Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schatten ueber Broughton House

Titel: Schatten ueber Broughton House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
Vom Netzwerk:
das Vertrauen des alten Mannes gesichert, indem er seine Leiden linderte, dann hat er ihn umgebracht und noch mehr an Einfluss gewonnen“, bemerkte Megan.
    Ihr Bruder nickte. „Er ist ein schlechter Mensch, aber sehr schlau. Ihm entgeht nichts, was zu seinem Vorteil ist.“
    „Woher weißt du das alles?“, wollte Megan wissen.
    Dennis runzelte die Stirn. „Er hat es mir selbst erzählt. Seltsamerweise schien ich der Einzige zu sein, dem er sich anvertrauen konnte. Seinen Anhängern gegenüber konnte er sich wohl kaum offenbaren. Doch es gab ja mich - anders als die Dorfbewohner sprach ich seine Sprache und kannte die Welt, aus der er kam, und war gleichzeitig weit genug von England entfernt, so dass ich ihm dort nicht in die Quere hätte kommen können. Er wollte sich einfach seiner Erfolge rühmen, und so erzählte er mir davon.“
    „Aber ich verstehe nicht, warum er jetzt deine Tochter entführt hat“, meinte Theo. „Hat er sie als Geisel genommen, damit du nichts gegen ihn ausrichten kannst?“
    Angst und Wut spiegelten sich auf Dennis’ Gesicht. „Er will sie töten.“
    Megan stieß einen stummen Schrei aus und eilte zu ihrem Bruder. „Oh Dennis! Nein!“ Sie schlang ihre Arme um ihn. „Selbst er kann doch nicht so grausam sein.“
    „Es gibt nichts, wozu er nicht fähig wäre“, bemerkte Dennis finster und umarmte Megan kurz, bevor er sie von sich schob und sich abwandte. Er ließ sich auf einen Stuhl sinken und vergrub das Gesicht in den Händen. „Macht und Reichtum genügen ihm nicht mehr - er will Unsterblichkeit.“
    „So wie die Dorfbewohner“, bemerkte Theo.
    „Genau. Er will, dass sein Leben ebenso lange währt wie das ihre. Das Trinken des Tees blieb bei ihm allerdings ohne Wirkung. Jedes Jahr, wenn er wieder ins Dorf kam, war er erneut ein wenig gealtert, ich hingegen nicht. Und so versuchte er, das wahre Geheimnis unserer ewigen Jugend zu ergründen. Nach den Kräutern nahm er als Nächstes das Wasser aus dem cenote, dem verzauberten Brunnen mit. Als auch das nicht funktionierte, kam er auf die Idee, dass man den Tee aus einem speziellen Kelch trinken müsse, wie ihn die Dorfbewohner verwendeten, und hat ihn im vorigen Jahr mit sich genommen. Anscheinend hat das wieder nicht die gewünschte Wirkung gezeigt.“
    Nach kurzem Zögern fuhr er fort: „Ich hätte ihm vielleicht sagen sollen, dass seine Bemühungen vergebens sind. Die Leute aus dem Dorf glauben nämlich, ihr wahres Alter anzunehmen, sobald sie sich aus dem Schutz ihres Tales hinausbegeben. Die meisten würden bald darauf sterben. Deshalb konnten auch nur Manco und ich das Dorf verlassen, um Caya zu befreien, denn ich bin immer noch jung, und Manco hat mit dem heiligen Ritual noch nicht begonnen.“
    „Aber was hat all das damit zu tun, dass er sie entführt hat?“, beharrte Megan.
    „Bei seinem letzten Besuch erzählte mir Coffey von seiner Religion. Ehrlich gesagt hörte ich ihm nie besonders aufmerksam zu, denn seine Anwesenheit war mir verhasst, da er nur kam, um meinen Leuten etwas zu stehlen. Doch dann sprach er von den Menschenopfern der Inka. Er fragte sich, ob sein ,Verjüngungstrank“ vielleicht nur deshalb nicht wirke, weil er bislang nicht die richtigen Opfer gebracht habe. Ihr müsst wissen, dass es bei den Inka Brauch war, zu besonderen Anlässen Kinder zu opfern, um damit die Götter zu preisen oder zu beschwichtigen. Nur die schönsten und besten Kinder wurden dafür auserwählt, und sie bekamen einen mit Kräutern versetzten Wein zu trinken, damit sie weniger Schmerzen litten. Für ein Opfer erwählt zu werden war eine große Ehre. Die Kinder wurden in feinste Gewänder gekleidet und später in den Bergen mit einem Spielzeug oder einer Puppe begraben ..."
    Seine Stimme brach sich, und er vergrub das Gesicht in den Händen. „Ich hätte Coffey erklären sollen, dass die Menschen im Dorf dieses Ritual längst nicht mehr ausüben und der Zauber nicht nach Blutopfern verlangt. Hätte ich ihm nur gesagt, dass es an dem Tal selbst liegt! Nur wie hätte ich wissen sollen, dass er vorhat, ein Kind zu töten?“
    Er sah auf und schaute sie beide mit wilden, schmerzerfüllten  Augen an. „Wenn ich diesen Schuft bloß umgebracht hätte, als sich mir die Gelegenheit dazu bot! Doch ich begriff seine Absicht erst, nachdem er Caya entführt hatte. Sie ist wahrlich das schönste und beste Kind im Dorf, die Tochter einer der Auserwählten, zu denen sie eines Tages selbst gehören wird.“ Dennis stöhnte leise.

Weitere Kostenlose Bücher