar bedrohten Bundesgenossen beschworen ihn, dieses Angebot anzunehmen, in erster Linie Brankowitsch, der alles das wiedererlangen würde, was er verloren hatte. Doch auch die Polen, die ohnehin verstimmt darüber waren, dass ihr König sich mehr mit den ungarischen Angelegenheiten befasste als mit ihrem Land, und auch Hunyadi. Denn der wusste nur allzu gut, wie erschöpft und ausgeblutet unser armes Land trotz all seiner Siege war.
    Cesarini setzte seine ganze Beredsamkeit ein, um den König von der Annahme des Friedensangebotes abzuhalten. Man könne nicht die Bundesgenossenschaft und Hilfsbereitschaft so vieler Herrscher sich zusichern lassen, um schließlich zu sagen: »Geht nach Hause, wir brauchen euch nicht mehr.« Aber

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