Schatten ueber Broughton House
Megan, doch Kyria winkte ihren Einwand beiseite.
„Wir werden einfach Ihr Korsett enger schnüren“, ließ sie Megan wissen. „Dieses Kleid ist perfekt.“
Joan steckte mit geschickten Fingern den Spitzenbesatz in den weiten Ausschnitt, was Megan etwas irritierte und sehr vertraulich erschien, von den adeligen Damen indes kaum beachtet wurde.
„Oh, das ist ja noch viel besser!“, schwärmte Kyria. „Den Be-satz am Dekollete nehmen wir ganz ab und geben dafür ein wenig Kupferspitze unten am Saum hinzu. Ich habe ein Paar kupferne Ohrgehänge mit Türkisen, die perfekt dazu passen würden.“ Nachdenklich betrachtete sie Megan. „Oder doch besser einfache Ohrstecker und ein kupferfarbenes Halsband mit einer Kamee?“
„Ich bin für das Band mit der Kamee“, meinte Anna und holte eines aus ihrer Schmuckschatulle. Sie legte es Megan um den Hals und sah Kyria fragend an.
„Schlichte Eleganz“, befand Kyria und nickte.
Megan betrachtete sich im Spiegel und war genau derselben Meinung. Obwohl ihr Haar wie immer zu einem einfachen Knoten aufgesteckt war, sah sie schöner aus, als sie sich selbst jemals gesehen hatte. Der schimmernde Satin und der warme Farbton ließen ihre Haut rosig erstrahlen, und ihre Augen leuchteten vor Freude. Ihre Taille wirkte in dem engen Kleid wahrlich winzig, sodass Megan die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten gerne auf sich nahm, und der tiefe Ausschnitt ließ recht viel von ihren Brüsten sehen.
„Hmm ... ist es nicht etwas zu tief ausgeschnitten?“, fragte sie zweifelnd. „Für eine Hauslehrerin? Mir scheint es ... nun ja ...“ Megan sah etwas ratlos drein.
„Unsinn“, erwiderte Kyria. „Warum sollten Sie auf dem Ball denn wie eine Gouvernante aussehen? Schließlich wollen Sie dort niemanden unterrichten.“
„Zudem ist das Kleid schön schlicht“, fügte Olivia hinzu. „Niemand wird sagen können, es sei unangemessen.“
Megan glaubte zwar, dass ihr Vater und die Nonnen in der Klosterschule da ganz anderer Ansicht wären, bloß von denen würde sie sich nicht davon abhalten lassen, dieses Kleid zu tragen. Pure Eitelkeit, sagte sie sich, aber sie konnte es kaum erwarten, Theos Gesicht zu sehen, wenn er sie in dem Kleid erblickte.
Joan zupfte hier und da an dem Rock herum und meinte an Kyria gewandt, dass sie den Saum über der Kupferspitze ein wenig raffen würde und auch die eher bescheidene Turnüre noch etwas aufpolstern könnte. Kyria stimmte sofort zu.
Verwundert fragte Megan: „Warum tun Sie das alles für mich?“
Kyria hob eine ihrer grazilen Augenbrauen, als verbitte sie sich derlei nichtige Fragen. „Ich dachte, Sie wollten auf den Ball?“
Megan war es von ihrer Arbeit her gewohnt, ungewünschte Fragen zu stellen, und ließ sich von Kyrias Verhalten keineswegs abschrecken. Lächelnd sagte sie: „Ich bin Ihnen durchaus dankbar für Ihre Freundlichkeit und Ihre Großzügigkeit, Mrs. Mclntyre. Und natürlich freue ich mich wie Aschenbrödel auf den Ball. Aber dennoch verstehe ich nicht, weshalb Sie sich so viel Mühe machen, nur damit ich Sie begleiten kann. “
Kyrias hochmütige Miene wich einem vergnügten Lächeln. „Na schön. Natürlich führe ich etwas im Schilde. Sie können sich unschwer denken, was - ich möchte Lady Scarle einen Dämpfer verpassen.“
„Sie streckt schon seit Monaten ihre Fühler nach Theo aus“, erklärte Olivia.
„Er interessiert sich jedoch keinen Deut für sie“, fügte Anna hinzu. „Oder?“
„Oh nein“, erwiderte Kyria. „Er hat ihr gegenüber nie mehr als Höflichkeit erkennen lassen. Allerdings ... nun, ich fürchte, dass sie ihm so lange zusetzen wird, bis er ihr schließlich nachgibt. Oder dass sie ihn in eine kompromittierende Situation lockt. Und ihr kennt ja Theo - er würde sie heiraten, wenn er glaubt, das seiner Ehre schuldig zu sein.“
„Sie ist die Sorte Frau, die dazu fähig wäre“, pflichtete Olivia ihr bei.
Megan konnte die Beweggründe von Theos Schwestern verstehen. Auch ihr bereitete die Vorstellung Vergnügen, die unausstehliche Lady Scarle zu verärgern.
„Bloß warum ... ich meine, was hat das alles mit mir zu tun?“, platzte es dennoch aus Megan heraus. Gleich darauf errötete sie bis hinauf zu den Haarwurzeln.
Kyria lachte stillvergnügt. „Meine liebe Miss Henderson, es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass Theo neuerdings über die Maßen viel Zeit mit den Zwillingen verbringt.“
„Und gewiss hat er keine Ambitionen, noch einmal die Schulbank zu
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