Schatten ueber Broughton House
es an der Tür, und Joan kam herein. Als Megan sie überrascht ansah, erklärte Joan: „Ihre Ladyschaft schickt mich, um Ihr Haar zu frisieren.“
Die Zofe wirkte etwas verstimmt, fand Megan. Sicher hätte sie sich lieber ganz ihrer Herrin gewidmet, um Kyrias Schönheit zu vervollkommnen. Dennoch machte sie sich nun mit flinken und geschickten Händen ans Werk, steckte das Haar zunächst zu einem Knoten auf, teilte es dann und wickelte sich einzelne Strähnen um die Finger, bis Megans Haar in langen Locken weich herabfiel. Um den Knoten wand sie ein Band aus kupferfarbenem Satin und flocht es leicht in die Locken ein.
Joan half Megan in Unterröcke und Turnüre hinein und schnürte sie so fest in das Korsett ein, dass Megan sich fragte, wie sie den Abend überstehen sollte. Vorsichtig hielt die Zofe das Kleid über Megans Kopf und ließ es langsam hinabgleiten, hakte die Verschlüsse ein und ordnete den Faltenwurf des Rockes so an, dass er formvollendet fiel. Ihr Kunstwerk vollendet sie, indem sie Megan das Band mit der Kamee und die Ohrringe anlegte.
Dann trat Joan beiseite, damit Megan das Ergebnis im Spiegel begutachten konnte. Megan stieß einen leisen Laut der Verwunderung aus. Kyrias Stilempfinden hatte sich als untrüglich erwiesen. Das Kleid unterstrich den warmen Ton von Megans Augen und ihres Haars und ließ ihre helle Haut strahlend schimmern. Das Band mit der Kamee war schlicht und raffiniert zugleich, es betonte den eleganten Schwung von Hals und Nacken, zog die Blicke auf sich, lenkte aber nicht zu sehr ab von dem sich darunter weit und verführerisch auftuenden Dekollete.
Megan hatte schon immer gewusst, dass sie an sich recht hübsch war, aber niemals hätte sie sich träumen lassen, so atemberaubend aussehen zu können. Kyria und Joan war es gelungen, dass sie begehrenswert und doch unerreichbar wirkte.
Sie schenkte Kyrias Zofe ein strahlendes Lächeln. „Sie sind eine wahre Künstlerin, Joan. Vielen Dank.“
Joan nickte und empfing Megans Dank als das, was ihr zustand. „Ihre Ladyschaft wusste schon, was sie tat. Sie hat einen Blick dafür.“ Sie trat vor und kniff eine völlig verdutzte Megan in beide Wangen. „So, und nun haben Sie auch noch etwas Farbe in den Wangen - genau richtig. Pressen Sie Ihre Lippen zusammen, damit sie schön rot werden.“
Zufrieden schmunzelnd betrachtete sie ihr Werk. „Jeder wird sich heute Abend auf dem Ball fragen, wer wohl die amerikanische Schönheit ist.“
Vor lauter Vorfreude musste Megan lachen. Sie rauschte aus ihrem Zimmer und die Treppe hinunter in die Eingangshalle, wo bereits einige Morelands warteten, auch Theo. Beim Klang ihrer Schritte sah er auf, und sein sprachloser Ausdruck war al-les, worauf Megan gehofft hatte.
„Miss Henderson, wie schön Sie aussehen“, empfing sie die Duchess und ergriff lächelnd Megans Hand. „Nicht wahr, Henry?“
„Oh ja, meine Liebe, sehr schön.“ Der Duke lächelte wohlwollend und ein wenig abwesend, wandte sich dann wieder seiner Gemahlin zu und meinte: „Selbstverständlich nicht ganz so schön wie du - denn du bist wie immer atemberaubend.“
Und damit sprach er nur die Wahrheit, denn die Duchess mit ihrer hochgewachsenen schlanken Figur und den dramatischen weißen Strähnen in dem ansonsten noch leuchtend roten Haar sah in der Tat atemberaubend aus, obwohl sie ganz auf Schmuck an Hals und Ohren verzichtet hatte und ihr pfauenblaues Kleid schlicht, ja fast schon streng, geschnitten war.
Als seine Eltern sich abwandten, trat Theo vor, nahm Megans Hand und führte sie galant an seine Lippen. Megan sah beiseite und bemühte sich, ihre flatternden Nerven zu beruhigen, während seine Lippen ihre Haut sanft berührten.
„Wie schön Sie sind“, flüsterte er, und das verlangende Funkeln seiner Augen verlieh seinen Worten Nachdruck. „Ich werde Ihre zahlreichen Verehrer verdrängen müssen, um überhaupt mit Ihnen tanzen zu können.“
Megan lächelte. „Oh, das wird gewiss nicht nötig sein.“ „Versprechen Sie mir Ihren ersten Walzer?“, fragte er.
„Ich glaube nicht, dass dies schicklich wäre“, erwiderte sie mit kokettem Wimpernaufschlag. „Der künftige Duke of Broughton tanzt seinen ersten Walzer mit der Gouvernante?“ Er zwinkerte ihr zu. „Es wird zweifellos für einen Skandal sorgen. Ein Grund mehr für mich, es zu tun.“
Sie lachte leise und schüttelte den Kopf.
Er schloss seine Finger fester um die ihren. „Sie dürfen mich nicht all den ehrgeizigen Müttern und ihren
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