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Schatten über Oxford

Titel: Schatten über Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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möglich ist. Anschließend klappst du den Deckel zu und widmest dich jungen Landarbeiterinnen oder worüber du sonst zu schreiben gedenkst.«
    »Landarbeiterin ist gar keine schlechte Idee, aber hat die nicht schon einmal jemand gehabt?«
    »Mich darfst du nicht fragen. Solche Bücher lese ich nicht.«
    »Ich tanze schon wieder auf zu vielen Hochzeiten. Du hast Recht, ich muss mich auf eine Sache konzentrieren, sie beenden und dann weitermachen.«
    Es war wunderbar, wenn man der eigenen Mutter die Führung überlassen konnte – als läge man in einem heißen Bad und aalte sich im Schaum. Roz mochte vielleicht manchmal ein bisschen über die Stränge schlagen, aber sie war wirklich tüchtig.
    »Was ist denn das? Die Schätze des kleinen Christopher?«, fragte Roz.
    »Ja, aber es ist nichts besonders Aufschlussreiches dabei Er hält sich sehr bedeckt. Mit Ausnahme seiner ziemlich böse Zeichnungen.«
    »Hm, das sieht ja wilder aus, als man erwarten würde.«
    »Aber sonst kann ich beim besten Willen nichts finden.«
    »Lass mich mal sehen.«
    Roz setzte sich an den Schreibtisch und betrachtete zunächst die Fotos, ehe sie das Schreibheft und die Briefe sorgfältig durchlas. »Das sind bestimmt nur Entwürfe«, sagte sie und legte die Briefe beiseite. »Oder er hat sie geschrieben, um einen erwachsenen Zensor zu täuschen.«
    »Naomi King?«
    »Meiner Meinung nach wohl eher Elinor Marlyn. Sie wollte mit Sicherheit verhindern, dass die Kinder hässliche Dinge über sie schreiben.«
    »Vielleicht hatte sie irgendein düsteres Geheimnis und stellte auf diese Art sicher, dass die Kinder in ihren Briefen nichts verrieten.« Kate hatte eher gedankenlos dahergesprochen, doch nun hielt sie plötzlich inne und dachte nach. »Vielleicht ist es das, was uns so merkwürdig erscheint. Das Böse , wie Naomi King geschrieben hat.«
    »Vielleicht geht aber auch nur deine Fantasie mit dir durch. Aber mach trotzdem weiter. Ich freue mich, dass du wenigstens noch Fantasie zeigst.«
    »Nein, wirklich. Es steht hier in Naomis Aufzeichnungen.« Sie reichte ihrer Mutter die wenigen Seiten und wartete, bis sie sie durchgelesen hatte.
    »Traurige Geschichte. Die Arme bereitet sich auf ein Leben in Einsamkeit und im Dienst der Nächstenliebe vor. Schrecklich, dass der Verlobte ums Leben gekommen ist. Ich hoffe, dass sie dann doch noch ihr Glück gefunden hat.«
    »Ich glaube nicht. Zumindest nach dem, was ich erfahren habe. Außerdem weiß ich von ihrer Nichte, wie leer das Leben einer Frau ist, wenn kein Mann da ist, um ihr Erfüllung zu schenken.«
    Roz prustete los. »Aber schau, dort ist der Satz, wo sie über das ›Böse‹ schreibt.«
    »Ziemlich allgemein gehalten, findest du nicht? Schreibt sie nicht außerdem im Rückblick? Ist der Unfall nicht schon geschehen?«
    »Ich glaube, da ist irgendetwas Hässliches vor sich gegangen.«
    »Lass mich das hier eben zu Ende lesen.« Roz vertiefte sich noch einmal in Christophers Heft.
    »Jetzt verstehe ich, was du mit ›sich bedeckt halten‹ meinst«, sagte sie einige Minuten später. »Das Kind hat nicht gerade ein aufregendes Leben geführt. ›Wir sind aufgestanden und zur Schule gegangen. Zum Abendessen gab es Würstchen. Eins für Susie, eins für mich. Das dritte haben wir uns als zweiten Gang geteilt.‹ Interessant. Das Kind scheint geradezu besessen von allem zu sein, was mit Nahrung und Ernährung zu tun hat.«
    Schweigend las Roz weiter.
    »Was ist denn das?« Laut las sie vor: »›Sie hat Susie Seife geschenkt. Nur ein kleines Stück, aber es riecht wie rosa Blumen. Ich habe Susie versprochen, es mit den anderen Sachen für sie zu verstecken.‹« Roz blickte Kate an. »Welche anderen Sachen?«
    »Diese Schätze hier waren unter dem Holzboden in einer alten Keksdose versteckt. Die Elektriker haben sie gefunden. Wahrscheinlich wollte Christopher die Seife ebenfalls dort verstecken.«
    »Aber hier ist keine Seife«, stellte Roz fest, nachdem sie die Dose noch einmal auf den Kopf gestellt hatte, um auch nichts zu übersehen. Sie schnüffelte an ihr, fand jedoch nicht die geringste Spur von rosa Blumen.
    »Wie kalt und grau muss diese Welt gewesen sein, wenn man sich so für ein Stück Seife begeistern konnte.«
    »Und noch nicht einmal für ein komplettes Stück, nach allem, was ihr Bruder da geschrieben hat. So war eben der Krieg! Aber wo ist die Seife geblieben?«
    »Nun, sie wird sie benutzt haben.«
    »Jede Wette, dass er ein paar andere Dinge – und zwar seine wahren Schätze

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