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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gut, dieser weiche Zug.« Absichtlich verlangsamte Gabe den Schritt. Er wollte sie noch eine Weile für sich haben, ehe sie den Stall erreichten. »Wann kommst du wieder?«
    Sie wich der Frage aus. »Ich war sehr beschäftigt, und Moses nimmt uns ganz schön ran.«
    »Wäre es dir lieber, wenn ich zu dir komme?«
    »Nein.« Argwöhnisch schaute sie über die Schulter nach hinten. Naomi und Channing waren nur wenige Schritte hinter ihnen. »Nein«, wiederholte sie, »dies ist auch nicht der geeignete Zeitpunkt für eine Diskussion.«
    »Meinst du, dein Bruder würde mir an die Kehle springen, wenn ich dich direkt hier küssen würde?«
    »Er sicher nicht. Aber ich.«
    »Führ mich nicht in Versuchung, Kelsey.« Doch er beschränkte sich darauf, ihre Hand an seine Lippen zu führen. »Heute abend«, murmelte er, »ich möchte dich heute abend sehen.«
    »Ich habe Besuch, Gabe, Channing ist da.«
    »Heute abend«, beharrte Gabe. »Entweder du kommst zu mir oder ich zu dir. Du entscheidest.« Ohne ihre Hand freizugeben blieb er an einer Box stehen. »Hallo, mein Junge. Na, bist du bereit zu . . .« Er brach ab, als er die frische rote Blutspur sah. »O verdammt!«
    Er stieß die Tür auf und hatte die Box noch nicht ganz betreten, als er den zusammengekrümmten Körper im Stroh bemerkte.
    »Bleib draußen!« Ohne sich umzublicken hielt er Kelsey mit einem Arm zurück.
    »Was ist passiert? Der arme Kerl blutet ja!« Die Augen nur auf das Pferd gerichtet ging sie vorwärts. Als Gabe das Tier am Halfter packen mußte, um es am Hochsteigen zu hindern, erhaschte sie einen Blick auf das formlose Bündel im blutigen Stroh. »O mein Gott, Gabe!«
    »Halt ihn fest!« befahl Gabe und drückte Kelseys starre Finger um das Halfter.
    »Was ist hier los?« Von Kelseys unnatürlich fahler Gesichtsfarbe alarmiert, drängte sich Naomi hinein. Schwer holte sie Atem. »Ich rufe den Notarzt.« Sie nahm Kelseys Hand. »Kommst du zurecht?«
    Kelsey zwinkerte, nickte und räusperte sich. »Ja. Ja, ich bin in Ordnung.« Aber sie drehte doch dem, das hinter ihr im Stroh lag, den Rücken zu.
    »O Mann!« Channing schluckte hart, dann schob er sich zwischen Kelsey und Gabe, der sich über den Körper beugte. »Ich studiere zwar noch«, sagte er ruhig und hockte sich neben ihn, »aber vielleicht . . .«
    Er benötigte nur einen Blick, um zu wissen, daß er hier nicht mehr helfen konnte, selbst wenn er ein so fähiger und erfahrener Chirurg wie sein Vater gewesen wäre.
    Alles war voller Blut. Eine ursprünglich leuchtendblaue,
nun rotgesprenkelte Kappe lag halb darunter verborgen.
    »Das Pferd muß durchgedreht sein«, schimpfte Channing grimmig. »Kelsey, geh raus, geh weg von ihm.«
    »Nein, ich hab’ ihn fest im Griff.« Tief durchatmend streichelte sie Doubles Hals. »Er zittert ja. Er hat Angst.«
    »Verdammt, er hat gerade den Typ da umgebracht!«
    »Nein, das hat er nicht.« Gabes Stimme klang hart und entschieden. Er hatte Mick vorsichtig umgedreht, sein Hemd hochgezogen und eine häßliche Stichwunde im Unterleib freigelegt. »Jemand anders hat es getan.«
     
    Später stand Kelsey fröstelnd im Nieselregen und versuchte, so zu tun, als würde sie den Kaffee trinken, den Channing ihr aufgenötigt hatte.
    »Du solltest hier verschwinden«, wiederholte er drängend. »Ich bringe dich nach Hause oder wenigstens ins Klubhaus.«
    »Nein, ich bin okay. Ich muß warten. Der arme Kerl.« Kelsey sah sich um. Die Rennbahn wirkte nicht mehr eindrucksvoll, sondern einfach nur noch schmutzig. Einzelne Gruppen von Menschen standen herum, hatten die Ställe im Auge und warteten. »Gabe ist schon lange bei den Polizeibeamten drin.«
    »Der kommt gut allein klar.« Channing blickte zu Naomi hinüber, die auf einem Faß unter dem Dach saß. »Vielleicht solltest du dich um deine Mutter kümmern. Sie sieht aus wie ihr eigener Geist.«
    Kelsey starrte auf die Stalltür. Am liebsten wäre sie jetzt drin gewesen, hätte zugehört und entschieden, was als nächstes zu tun war. »Gabe und ich haben ihn gefunden«, murmelte sie. »Ich fühle mich irgendwie verpflichtet zu helfen.«
    »Dann geh und hilf Naomi.«
    Kelsey seufzte tief. »Gut. Du hast recht.« Aber es fiel ihr schwer, zu Naomi zu gehen, die ausdruckslos vor sich hin starrte. »Hier.« Sie hielt ihr den Kaffee hin, »Brandy wäre sicher besser, aber ich habe zufällig keinen dabei.«
    »Danke.« Naomi nahm den Becher und zwang sich, daran zu nippen. All das hatte nichts mit ihr zu tun, redete sie sich

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