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Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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ich nicht. Steifbeinig stand ich vor ihr. Die Arme hingen mir am Körper herab wie Stöcke.
    Da fiel sie mir um den Hals. Und küsste mich auf den Mund. Und sagte: »Mein Vater lachte, wenn er traurig war.« Und versuchte es. Und es gelang ihr nicht.
    Mein Vater ließ es sich nicht nehmen, mich bis nach Weißenburg, der Bischofsstadt, zu begleiten. Dort lebte ein Domherr, der entfernt mit uns verwandt war. Wenn ich recht weiß, war er ein Stiefsohn von der Schwester meiner Großmutter. Dessen Rat in meiner Angelegenheit wollte der Vater einholen, denn er sagte mir: »Man stürmt nicht in die Welt wie ein wildes Pferd in die Steppe.« Der weißhaarige ehrwürdige Herr hörte uns geduldig an. Mein Vater hatte mir eingeschärft, ja kein Wort über die Eheschließung meiner Eltern fallenzulassen, und ich war auch, als ich in dem herbstkühlen hohen Gelass mit den spitzbogigen Fenstern dem fremden Oheim gegenüberstand, so eingeschüchtert, dass ich selbst andere kaum über die Lippen brachte. Nur als er begann, mir auf den Zahn zu fühlen, wie weit es wohl mit meinem Latein her sei, stotterte ich mühsam einige eingelernte Brocken hervor, bis der Alte sagte: »Es wird das Beste sein, István, du lässt ihn bei uns, wir werden ihm das, was er braucht, schon beibringen.«
    An die Zeit, die ich in Weißenburg zugebracht habe, denke ich nicht gern zurück. Nicht, dass man uns in der Domschule zu streng gehalten, zu wenig Freiheit gelassen hätte. Im Gegenteil: Die geistlichen Herren nahmen es nicht sehr genau mit ihren Pflichten und ließen den Unterricht oft genug ausfallen. Aber die Räume, in denen wir schliefen und arbeiteten, waren 2ugig und kalt, das Stroh in den Strohsäcken seit Jahren nicht gewechselt und voller Ungeziefer, das Essen knapp und mangelhaft, an Fasttagen gab es nichts als in Wasser gekochte Bohnen, während die Herren die Karpfen aus ihren Fischteichen aßen und es sich wohl sein ließen. Und, was das Schlimmste war – die Scholaren waren von den Bürgern der Stadt nicht wohlgelitten, was man ihnen auf mannigfache Art zu spüren gab.
    Freilich waren sie selbst daran nicht wenig schuld. Denn um sich die kargen Mahlzeiten aufzubessern, ließen sie mit sich gehen, was immer sie in die Finger bekamen, kein Ententeich, kein Hühnerstall, kein Obstgarten war vor ihnen sicher. Und wehe der Hausfrau, die das Fenster ihrer Speisekammer nicht mit Gittern versehen ließ.
    Ich hätte mich an solchen Beutezügen nicht zu beteiligen brauchen, denn mein Vater hatte mich reichlich mit Geld versehen. Doch welcher junge Mann mag sich absondern, wenn im Kreise der Kameraden ein lustiges Leben herrscht, und wer sich als Feigling verschreien lassen, wenn das Mitgehen gefährlicher ist als das Beiseitestehen?
    Das tollste Stück, das wir uns damals leisteten, war, dass wir eines Tages ein etwa sechs Wochen altes Ferkel aus einem Stall holten und schlachteten. Wir hatten es aber kaum ausgeweidet, als wir Schritte auf uns zukommen hörten. Da Fastenzeit war, hätte es uns selbst bei den nachsichtigen Patres teuer zu stehen kommen können, entdeckt zu werden. Doch kurz entschlossen warfen wir ein Tuch über den Trog, in dem die sterblichen Überreste des armen Geschöpfes lagen, und stimmten eines jener Lieder an, die wir bei Leichenbegängnissen auf dem Friedhof zu singen pflegten. Der Pater, der den Kopf zur Tür hereinsteckte, sagte anerkennend: »Schön, meine Söhne, dass ihr so fleißig übt. Ihr wisst wohl schon, dass der ehrwürdige Herr Lukas gestorben ist, und wollt eure Sache bei seiner Beerdigung besonders gut machen. Das ist recht.« Damit ging er hinaus. Wir wussten zwar von gar nichts, aber es war uns sehr recht, dass wir von weiteren Inspektionen verschont blieben und das Ferkel in aller Seelenruhe trotz strengster Fastenzeit verzehren konnten.
    Es war aber das letzte derartige Mahl, an dem ich mich beteiligte. Denn sei es, dass ich des Guten zu viel getan hatte (die rasche, knusprig gebratene braune Haut des jungen Tieres schmeckte ja auch gar zu gut, und das zarte junge Fleisch darunter troff von Fett), sei es, dass es mir schadete, da ich an Schweinefleisch überhaupt nicht gewöhnt war (die Moslems verschmähen es ja ebenso voller Abscheu wie die Juden), genug und gut, mir wurde so übel davon, dass ich mich übergab. Und als ich mich käsebleich und elend in Krämpfen wand, stand mir meine ganze Lage in ihrer nackten Unerquicklichkeit vor der Seele. Drei Monate schon waren verflossen, und was war

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