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Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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nur dann, wenn es ihnen etwas einbringt! Als ob noch niemals ein Moslem einen Moslem verkauft hätte!)
    »Der ist gar kein Moslem, ist ein Christ!« Nun trat Jakub an mich heran und leuchtete mir mit der Fackel ins Gesicht. »Ein Christ? Aber das ist doch Dschird-schis Ben Ischtwan, der mit uns von Brussa ...« Abbas schnitt ihm das Wort ab. »So, Dschirdschis nennt er sich jetzt. Dschirdschis Ben Ischtwan. Ja, ich erinnere mich. Seine Mutter rief ihn Giorgi, seinen Vater Ischtwan. Daraus kannst du doch erkennen, dass sie Christen waren! Heißt auch ein Moslem Dschirdschis oder Ischtwan?« Er bemächtigte sich meiner Habe, ich musste zusehn, wie er die Satteltaschen meines Pferdes durchwühlte und meine unersetzlichen Aufzeichnungen mit einem Hohnlachen dem Feuer übergab. Aber was bedeutet schon selbst der größte Verlust an irdischem Besitz gegenüber dem Verlust der Freiheit? Als der Morgen graute, wurde ich in die Sklaverei verkauft. Der Tschagataier nahm mich mit zum Stamme Sul-duz.
    Was ich in den nächsten fünf Jahren erlebte, ist in wenigen Sätzen gesagt: Es ging mir so schlecht, wie es einem Menschen nur immer gehen kann. Die, denen ich ausgeliefert war, lebten selber oft genug in äußerster Not und Bedrängnis. Gewiss, sie hatten ihre Herden. Wie aber, wenn es selbst im Herbst und im Frühjahr nicht regnete und die Steppe zur Wüste wurde, die Brunnen versiegten, das Gras verdorrte, die Tiere verhungerten und verdursteten? Ist ein Mensch! der die Zeit seines Lebens im Fruchtland zugebracht hat, imstande, sich auszumalen, was das bedeutet?
    Und selbst in guten Jahren: die Hitze des Sommers, die Kälte des Winters, die Stürme, die manchmal ganze Zeltdörfer im Sand begraben.
    Die Hälfte aller Kinder stirbt im ersten Lebensjahr. Von denen, die übrig bleiben, die Hälfte bis zum fünften Lebensjahr. Die aber, die nicht sterben – die werden dann zum Schrecken der Welt! Und man muss sie verstehen, wenn sie sagen: »Wie? Raubzüge sollen verboten sein? Ja, wovon sollen wir dann leben?«
    Und nun leben unter einem solchen Volk. Als letztes Schaf an der Tränke. Und überleben.
    Es ist wie ein Wunder. Es ist das Wunder der Wüste. Denn sie erzeugt nicht nur diese Gottesgeißeln, die Länder überfallen, Völker niedertreten, Siegespyramiden aus Schädeln der Erschlagenen bauen wie Dschingis-Chan, wie Timur – nein, mit ihrem Feueratem entzündet sie auch Propheten, wie Moses, wie den Täufer, wie Muhammad, und in ihrer Stille und Einsamkeit gibt sie den Heiligen Raum. Suchte nicht selbst Jesus sie auf, als ihn das erste Ahnen seiner Sendung überkam? Und wo auch hätte er eine bessere Walstatt finden können für die größte Schlacht, die jemals zum Heil der Menschheit ausgefochten worden ist und gewonnen wurde mit dem Ruf: »Weiche von mir, Satanas, denn es steht geschrieben, dem allmächtigen Gott sollst du dienen und keinen andern anbeten als ihn allein!«? Ich bilde mir nun gewiss nicht ein, ein Heiliger zu sein oder ein Prophet – aber diese äußerste Verlassenheit, in die ich hinausgeschleudert worden war und in der ich kein anderes Gegenüber hatte als den Antworter in der eigenen Brust, forderte mich heraus mit Fragen, die mich quälten, verfolgten, bedrängten, zur Verzweiflung treiben wollten: Wer bist du? Was willst du? Was für einen Sinn findest du noch in diesem elenden Dasein? Warum fluchst du nicht Gott und stirbst? Und mein ganzes Ich, wie es geworden war, wie es sich entfaltet hatte, wie es in der Folgerichtigkeit seines Werdegangs gerade dorthin gekommen war, wo es sich jetzt befand, fühlte sich plötzlich getroffen von der Stimme, die nicht aus ihm selbst kam, aber in ihm erklang: »Noch hast
    du dein Ziel nicht erreicht. Noch hast du deine Aufgabe zu erfüllen. Und du wirst sie erfüllen. Wirst wiedergutmachen, worin du gefehlt hast.«
    Und dieses »Du wirst!« – das war es, woran sich mein Leben festhielt.
    Moses fand in der Wüste sein »Du sollst!« Doch das bedrückt die Menschen zu sehr. Jesus nahm diesen Druck von ihnen. Wer auf ihn lauscht, dem sagt er: »Du wirst!« (nicht ehebrechen, nicht töten, nicht begehren, deine Feinde lieben wie dich selbst. Wichtig nur, dass du dich richtig liebst, dein eigenes Heil suchst und findest – in dem deines Nächsten.)
    In dem Margits also. In dem Gyurkas, meines Sohnes. Fünf Jahre lang hielt mich die Wüste fest, dann hatte sie ihren Zweck an mir erfüllt und gab mich frei. Die Männer des Stammes Sulduz hatten einen Kriegszug

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