Schatten ueber Broughton House
„Wer weiß, ob er nicht zuvor schon hier in England ein Kind für seine verrückten Rituale geopfert hat ... und als das nicht wirkte, beschloss er, es mit einem Kind der Inka zu probieren - und nun wird er Caya umbringen!“
„Nein, das wird er nicht“, erwiderte Theo entschieden. „Nicht, wenn wir ihn daran hindern.“ Er ging zu Dennis und legte ihm seine Hand auf die Schulter.
„Ja, wahrscheinlich hast du recht. Ich darf nicht den Kopf verlieren.“ Dennis stand auf. „Den alten Ritualen nach müsste er für das Opferritual den vollen Mond abwarten. Doch wer weiß, wie sehr er die Bräuche der Inka seinen eigenen Bedürfnissen angepasst hat ...“ Dennis starrte düster vor sich hin. „Heute Nacht ist Vollmond.“
„Wir werden unverzüglich handeln“, versprach Theo. Er sah Dennis und Megan an. „Und dazu brauchen wir einen Plan.“ Die anderen beiden nickten, und Theo fuhr fort: „Am wahrscheinlichsten ist, dass er deine Tochter im Museum gefangen hält.“ Er warf Megan einen bedeutungsvollen Blick zu. „Deshalb hat man dich in der Nacht des Balls wohl auch bewusstlos geschlagen. Coffey dürfte Angst bekommen haben, dass du Caya im Keller entdeckst.“
Megan stockte der Atem, als sie sich plötzlich an etwas erinnerte. „Ja, natürlich! Oh, wie konnte ich das nur vergessen ..." Sie presste sich die Fingerspitzen an die Schläfen und versuchte, es sich genau ins Gedächtnis zu rufen. „Während ich Barchester folgte, hörte ich auf einmal ein Geräusch. Es war nur sehr schwach, doch es klang wie leises Weinen. Ich bin mir ganz sicher. Caya muss dort unten eingesperrt gewesen sein!“ Schmerz erfüllte sie - so nah war sie Dennis’ Tochter gewesen und hatte es nicht einmal geahnt. „Hätte ich ihr nur geholfen!“
„Du hättest ihr nicht helfen können“, beruhigte Theo sie, nahm ihre Hand und hob sie zärtlich an seine Lippen. „Jemand hat dich niedergeschlagen und dich rasch aus dem Verkehr gezogen. Als wir dich fanden, hatte Coffey Caya sicher schon woanders versteckt. Ich bezweifle, dass wir sie noch unten im Keller gefunden hätten.“
Dankbar drückte Megan kurz seine Hand und meinte dann: „Aber nun dürfen wir sie nicht im Stich lassen. Wir müssen sie befreien. Am besten verständigen wir die Behörden und erzählen ihnen alles. Sie könnten das ganze Museum durchsuchen.“
„Was willst du ihnen erzählen?“, fragte Dennis besorgt. „Meinst du wirklich, dass sie dir eine Geschichte glauben werden, die von Opferritualen der Inka handelt und von Menschen, die auf wundersame Weise nicht altern? Die Polizei wird dich auslachen.“
„Du hast recht.“ Megan nickte. „Ich würde mir ehrlich gesagt auch nicht glauben.“
„Wir müssen es alleine schaffen“, meinte Theo entschlossen. „Die Frage ist nur, ob wir Coffey einfach zur Rede stellen, oder uns heute Nacht heimlich hineinschleichen und ihn überraschen.“
„Wenn wir heute Nachmittag mit ihm sprechen, würde er Caya gewiss an einem anderen Ort verstecken“, wandte Dennis ein.
„Aber wenn wir bis heute Nacht warten, sollten wir uns zumindest sicher sein, wann und wo die Zeremonie stattfindet. Schließlich dürfen wir auf keinen Fall zu spät kommen“, gab Megan zu bedenken.
„Mit wie vielen Leuten haben wir es voraussichtlich zu tun?“, wollte Dennis wissen.
„Genau kann ich das nicht sagen. Bei dem Treffen gestern Abend waren ungefähr zehn bis fünfzehn Personen.“ Theo sah Megan kurz an, und sie nickte zustimmend.
„Und wir sind zu zweit“, stellte Dennis seufzend fest.
„Wir sind vier“, berichtigte Theo. „Mein Bruder Reed und Tom Quick werden uns natürlich helfen. Rafe und Stephen sind leider beim Pferdemarkt in Newmarket.“
„Fünf“, stellte Megan klar. „Ihr habt mich noch nicht eingerechnet.“
Dennis schaute sie entsetzt an. „Du kannst nicht mitkommen!“
„Natürlich kann ich das, und ich werde es auch tun. Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass ich euch beiden die Befreiung meiner Nichte überlasse?“
„Megan!“, erhob Dennis nachdrücklich Einspruch. „Das ist viel zu gefährlich.“
„Ich bin erwachsen, Dennis. Du musst nicht mehr den großen Bruder spielen“, erwiderte Megan ungehalten.
Theo verschränkte die Arme vor der Brust und verfolgte mit belustigter Miene das nachfolgende Wortgefecht zwischen den beiden.
Bevor sie sich aber ernstlich in die Haare geraten konnten, ließ sich lärmender Aufruhr von draußen vernehmen - die erhobene Stimme eines Dieners sowie
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