Schatten über dem Paradies (German Edition)
meinen guten Freund Harvey‘.“
Bevor sie den Wunsch erfüllen konnte, blickte sie auf und fand Cliffs Augen auf sich gerichtet. Seine Lippen waren zu einem leicht abfälligen Grinsen verzogen. Mit einer lautlosen Verwünschung unterschrieb sie auf dem Block und gab ihn zurück.
„Ich weiß nicht viel über diese Sache“, erklärte sie knapp, „aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich auf dem Laufenden hielten, was sich ergibt.“
„Wir werden den Bericht des Gerichtsmediziners in zwei, drei Tagen haben.“ Der Ermittler steckte seinen Block weg und wurde wieder ganz professionell. „Dann werden wir alle mehr wissen und Sie werden unterrichtet. Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben, Miss Fitzgerald. Wir ziehen uns so bald wie möglich zurück.“
Obwohl sie noch immer Cliffs Blick auf sich gerichtet fühlte, sah Maggie nicht mehr zu ihm hinüber. Stattdessen drehte sie sich um und ging ins Haus. Gleich darauf drang Musik aus den offenen Fenstern.
Cliff blickte stirnrunzelnd zu dem Fenster des Musikzimmers. Die Ermittler begannen abzuziehen. Bald würde Maggie allein sein. Die Musik klang angespannt, fast verzweifelt. Fluchend schob Cliff seine Autoschlüssel wieder in die Tasche und ging zu den Stufen.
Maggie reagierte nicht auf sein Klopfen. Die Musik spielte weiter. Ohne zu überlegen, stieß Cliff die Haustür auf. Das Haus vibrierte unter dem Sturm, den das Klavier entfesselte. Er folgte den Klängen zu dem Musikzimmer und beobachtete Maggie von der Tür aus.
Ihre Augen waren dunkel, der Blick war konzentriert auf die Tasten gerichtet. Talent? Unbestreitbar. Genauso unbestreitbar wie ihre Anspannung und ihre Verletzbarkeit. Später konnte er sich fragen, warum ihm all dies Unbehagen verursachte.
Vielleicht wollte er sie einfach nur trösten. Unter den gegebenen Umständen würde er das für jeden tun. Sie musste ihm nichts bedeuten, damit er ihr eine Ablenkung bot. Verirrte Tiere und verletzte Vögel waren immer seine Schwäche gewesen. Mit seiner eigenen Logik unzufrieden, wartete Cliff, bis sie das Stück beendet hatte.
Maggie blickte hoch und schrak zusammen, als sie ihn in der Tür entdeckte. Verdammte Nerven, dachte sie und faltete die Hände im Schoß. „Ich dachte, Sie wären längst weg.“
„Nein. Nur die Polizei ist weg.“
Sie schleuderte die Haare aus ihrem Gesicht zurück und hoffte, gefasst zu wirken. „Gibt es noch etwas?“
„Ja.“ Er kam näher und strich mit einem Finger über die Tasten. Kein Staub, stellte er fest, und das in einem Haus, das fast unter Staub erstickte. Ihre Arbeit war offenbar das Wichtigste für sie.
Als er keine weiteren Ausführungen machte, runzelte Maggie die Stirn. Cliff bevorzugte die Ungeduld, die er jetzt in ihren Augen bemerkte. „Was ist?“
„Ich dachte an ein Steak.“
„Wie bitte?“
Bei ihrer kühlen Antwort lächelte er. Ja, so war sie ihm eindeutig lieber. „Ich habe heute noch keinen einzigen Bissen gegessen.“
„Das tut mir Leid.“ Maggie sammelte ihre Notenblätter ein. „Ich habe keines.“
„Ungefähr zehn Meilen außerhalb der Stadt gibt es ein Lokal.“ Er nahm sie am Arm und zog sie auf die Beine. „Ich habe das Gefühl, dass man dort ein Steak ohnedies besser zubereitet, als Sie das tun würden.“
Sie zog sich zurück und betrachtete ihn. „Wir gehen zum Abendessen aus?“
„Richtig.“
„Warum?“
Er ergriff wieder ihren Arm, um sich nicht selbst dieselbe Frage zu stellen. „Weil ich hungrig bin“, sagte Cliff schlicht.
Maggie wollte sich schon widersetzen, als ihr klar wurde, wie sehr sie wenigstens für kurze Zeit weg wollte. Früher oder später musste sie allein im Haus sein, aber jetzt ... Nein, jetzt wollte sie nirgendwo allein sein.
Er wusste und verstand es und bot ihr genau das an, was sie brauchte.
Obwohl keiner von ihnen besonders ruhige Gedanken hegte, schwiegen sie, als sie zusammen hinausgingen.
5. KAPITEL
M aggie reservierte den ganzen nächsten Tag, um den Titelsong ihrer Filmmusik fertig zu stellen. Sie bemühte sich ganz bewusst, alles zu vergessen, was am Vortag geschehen war. Alles. Sie wollte nicht daran denken, was so nahe an ihrem Haus vergraben gewesen und ausgegraben worden war, und sie wollte auch nicht an Polizei und Gerichtsmediziner denken.
Genauso weigerte sie sich, an Cliff zu denken, an diesen einen wilden, erregenden Kuss oder an das seltsam zivilisierte Abendessen. Es war schwer zu glauben, dass sie beides mit demselben Mann erlebt hatte.
Heute war sie
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