Schatten ueber Broughton House
spürte, dass seine Haut vor Hitze brannte. Er lag im Sterben - dessen war sie sich ebenso gewiss, wie sie auch wusste, dass sie ihn liebte.
„Du darfst nicht sterben!“, rief sie, und ihre Stimme brach sich unter dem Ansturm ihrer Gefühle.
Kaum hatte sie die Worte gesprochen, riss er die Augen auf und starrte sie an. Dunkel schimmerten seine Augen in dem schwachen Licht der Fackeln, und sein Blick schien sie bis in ihr Innerstes zu durchdringen.
„Du darfst nicht sterben“, wiederholte sie. „Ich werde es nicht zulassen, denn ich warte auf dich. “
Als sie nach seiner Hand griff, sah sie den glasklaren Kristall, den die Frau auf seine Handfläche gelegt hatte. Megan schloss ihre Hand um die seine und hielt ihn fest.
„Du musst leben!“, flüsterte sie. „Wir gehören zusammen.“
Der Kristall zwischen ihrer beider Hände schien flammend heiß und jagte eine unbändige Hitze durch Megans Arm hinauf und ihren ganzen Leib hinab. Die Heftigkeit dieser Empfindung ließ sie erbeben, doch sie wandte den Blick nicht von dem Mann, der vor ihr lag. Einen Moment lang gingen sie ineinander auf, jede Faser ihres Körpers war mit dem seinen verbunden, erzitterte unter der Wucht eines alles durchdringenden Bebens.
Dann war der Bann gebrochen, und Megan fühlte sich so schwach und matt, dass sie sich auf den Felsblock stützen musste. Sie schaute den Mann an, und er erwiderte ihren Blick einen langen Moment, bevor er den Kristall in ihre Hand legte.
Megan schloss ihre Hand fest darum und spürte kaum, wie die scharfen Kanten ihr in die Finger schnitten. Mit der anderen Hand berührte sie leicht die Stirn des Mannes, die sich schon viel kühler anfühlte. Sie lächelte. Er würde überleben, dessen war sie nun gewiss.
Sie holte die Kette, die sie immer trug, unter ihrem Nachthemd hervor, streifte sie sich über den Kopf und küsste das Medaillon, das warm von ihrer Haut war. Sanft legte sie dem Mann die Kette mit dem Anhänger auf die Handfläche und schloss seine Finger darum, hob seine Hand und streifte sachte mit ihren Lippen darüber.
„Denke an mich. “
„Immer. “ Seine Antwort war kaum mehr als ein leiser Atemhauch, doch sie hatte es gehört.
Er lächelte.
Theo.
17. KAPITEL
Megan setzte sich kerzengerade in ihrem Bett auf. Mit pochendem Herzen starrte sie in die Dunkelheit. Der Mann in ihrem Traum war Theo gewesen.
Sie hatte diesen Traum schon einmal geträumt. Mit jenem seltsamen Gefühl, etwas wiederholt zu erleben, erinnerte sie sich nun daran.
Beim ersten Mal war sie sechzehn gewesen; Dennis war einige Wochen zuvor auf seine Expedition aufgebrochen. Im Lauf der Zeit war die Erinnerung daran verblasst - und, so dachte Megan nun, es hatte ihr auch widerstrebt, sich daran zu erinnern. Der Traum war ihr zu eindringlich, zu anschaulich und lebendig, zu sehr von der ihr bekannten Welt verschieden erschienen.
Doch nun erinnerte sie sich daran. Erinnerte sich an jedes Wort und jede Geste. Sie erschauerte.
Megan schlüpfte aus dem Bett und eilte zur Kommode, wo sie eine Kerze anzündete und die oberste Schublade aufzog, um ihre kleine Schatztruhe hervorzuholen.
Sie hob den Deckel der Spieldose an und nahm das Stück Glas heraus, das seit so vielen Jahren ihr Glücksbringer gewesen war. Zehn Jahre war es her, seit sie den Kristall einst in ihrem Zimmer unter dem Bett gefunden hatte.
Es schien ihr nun seltsam, dass sie sich nie ernstlich Gedanken darüber gemacht hatte, woher er wohl gekommen sein mochte. Sie hatte ihn einfach an sich genommen und aufbewahrt, weil er sie so faszinierte.
Obwohl die Kerze nur einen schwachen Lichtschein warf, sah Megan den Kristall im Innern silbrig aufschimmern. Sie verlor sich in seinem Anblick und mochte kaum glauben, was für Gedanken ihr dabei auf einmal durch den Kopf wirbelten - wirre, ganz unglaubliche Vorstellungen, die sie nicht länger verdrängen konnte.
Sie schloss ihre Hand um den Kristall, nahm die Kerze von der Kommode und verließ ihr Zimmer. Rasch lief sie den Korridor hinunter und merkte nicht einmal, dass sie barfuß war und nur ihr Nachthemd trug.
Vor Theos Tür blieb sie nicht einen Augenblick stehen, sondern drehte sogleich den Knauf, eilte hinein und rief leise, doch eindringlich seinen Namen.
Er setzte sich auf und war mit einem Schlag hellwach. „Megan!“
Überrascht sprang er aus dem Bett und schien völlig zu vergessen, dass er nichts anhatte. Megan stockte der Atem, und sie errötete bis zu den Haarwurzeln, als sie seinen
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