Schatten über dem Paradies (German Edition)
man sich Sorgen machen musste. Nur Bretter, die sich setzten. Noch während sie versuchte, sich davon zu überzeugen, hörte Maggie eine Bewegung im Erdgeschoss. Ein leises Quietschen, ein leichtes Schaben.
Die Küchentür, sagte sie sich, während Panik in ihrem Kopf summte. Sie zwang sich dazu, langsam und ruhig nach dem Telefon neben ihrem Bett zu greifen. Als sie den Hörer an ihr Ohr hielt, hörte sie jenen „Besetzt“-Ton, der sie daran erinnerte, dass sie den Hörer in der Küche abgenommen hatte, um nicht mehr gestört zu werden. Ihr Telefon war völlig unbrauchbar. Hysterie brodelte hoch, wurde wieder hinuntergeschluckt.
Nachdenken, befahl sie sich. Ruhig bleiben und nachdenken. Wenn sie allein war und keine Hilfe holen konnte, musste sie sich auf sich selbst verlassen. Wie oft hatte sie in den letzten Wochen behauptet, gerade das zu können?
Sie presste eine Hand auf den Mund, damit ihr eigener Atem ihr angestrengtes Lauschen nicht störte. Jetzt war nichts zu hören, kein Quietschen, keine leisen Schritte auf Holz.
Behutsam, um kein Geräusche zu machen, glitt sie aus dem Bett und fand den Schürhaken. Mit angespannten Muskeln setzte Maggie sich in den Sessel, der zur Tür gewandt stand, packte den Schürhaken fest mit beiden Händen und betete, dass der Morgen recht bald käme.
6. KAPITEL
N ach ein paar Tagen hatte Maggie die Geräusche in ihrem Haus fast vergessen. Schon am Morgen nach dem Vorfall hatte sie sich wie eine Närrin gefühlt. Aufgewacht war sie, weil der Welpe ihre nackten Füße leckte, während sie steif und verspannt von der Nacht in dem Sessel saß. Der Schürhaken hatte wie ein mittelalterliches Schwert quer über ihrem Schoß gelegen. Heller Sonnenschein und Vogelgezwitscher hatten sie davon überzeugt, dass sie sich alles eingebildet und dann jeden kleinsten Laut aufgebauscht hatte, wie ein Kind, das Schatten in der Dunkelheit sieht. Vielleicht war sie ja doch nicht ganz so auf das Alleinsein eingestellt, wie sie angenommen hatte. Wenigstens konnte sie froh sein, dass sie den Hörer im Erdgeschoss abgenommen hatte. Andernfalls hätte jetzt jedermann in der Stadt gewusst, dass sie eine übernervöse Närrin war.
Wenn sie nervös war, so war das unter den gegebenen Umständen verständlich. Neben ihrem Haus wurde ein Skelett ausgegraben, der Sheriff schlug Schlösser für ihre Türen vor, und Cliff Delaney hielt sie nachts wach. Das einzig Gute dieser Woche war die fertig gestellte Filmmusik. C.J. würde mit dem fertigen Produkt bestimmt zufrieden sein, so dass er sie nicht weiter bedrängen würde, nach L.A. zurückzukommen. Zumindest für eine kleine Weile.
Maggie entschied, dass sie als nächste konstruktive Tätigkeit das eingepackte Band samt Noten zum Postamt bringen und losschicken sollte. Später würde sie dann vielleicht ihren ersten Song, der in ihrem neuen Haus entstanden war, feiern.
Sie genoss die Fahrt in die Stadt. Die schmalen Straßen wurden von Bäumen flankiert, die in wenigen Wochen Schatten spenden würden. Jetzt schien die Sonne zwischen den feinen Blättern hindurch und ergoss sich hell auf die Straße. Ab und zu wurden die Wälder von Feldern unterbrochen. Was hier wohl angebaut wurde? Maggie sah Kühe, die ihre Kälber säugten. Eine Frau trug einen Eimer zu einem Hühnerstall. Ein Hund jagte an dem Lattenzaun entlang und verbellte hektisch Maggies Wagen.
Ihre Panik von vor wenigen Nächten wirkte so lächerlich, dass sie sich weigerte, daran zu denken.
Sie kam an ein paar Häusern vorbei, von denen einige kaum mehr waren als Hütten, während andere so offensichtlich neu und modern waren, dass sie fast das Auge beleidigten. Sie ertappte sich dabei, dass sie sich über die makellosen Häuser auf Grundstücken, von denen die Bäume entfernt worden waren, ärgerte. Warum hatten die Leute nicht mit dem Vorhandenen gearbeitet, anstatt es zu zerstören? Gleich darauf lachte sie über sich selbst. Sie dachte schon wie Cliff Delaney. Die Menschen hatten ein Recht darauf zu leben, wo und wie sie wollten. Sie konnte jedoch nicht leugnen, dass ihr die alten Häuser aus verwitterten Ziegeln oder Holz und von Bäumen umgeben lieber waren.
Während sie nach Morganville hineinfuhr, stellte sie fest, dass die Häuser enger beisammen standen. Das ist städtisches Leben, dachte sie. Es gab hier Bürgersteige, und ein paar Wagen parkten am Randstein. Die Leute mähten ihren Rasen. So wie es wirkte, gab es unter den Blumengärtnern viel Stolz und Konkurrenz. Das
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