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Schatten über Oxford

Titel: Schatten über Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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ohnehin als Kleinkrimineller geendet. Er warf gern Geld zum Fenster hinaus, doch ehrliche, harte Arbeit war ihm zuwider.«
    Kate hatte das Gefühl, jetzt »Ja, Miss« sagen zu müssen, doch sie saß nur da und bemühte sich, Miss Arbuthnot aufmerksam und interessiert anzusehen. Nicht, dass sie es nicht gewesen wäre, doch sie fand Miss Arbuthnots puritanische Ansichten über das Leben und die Menschen ziemlich einschüchternd. Wenn die alte Dame herausfand, dass Kate mit jemandem zusammenlebte, mit dem sie nicht verheiratet war, würde sie sie vermutlich am Ohr packen und auf dem schnellsten Weg aus ihrer Wohnung befördern – dessen war sich Kate sicher.
    »Ich glaube, er war recht aktiv auf dem Schwarzmarkt«, warf Kate ein.
    »Wenn er irgendwo Geld machen konnte, war der gute Danny immer recht aktiv. Gegen Ende des Krieges, als man längst nicht mehr alle Artikel des täglichen Bedarfs bekam, wurde natürlich ein lebhafter Handel mit Schmuggelware betrieben.«
    »Schmuggelware? Was denn so?«, fragte Kate. Sie vermochte sich kaum vorzustellen, wie es war, wenn man nicht mehr einfach in den Supermarkt fahren und einkaufen konnte.
    »Nun, zum Beispiel Kraftstoff. Die Regierung hatte das Benzin rationiert, und man musste nachweisen, dass man sein Kontingent auch genau für den Zweck benutzte, für den es zugeteilt worden war. Oder jede Art von Autozubehör. Auch Reifen waren sehr gefragt.«
    »Und sonst?«
    »Viele Frauen waren bereit, viel Geld für Kleidungsstücke zu zahlen, die nicht Bestandteil der Zuteilung waren«, fuhr Miss Arbuthnot mit strenger Miene fort. »Außerdem natürlich Nahrungsmittel. Und alkoholische Getränke.«
    »Wo kam die Ware denn her?«
    »Wahrscheinlich gab es ein Beschaffungsnetzwerk, das mindestens von London bis in die Midlands reichte. Eine gute Quelle waren sicher auch die amerikanischen Luftwaffenstützpunkte. Skrupellose Zeitgenossen hatten jedenfalls keinerlei Probleme, gegen entsprechende Bezahlung illegale Ware zu erwerben.«
    »Nach allem, was ich über Daniel Watts weiß, muss er aber zu jung und zu unbedarft gewesen sein, um auf diesem Niveau mitzumischen.«
    »Er wurde benutzt.«
    »Aber doch nicht etwa von Miss Marlyn?«
    »Ich weiß sehr genau, wie viel Einfluss diese Person auf den jungen Einfaltspinsel hatte.«
    »Aber sie war eine unbescholtene Frau und stammte aus einer angesehenen Familie.«
    »Das kann man wohl sagen. Aber die Familie war im Handel tätig.«
    Wenn ich je eine Pfarrerstochter habe reden hören, dann hier, dachte Kate.
    »Sie glauben also, dass Handel grundsätzlich korrupt macht?«
    »Wenn der gute Ruf und die Seriosität einer Person nicht auf festen, moralischen Grundsätzen fußen, kann es vorkommen, dass es wichtiger wird, einen Anschein von Rechtschaffenheit zu erwecken, als sich tatsächlich so zu verhalten«, dozierte Miss Arbuthnot.
    »Und die Dolbys verstanden unter dem Besitz von Geld und Wohneigentum etwas Ähnliches wie ewige Seligkeit«, sagte Kate, ohne sich auch nur ansatzweise mit Miss Arbuthnots erlesener Wortwahl messen zu können. Genau das hatte Emma am Freitagabend im Restaurant gemeint. Sicher, Emma war betrunken gewesen, doch eine angesäuselte Emma sprach vielleicht Wahrheiten aus, die sie im nüchternen Zustand lieber verschwieg.
    Trotzdem fiel es Kate noch schwer, in der Elinor Marlyn, die sie inzwischen kennen gelernt hatte, die gleiche Frau zu sehen, die bereit war, für ihre Benzinrationen zu betrügen, und die sichmit einem erfolglosen Kleinkriminellen wie Danny Watts einließ.
    »Merkwürdig war auch ihr Tod«, fuhr Miss Arbuthnot fort.
    »Ende 1945«, ließ Kate einfließen.
    »Ja, das muss ungefähr die Zeit gewesen sein. Ich glaube, es war Ende November oder Anfang Dezember.«
    Kate überlegte fieberhaft, wie sie sich dem Thema vorsichtig nähern konnte. »Glauben Sie, dass sie Selbstmord begangen haben könnte?«
    »In der Nachbarschaft waren alle dieser Ansicht, obwohl die Familie es immer abgestritten hat. Die Marlyns brachten den Untersuchungsrichter dazu, als offizielle Todesursache einen Unfall anzugeben.«
    »Wie ist sie denn gestorben?«
    »Sie ist in ihrem Auto erstickt.«
    »Das hört sich tatsächlich eher nach Selbstmord als nach Unfall an.«
    »Es gab aber Umstände – leider habe ich vergessen, welche es waren – die auch einen Unfall möglich erscheinen ließen.«
    Kate hatte ihr Notizbuch aus der Tasche genommen und schrieb eifrig mir. Die Informationen waren geradezu fantastisch, wenngleich nicht

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